Ehekrise

Reine Fiktion Aus dem deutschen Familienleben

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In der Ehe von Angela und Martin kriselte es. Die beiden haben sich auseinandergelebt nach Zeiten, in denen sie sich gut verstanden. Erst war Angela ja mit Siegmar verbandelt, dem Bruder von Martin. Aber der hatte sich aus dem Staub gemacht, als Martin nach Deutschland zurückkehrte, weil sein Vertrag im Ausland auslief. Und Angela, die erfahrene Frau, hat sofort erkannt, wer ihr nützlicher sein konnte. So heirateten beide. Aber bereits nach wenigen Monaten schien es so, als sei die Ehe am Ende.

Angela, der das die wenigsten zutrauten, hatte Lust auf einen Vierer, wollte mit Cem und seiner Schwester Katrin sowie Christian zusammen sein. Sie hatte sich das schön vorgestellt. Mal was ganz anderes machen. Wobei, sie wollte schon das Oberhaupt bleiben in diesem losen Verbund, den man nur vage als Familie betrachten konnte. Vier ganze Wochen wohnte die lustige kleine Truppe bereits zusammen. Jeden Abend konnte man sie auf dem Balkon beobachten, wie sie sich anlächelten. Dabei war vieles nur Show. Hinterm Rücken ließ keiner ein gutes Haar am anderen. Nach vorn lächeln und nach hinten treten ist eben keine Basis für eine gute Beziehung.

Martin schmollte derweil. Nie wieder würde er mit seiner Angela was anfangen. Das hatte er sich geschworen. Stets hatte er den Kürzeren gezogen in dieser Ehe, war untergebuttert worden. Zum Ende der Beziehung hin war es geradewegs zu einem Rosenkrieg gekommen. Martin liebte seine Angela damals noch und umwarb sie regelrecht, auch öffentlich. Dann aber hatte er gemerkt, dass mit diesem Lebensbund nichts mehr anzufangen war. Als er von vielen Leuten hörte, dass diese Ehe wirklich nicht gerade mustergültig wirkte, hatte Martin es begriffen. Nein, mit Angela würde er nie wieder zusammenleben wollen.

Christian, der aussieht wie ein Gymnasiast, dem das Rasierzeug noch nicht geschenkt wurde, hatte dann plötzlich doch keine Lust mehr auf den Vierer. Er fühlte sich von den anderen nicht ernst genommen und beendete die Beziehung, ehe sie richtig begann. Wie das eben die spätpubertäre Phase so mit sich bringt. Obwohl der wackere Christian vom Schlage jener ist, die die Welt sehen möchte, war Jamaika nie sein bevorzugtes Reiseziel. Er liebt es mehr individuell.

Martins Verwandtschaft dachte inzwischen nur noch pragmatisch. Sie sah die Vorteile, die Martin und damit auch sie selbst aus einer erneuten Verpaarung mit Angela ziehen konnten. Und so drängten sie Martin, beschworen ihn, nachzudenken und nicht gleich alles aufzugeben. Man könnte wenigstens noch einmal reden miteinander. Die Verwandtschaft war unerbittlich. Als schließlich auch noch der Großonkel auf den Plan trat und Martin an seine Verantwortung als Familienoberhaupt erinnerte, da wurde der dann doch nachdenklich. Ja, er könnte seiner Angela schon verzeihen. Aber die müsste dann ein paar Zugeständnisse machen. Sie müsste seine Forderungen, vor allem jedoch die seiner Verwandten, seiner Brüder und Schwestern, Schwager und Vettern, erfüllen.

Und obwohl Angela zumindest bereit war, darüber zu sprechen, zierte sie sich noch ein wenig. Genau wie Martin, der ja eigentlich das Ehe-Aus verkündet hatte und nun als Schwächling dastünde, würde er klein bei geben und zu Angela in das große Haus zurückkehren. Aber so, wie man Martin und seine Sippschaft kennt, wird er das wohl machen. Er wird froh sein, sich wieder an der Seite der berühmten und bekannten Angela zeigen zu dürfen. Er wird vergessen, was er vor wenigen Wochen noch dachte und sagte. So wie die ganze Familie von Martin dafür bekannt ist, dass Wort halten und Prinzipienfestigkeit nicht gerade ihre Stärken sind. Schon oft haben sie das eine gesagt und dann das andere getan. Dieser Charakterzug ist ihnen sehr eigen.

Aber auch Angelas Familie ist nicht von Pappe. Hier ebenfalls Intrigen, Neid und Missgunst. Angela muss höllisch aufpassen, nicht unter die Räder zu geraten. Eine ihrer Verwandten, die Ursula, hätte durchaus das Zeug, sie auszustechen und den Martin zu nehmen. Ob der dann noch „nein“ sagen würde, steht in den Sternen.

Zwei alte Familien mit ihren ganzen Krächen und Feindseligkeiten kämpfen um die Macht und versuchen, sich anzunähern, um letztlich ein Zweckbündnis zu schmieden. Ob das gelingt? Keiner weiß es. Schrecklich nette Familien gibt es. Möchten Sie bei denen dazugehören?

Zum Glück ist das nur eine ausgedachte Geschichte und hat mit der Realität rein gar nichts zu tun.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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