Mit 66 Jahren …

Herzlich Wünsche Zum Geburtstag des Schauspielers Michael Becker

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Eingebetteter MedieninhaltSchauspieler Michael Becker (l.) und Matthias Stark bei einer gemeinsamen Lesung,
Foto: Sebastian Stark

Hoch über den Dächern der Stadt Cottbus. Wir sitzen in Michas gemütlicher Wohnung, unweit des Staatstheaters. Der Tee dampft in unseren Tassen. Überall hängen Bilder in Öl und Aquarell, unzählige Szenenfotos von Auftritten schmücken Türen und Wände, die ganze Wohnung atmet Kunst. Wir haben etwas vor, wir wollen miteinander ins Gespräch kommen. Ich möchte den Schauspieler und Autor befragen, seinem Leben, seinem Schaffen, seinen An- und Einsichten nachspüren. Warum? Wie komme ich dazu?

Uns verbindet eine gemeinsame Leidenschaft. Und verbindet die Liebe zur Literatur, speziell der von Eva und Erwin Strittmatter. Es ist einige Jahre her, dass ich den Schauspieler kennenlernte. Er war zu Besuch im Strittmatter-Verein und berichtete über seine Arbeit bei der Inszenierung des „Ladens“ am Staatstheater Cottbus. Ich hatte das Stück noch nicht gesehen, war aber sofort vom Wesen des Menschen Becker gefangen. Wir wechselten ein paar Worte, nicht mehr.

Dann sah ich ihn auf der Bühne am Cottbuser Theater. Er spielte den berühmten Großvater Kulka, einen der wichtigsten Menschen im Leben des Schriftstellers Erwin Strittmatter. Micha Becker verkörperte diesen Alten so lebensecht, dass man meint, er wäre Kulka. Durch Gestus, Dialekt und durch seine Wahrhaftigkeit gab er der Großvaterfigur Gestalt und Würde.

Einige Zeit danach hatte ich Micha zu einer Lesung in die Sächsische Schweiz eingeladen. Der Saal platzte aus den Nähten, als das Lausitzer Original sein Strittmatter-Programm aufführte, für viele Besucher ein unvergessliches Erlebnis.

Monate später traf ich Micha Becker zum ersten Mal privat. Ein Interview wollten wir führen, ein Buchprojekt des Strittmatter-Vereins war geplant und Micha sollte Auskunft geben über die Theaterinszenierung des „Ladens“. Während dieses ersten, langen Gesprächs merkte ich, dass der Mensch Michael Becker etwas zu sagen hat. Ihn zeichnet eine Haltung aus, eine Einstellung zur Welt, zur Kunst und zur Politik, die auf festem Grund ruht, die offen und sehr ehrlich ist. Kurze Zeit nach Erscheinen des Strittmatter-Buches wurde die Idee zu einem Interview-Band mit Selbstauskünften geboren, an dem wir gemeinsam arbeiten. Und immer wieder wird deutlich, dass Micha Beckers Herz links schlägt, er deutliche Worte findet zur Welt, wie sie sich uns derzeit präsentiert.

Micha und ich sind Freunde geworden, das „Du“ zwischen uns ist kein oberflächliches, es ist ein ehrliches „Du“. Ein „Du“, dass auf ähnlicher Weltsicht, auf ähnlicher Einsicht und auf der Erkenntnis beruht, dass wir kleine Menschenkinder sind, die das Leben so gut wie möglich meistern müssen. Und das trotz aller Anfechtungen, aller Stürme und Widrigkeiten.

Der 1951 in Lieberose geborene Michael Becker begann seine Karriere am „Gerhard-Hauptmann-Theater“ in Zittau/Görlitz, war dort von 1974 bis 1979 engagiert. Dann ging er nach Bautzen ans „Deutsch-Sorbischen Volkstheater“ und arbeitet seit 1985 in Cottbus am Staatstheater. Die spektakulärste Nummer seiner Karriere war nach eigenem Bekunden der Klassische Ballettabend an der Semperoper Dresden, den er moderieren durfte.

Insgesamt spielte Micha Becker bisher etwa zweihundertzwanzig Rollen unterschiedlichster Größe. Darunter waren Danton in Büchners „Dantons Tod“, Mackie Messer in Brechts „Dreigroschenoper“, Saladin in Lessings „Nathan der Weise“ oder Großvater Kulka in Strittmatters „Der Laden“. Die einzige große Filmrolle hatte er im Jahr 1984 in „Rublak - Die Legende vom vermessenen Land“ unter der Regie von Konrad Herrmann. Der Film entstand nach dem Theaterstück „Landvermesser“ des sorbischen Schriftstellers Jurij Koch.

Auch als Autor von Kurzgeschichten tritt Michael Becker seit einigen Jahren in Erscheinung. In Kürze kommt sein fünftes Buch mit Erinnerungen und Anekdoten aus seiner Künstlerlaufbahn heraus.

Michael Becker wird sich auch künftig nicht aufs Altenteil setzen. Er ist mit eigenen Programmen auf unterschiedlichsten Bühnen unterwegs, ist weiter am Staatstheater Cottbus in verschiedenen Rollen zu sehen und engagiert sich politisch für eine friedlichere und gerechtere Gesellschaft.

Micha hat also gar keine Zeit für einen Ruhestand, denn mit 66 Jahren …

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Matthias Stark

Autor von Lyrik, Prosa und Essay

Matthias Stark

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden