Im Westen nichts Neues

Verwählt Über den Urnengang im Saarländchen

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Nun ist die Überraschung groß und die Christdemokraten können vor lauter Kraft kaum noch laufen. Die Menschen im Saarland haben sich entschieden, gegen einen Neuanfang und für ein „weiter so“. Entgegen vieler Prognosen ist es nichts geworden mit den rot-rötlichen Farbspielen der linken Vordenker. Nun könnte man das Wahlergebnis ja als demokratische Entscheidung verbuchen und gut ist. Leider offenbart sich hier aber etwas, was zu denken geben sollte.

Im Landtag des Minibundeslandes werden ab sofort noch vier Parteien sitzen. Zwei, die koalieren (wollen oder müssen) und zwei, die miteinander nicht werden reden wollen. Ob diese Konstellation der Demokratie dienlich sein kann, ist ziemlich fraglich. Schließlich finden nun beispielsweise grüne Umweltthemen vermutlich nicht mehr statt, die Vielfalt an Meinung ist reduziert und die Opposition, die vermutlich als schweigende Minderheit ein Schattendasein fristen wird, ist so uneins, wie man nur sein kann, wenn man aus zwei vollkommen unterschiedlichen Welten kommt. Nachdenklich sollte auch stimmen, dass es die sich so nennenden Alternativen wieder geschafft haben, einen Landtag zu erobern, wenn auch nur mit mäßigem Erfolg.

Was auf der Strecke bleiben wird, ist Meinungsvielfalt, Vielfalt an Ideen und Argumenten und die Chance, etwas zu verändern. Das Chamäleon SPD wird sich, wie die letzten Jahre schon zeigten, anpassen und die Farbe nach Bedarf changieren lassen, je nach gerade nötigem Bedarf. Und die Wahlsieger sind sich weiterhin sicher, alles richtig gemacht zu haben.

In Anbetracht der Tatsache, dass die prekären Verhältnisse zunehmen, der Billiglohnsektor im Wachsen begriffen ist, sich die Kluft zwischen Arm und Reich stetig vertieft und somit kein Mangel an innenpolitischen Problemen besteht, ist doch eine Frage ganz sicher vollkommen unbeantwortet: Warum sind linke Inhalte und Ideen bei den Wählern so unattraktiv, wenn doch die bisherigen politischen Konstellationen die Probleme stets nur verschärft haben? Liegt es vielleicht gerade an der Anpassungsfähigkeit der Sozialdemokraten, an ihrem Schwanken im Wind? Und ist die Linke den meisten Wählern zu links, zu radikal mit ihren Forderungen in Sachen sozialer Gerechtigkeit, Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der rigorosen Haltung in Sachen Rüstungsexporte?

Wenn doch so offensichtlich ein Problem besteht mit den bisher an Regierungen beteiligten Parteien, warum ist der Wähler so zögerlich, linken Kräften zum Regieren zu verhelfen? Warum wählen Menschen die immer gleichen Parteien, wo doch die Praxis zeigt, wohin das führt? Ich weiß darauf keine Antwort. Aber eines scheint mir sicher. Wenn wir wirklich so weiterwursteln, wie man das „Merkeln“ auf Bundesebene auch nennen könnte, dann werden sich die gesellschaftlichen Widersprüche verschärfen, werden Nationalisten mehr Gehör finden, werden Alternativen gewählt werden, die langfristig keine sind.

Ob die Wahl im Saarland als Reflexionsfläche der Bundespolitik gelten kann, sei dahin gestellt. Sie zeigt aber deutlich, dass die Zeit für wirkliche Veränderung offenbar noch nicht gekommen ist. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es nach der Bundestagswahl genauso weitergeht, wie in den letzten Jahren. Aber wollen wir das? Oder wollen wir eine Gesellschaft, die um ein Weniges menschlicher, ein Weniges gerechter und hoffentlich um ein Großes friedlicher ist?

Der englische Philosoph Bertrand Russell soll gesagt haben, dass die Demokratie keine gute Regierung sichert, sondern nur üble verhindere. Das scheint mir eine plausible Wahrheit zu sein.

Noch können wir Übles verhindern helfen. Wir haben es in der Hand!

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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