Kein Kommentar

Wortlos Schweigen ist Gold

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Schaue ich mich in Internetforen und Kommentaren zu Blogs um, fällt mir sofort eine grenzenlose Hass- und Beleidigungstyrannei ins Auge. Ganz zu schweigen von Textbeiträgen bei Twitter und Co. oder sonstigen sich sozial wähnenden Netzwerken, in denen Einzelne oder ganze Menschengruppen herabgewürdigt, beleidigt oder gar bedroht werden.

Es ist kaum zu glauben, dass diese Texte Menschen schrieben, die einen Schulabschluss geschafft haben, die in einem Elternhaus erzogen wurden, in dem Anstand und Höflichkeit zumindest ansatzweise eine Rolle spielten. Es hat ein unfassbarer Beleidigungston um sich gegriffen, der einfach sprachlos macht.

In den allermeisten Fällen geht es gar nicht um den Inhalt des zuvor geschriebenen und kommentierten Textes. Es geht einzig und allein um den Verfasser, den man glaubt, verbal vernichten zu müssen. Selten habe ich erlebt, dass mal so etwas Ähnliches wie „Ihr Argument hat mich überzeugt, danke für diesen klugen Gedanken“ als Kommentar zu lesen war.

Aber nicht nur Kommentatoren leiden an verbalem Durchfall, auch die Ersteller von Tweets oder sonstigen Textbeiträgen tragen nicht gerade zum sozialen Frieden bei. Natürlich ist das alles durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Die Frage ist doch aber, wem nützen solche Äußerungen. Was soll mit diesen Mitteilungen erreicht werden, was ist der Sinn solcher Kurztexte, die nichts sagen, nichts wollen und zu keinem anderen Zweck in die Welt gesetzt werden, als die Kluft zwischen den Menschen zu vergrößern, zu beleidigen und zu verunglimpfen. Ich weiß darauf nur unzureichend Antwort. Sind „die Menschen“ vielleicht so? Machen es uns die Parlamentsdebatten vor, wie man aneinander vorbei argumentiert und nichts weiter möchte, als „den Gegner“ zu treffen, und nicht der Sache wegen streitet?

Geht es in manchen Medien (wie diesem hier) noch relativ gesittet zu, werden dort noch größtenteils Sachargumente ausgetauscht, so findet in den Weiten des Internets mittlerweile ein verbaler Krieg „jeder gegen jeden“ statt, der einfach nur sprachlos macht. Selbst banalste Mitteilungen, ja selbst „dumme“ Fragen in Foren haben hasstriefende und unsachliche Antworten zur Folge. Kommentarfunktionen werden dann zeitweise von den Betreibern abgeschaltet, weil die Nutzer jegliche Ethik, jegliche Sitte und jeglichen Anstand vermissen lassen.

Gemäß des Gleichmuts von Theodor Fontane, der wusste, dass „in hundert Jahren alles vorbei sei“, hat es sich als ratsam erwiesen, in unserer schnelllebigen Zeit vielleicht nicht gleich einhundert Jahre, aber doch wenigstens vierundzwanzig Stunden zu warten, ehe man einen Kommentar absondert. Schon in dieser Zeit relativiert sich manches und eine Nacht über die eigene vermeintliche Wahrheit zu schlafen, scheint gelegentlich ratsam zu sein.

Was für eine Stille wäre in der Welt, würde nur reden, wer wirklich etwas zu sagen hat. Das gilt gleichsam für jene Mitmenschen, die sich genötigt fühlen, alles, aber auch wirklich alles mit dem Stempel eines eigenen Kommentars zu versehen. Man muss sicher zu sehr vielen Dingen dieser Welt eine eigene Meinung haben, aber kein Mensch wird gezwungen, die unverzüglich kundzutun.

In letzter Konsequenz wäre es vielleicht das ein oder andere Mal besser, man verzichtet gänzlich auf eine Meinungsäußerung und sieht sich alles mit dem Gemüt des Stoikers an, der weiß, dass Reden Silber und Schweigen Gold ist.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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