Klassenkampf geht anders

Randale Großspurige Kleinkriminelle

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Bürgerkriegsähnliche Zustände waren das in Hamburg, wenn man den Fernsehbildern Glauben schenken darf. Und es gibt wenig Grund, daran zu zweifeln. Tumbe Vermummte standen den Polizisten gegenüber, warfen Steine und Brandsätze. Sie sind vorgeblich gegen das System, gegen die Repräsentanten dieses Systems und gegen diejenigen, die das System verteidigen und schützen. Soweit, so ungut. Was wollen die brüllenden und randalierenden Horden aber wirklich? Geht es ihnen um eine alternative Gesellschaftsordnung, eine menschlichere Art des Zusammenlebens ohne kapitalistische Ausbeutung, Waffenlieferungen in Krisengebiete und Produktionsverlagerung in Billiglohnländer? Sind diese Typen wirklich „links“?

Ich kann es schwerlich glauben, wenn ich diese (Un-)Menschen in ihrem triefenden Hass gegen „das System“ sehe. Sie schüren Angst, säen Gewalt und verstecken sich hinter Masken. Sie zünden Autos an, reisen Pflastersteine aus den Straßen und verletzen Unbeteiligte. Glauben diese kriminellen Kleingeister wirklich, auf diese Weise eine Gesellschaft verändern zu können? Sie wollen die Herrschaft der derzeit Regierenden nicht, wollen ihre monetäre Gewalt nicht, mit der sie die Welt im Griff zu haben glauben. Und tun genau das Falsche, um ihrem Angewidertsein gegenüber dem Finanzkapital dieser Welt Ausdruck zu verleihen.

Selbstverständlich war die martialische Polizeipräsenz, die zum Schutz der Staatenlenker vor ihrem Volk aufgezogen war, nicht gerade Vertrauen bildend. Bertold Brecht traf den Nagel auf den Kopf, als er empfahl, die Regierung möge das Volk auflösen und sich ein anderes wählen. Eines, das den Regierenden mehr Vertrauen zu schenken gewillt wäre.

Um die Welt ein bisschen besser zu machen, muss man Sympathie gewinnen und Menschen von alternativen Ideen überzeugen, ja mitreißen. Wer sein Gesicht versteckt, Steine wirft und andere verletzt, hat jegliche Unterstützung durch die Mehrheit verspielt. Martialisches Auftreten erzeugt Angst. Insofern haben die kriminellen Randalierer von Hamburg allen linken Ideen einen Bärendienst erwiesen und sind so die Steigbügelhalter einer nächsten CDU-geführten Bundesregierung. Sie liefern ihren Beitrag zur Zementierung festgefahrener politischer Wege, obwohl sie ja eigentlich gegen das System sind. Das ist schizophren, dumm und gefährlich.

Unsere Gesellschaft ist derzeit viel zu zerbrechlich und instabil, als dass es der Zerstörung durch vermummte Chaoten bedarf. Schaut man sich die Wahlprogramme der großen Parteien an, von denen wir derzeit zu unserem „Glück“ regiert zu werden, so fehlt es darin an vielem, aber vor allem an einer Vision für eine alternative Gesellschaftsform, die nicht auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen beruht. Was man von der CDU ja schon mal gar nicht erwartet, aber wenigstens bei der SPD in Ansätzen zu finden hofft. Doch auch hier Fehlanzeige. Selbst die Grünen schrecken davor zurück, klar die Ursachen für die Schieflage des weltweiten Wirtschaftens unter kapitalistischen Bedingungen zu benennen. Mit kosmetischen Operationen wird der globale Finanzkapitalismus nicht zu bändigen sein. Insofern ist einzig die Linke eine wirkliche Alternative, aber leider zu schwach, um wirklich etwas bewirken zu können.

Und genau das ist die Lehre, die man aus den Geschehnissen zum Gipfel ziehen kann. Es bedarf der Einheit linker Ideen, des friedlichen und konstruktiven Zusammenwirkens linker Kräfte in der Gesellschaft, um Veränderung zu bewirken. Und es bedarf vor allem charismatischer Menschen, die linke Ideen glaubhaft zu vermitteln verstehen. Nicht unsympathische Steinewerfer werden die Welt ändern. Das hat noch nie funktioniert. Leider steht zu befürchten, dass „Links“ mal wieder gänzlich diskreditiert ist durch jene, denen jeglicher Sinn für realistisches Vorgehen fehlt und die in ihrer tumben Einfalt weiter nichts können, als sich dämlich zu verhalten.

Ich möchte von jenen, die als Vertreter der Gegendemonstrationen vor die Mikrofone traten, keinesfalls regiert werden. Randalierer gehören ins Gefängnis, auch und vor allem die, welche sich als linke Klassenkämpfer verkleiden. Sie schüren Gewalt und Hass, und das ist unnütz.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

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