Kein Fürst, kein Bischof widersprach

Wormser Edikt Am 28. April 1521 schreibt Luther an Kaiser Karl V., resümiert den Wormser Reichstag und bietet erneut einen Widerruf an. Bald darauf wird das Wormser Edikt publiziert.

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Auf den 8. Mai 1521 ist ein Dokument datiert, das anordnet, Martin Luther hinfort keine Unterkunft, Essen oder Trinken zu gewähren, und ihn für „vogelfrei“ erklärt (Reichsacht). Bei Androhung von Strafe wird jedem untersagt, dass er dessen Schriften „kauf, verkauf, lese, behalt, abschreib, druck oder abschreiben oder drucken lasse“.

Dieses sog. Wormser Edikt wird für die nächsten eineinhalb Generationen die kaiserliche Politik bestimmen. Für Martin Luther galt das Edikt ein Leben lang. Die spätere Aufhebung und Annullierung hat er nicht mehr erlebt.

Der will nur disputieren

Was war bis zum Wormser Edikt geschehen? Luther wollte eine kirchliche und dann auch eine gesellschaftliche Debatte in Gang bringen.

Dabei sollte man sich nocheinmal klarmachen, welchen Status die Beiträge Luthers hatten. Denn schon mit seiner Ablasskritik 1517 wollte er zunächst einfach eine Disputation (Diskussion) anregen.

Dafür wurde er heftig attackiert. In den weiteren Jahren bis 1521 hat er dann weitere Reformvorschläge veröffentlicht.

Er forderte z.B., Ablassverkauf zu verbieten. (Was die Kirche 50 Jahre später übernahm.) Er schlug vor, dass die Hauptgottesdienste nicht in einer Fremdsprache, sondern in der eigenen Muttersprache gefeiert werden könnten. (Was die Kirche später übernahm.) Er schlug vor, Schulen für Jungen und Mädchen einzurichten (Was der Staat ca. 400 Jahre später verpflichtend machte). Er schlug vor, an jedem Ort eine Stadtkasse einzurichten, worüber die Bürger in einem paritätisch besetzten Gremium über die kommunale Fürsorge zu befinden hätten (Gemeiner Kasten), u.a.m.

Luther: Das Wort soll „ungebunden“ sein

Manchmal wird gesagt, dass Luther mächtige Unterstützer gehabt habe. Im Mai 1521 war davon wenig zu sehen. Kein Fürst, kein Bischof verhinderte die Verurteilung Luthers und auch nicht die Verabschiedung des Wormser Edikts. (Auch nicht der „mächtige“ und „weise“ Kurfürst Friedrich.) Luther kehrte nicht als „freier Bürger“ nach Wittenberg zurück. Er wurde im Geheimen auf der Wartburg versteckt.

Noch am 28. April 1521 hatte Luther auf der Rückreise vom Wormser Reichstag in einem Schreiben an Karl V. sowie an alle Reichstände und Fürsten sein Angebot erneuert, seine Anregungen, Forderungen und Vorschläge sofort zurückzunehmen und zu widerrufen. Wenn inhaltliche Gründe angegeben würden, warum, wenn vermeintliche Irrtümer nachgewiesen würden.

Luther bittet, seine Schriften sollten nicht einfach unwiderlegt verurteilt, seine Schriften nicht einfach zensiert oder verboten werden: Das Wort soll „frei und ungebunden“ sein.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

m.schuetz

Hobby-Intellektueller, angehender Humorist, (jetzt auch Spaßblogger, Aktivist und Bürgerrechtler), twittert hier nicht

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