Selfies machen, posten, twittern, upanddownloaden, permanent kommunizieren. Mit Freunden, Familie, Kühlschrank, Auto, Krankenkasse, wem auch immer. Probanden schätzten Personen, die sich vorbehaltlos für den digitalen Wandel begeistern können, deutlich jünger, sexuell attraktiver und erfolgreicher ein, als sie es tatsächlich sind. Acht von zehn Probandinnen fanden z.B. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei seiner Rede über die Beschleunigung des Digitalen Wandels (durch die SPD) niedlich, zweien von zehn schoss die Milch ein.
Digitalisierung und Infantilisierung gehen also auch bei Politikern Hand in Hand. Kaum schickt die Industrie ein Päckchen, reißen sie es auf und schon ist der neueste digitale Bullshit an ihre Brust und auf Fahnen gepappt und in Reden, Interviews oder Programme geschleimt. Völlig distanzlos jubeln sie auch noch die sinnlosesten und lächerlichsten Technikphantasien auf die Höhe eines diskutablen Gebrauchswertversprechens. Allerdings ohne jede Diskussion. Einfach mit den allseits beliebten Wörtern wie smart, intelligent, etc. den dürftigen PR-Mist zu blinkendem und weit in die Zukunft strahlendem Werbe-Content zusammen sabbern.
Was sie da allerdings in einem pathologischen Mischzustand aus digitalem Schwindel, pubertärem Affirmationsgebrabbel und analer Phase hervorbringen und stolz vor unseren Nasen platzieren, riecht nicht nach Zukunft und weiter Welt, sondern nur nach parfümiertem Smartshit. Wer so einen Riecher für Zukunftsfragen hat, bei dem schrumpft die Aufmerksamkeit für die Gefahren der totalen Digitalisierung auf ein fröhlich unbeschwertes und also blindes Einverständnis.
Ihrer kindlich-regressiven Begeisterung für den blinkenden Plunder erliegend, posaunen sie nicht nur ständig heraus, wie wichtig der digitale Wandel für die Zukunft ist, gleich worum es genau geht, sie entdecken auch ganz ungezwungen und naiv ihr Herz für die Unternehmen und Konzerne, die sich an der digitalen Unzurechnungsfähigkeit bereichern. Ihrer kindlich-regressiven Begeisterung für den blinkenden Plunder erliegend, posaunen sie nicht nur ständig heraus, wie wichtig der digitale Wandel für die Zukunft ist, gleich worum es genau geht, sie entdecken auch ganz ungezwungen und naiv ihr Herz für die Unternehmen und Konzerne, die sich an der digitalen Unzurechnungsfähigkeit bereichern. Die Landesmutter ganz enkelhaft am Schluss ihrer Regierungserklärung zur „Wirtschaft 4.0" in NRW: „Megabites, Megaherz. Megastark.“ Hinter diesem Slogan verbirgt sich nicht nur die schnittig verjüngte Urteilskraft einer Spitzenpolitikerin, sondern auch eine millionenschwere Aufbauspritze für die fraglos zukunftsträchtige Digitalwirtschaft. Als alternde Politikerinnen kann sie sich freuen, auch ohne chirurgischen Eingriff einen minderjährigen Eindruck hingekriegt zu haben.
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Also ich habe mir kürzlich ein Smartphone zugelegt, um auch endlich mit dem Finger übers Display wischend und konzentriert lesend in der S-Bahn stehen zu können. Ganz zu schweigen, von der Aussicht mit einem Kabel im Ohr und vor dem Mund laut vor mich hinquakend durch die Straßen der Großstadt zu laufen - ein erhebendes Gefühl. Endlich bin ich wie alle anderen, fast wie neugeboren.