Der im Dunklen schneller betrunken wurde

Gedenken und Erinnerung Zum Geburtstag von Rainer Malkowski

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Es gibt Gedichte, die treffen den Leser wie ein Blitz. Es gibt Kurzprosa, die berührt gleichzeitig Herz und Hirn. Solche Lyrik, solche Prosa schrieb Rainer Malkowski. Am 26. Dezember hätte der 1939 in Berlin geborene Autor seinen Geburtstag gefeiert. Er erlag bereits im Jahr 2003 in Brannenburg am Inn einem Krebsleiden. In seinen letzten Lebensjahren kämpfte er mit dem Verlust des Augenlichts, was er literarisch ebenfalls mutig verarbeitet hat.

Rainer Malkowskis Texte sind sprachliche Kunstwerke. Er landet seine Aussagen punktgenau, mit ganz wenigen Worten schafft er es, ein ganzes Universum vor seinen Lesern entstehen zu lassen. Fast alle seine Gedichte und seine Kurzprosa handeln von den einfachen und kleinen Dingen unseres Alltags. Dabei hinterfragt er fast spitzbübisch alle Gewissheiten, legt neuen Sinn in bekannte Dinge und hält uns einen Spiegel vor, in dem wir die Welt mit seinen Augen sehen. Als ein stiller Beobachter der Naturvorgänge und des Lebens beschreibt Malkowski mal listig, mal augenzwinkernd, aber immer mit Tiefsinn und spürbarer Empathie seine Sicht der Dinge. Sowohl in seinen Gedichten wie auch in seinen, zum Teil einsätzigen Sentenzen, ist ein Nachklang vorhanden, der den Leser zum Mit-, Um- und Weiterdenken anregt. Der mehrfach ausgezeichnete Dichter Rainer Malkowski ist ein Meister des Nicht-Gesagten, der zwischen den Worten mehr auszudrücken versteht als mit den Worten selbst.

Rainer Malkowski, der zunächst als Geschäftsführer einer Werbeagentur tätig war, lebte seit 1972 als freischaffender Schriftsteller in Brannenburg am Inn. Er veröffentlichte insgesamt neun Gedichtbände und diverse Prosa. Der Prosaband „Im Dunklen wird man schneller betrunken“ kann trotz seiner Kürze als eine Gesamtsicht auf unsere Welt verstanden und gelesen werden. Nicht umsonst trägt er den Untertitel „Hinterkopfgeschichten“.

Persönlich bin ich auf Rainer Malkowski eher zufällig durch einen Lyrik-Sammelband gestoßen. Seine darin enthaltenen Gedichte ragten weit über die Sammlung hinaus und waren gleichsam literarische Leuchttürme. Seither begleiten mich seine Gedichte und Sentenzen.

Der Erinnerung an Rainer Malkowski widme ich das nachfolgende Gedicht.


Der Leitstrahl

Mit großer Präzession
Fokussiert auf das Leben
An sich. Und im
Besonderen dem Allgemeinen
Kontur gebend.
Der Blick messerscharf.
Symbiose aus Gefühl,
Verstand und Erfahrung.
Ein Universum, übervoll
Auch an Sternen.

Silbe um Silbe,
Doch zwischen den Worten
Stille und Schweigen.
Nachdenklich gehe
Ich am Ufer,
Wort für Wort.
Die Segel sind gesetzt.
Die Meere vor uns
Sind ab nun
Wieder befahrbar.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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