Der klügere Kevin kann warten

SPD Schöner Schachzug oder: Kevin wartet auf die Stunde Null der SPD

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Kevin Kühnert:Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich bislang treffen musste. Nach langem Abwägen und vielen Gesprächen habe ich mich entschieden: Ich wähle Andrea Nahles. Nicht aus Euphorie, sondern als Vertrauensvorschuss, der an Erwartungen geknüpft ist.

So sprach er, bei Spiegel Online. Kevin Kühnert hat "die Andrea" gewählt und damit einmal mehr offenbart, dass er deutlich mehr taktisches Langstreckendenkvermögen als die große Mehrheit der deutschen Politiker besitzt. Denn wie kann jemand, der in Öffentlichkeit vor allem durch schnelles Denken, gute Rhetorik und Intelligenz auffällt ausgerechnet auf die Idee kommen, dass Andrea Nahles eine gute Parteivorsitzende für die SPD sei?

Kevin Kühnert ist ein junger Mensch, 28 Jahre alt, mit großen Ambitionen und einer starken Meinung. Zufällig ist er ein Mann - aber das ist ihm bei weitem nicht so wichtig wie es Andrea Nahles ist, eine Frau zu sein. Einen Menschen wie Kühnert im Vorsitz der Jugendorganisation zu haben steht jeder Partei gut zu Gesicht. Dies weiß auch Andrea Nahles. Kevins Stimme hat also Gewicht - möglicherweise etwas mehr, als dies der Parteivorsitzenden lieb sein kann.

Kevins Stimme als Danaergeschenk

Denn während Bätschi-Andrea unter Protesten und Umfrageschwund den Parteithron erklimmt, steht Kevin an der Seitenlinie und schaut zu, wie die letzte große Agenda-Abrissbirne die schwelenden Trümmer der SPD abräumt und einen großen Geröllhaufen hinterlässt. Hinter ihr stehen zuverlässig the legendary Scholzomat und der unfassbare Herr Stegner, welche die letzten größeren Zustimmungsbrocken qua ihrer von Natur aus anheimelnden Persönlichkeit zu Staub zermahlen. Nein, einen gestrigeren Vorstand hatte die SPD seit Ollenhauer nicht mehr und im Hintergrund warteten auch damals die jüngeren und klügeren Leute geduldig auf ihre Chance.

Wenn die SPD dann 2019 oder 2021, so die Koalition bis dahin überlebt, zitternd auf die Fünfprozenthürde blickt, schlägt die Stunde des kleinen Mannes und seiner durchaus vielen Mitstreiter, die eine alte Arbeiterpartei zu einer neuen Mitbestimmungspartei machen können. Mit fairen Arbeitsbedingungen, sozialer Grundsicherung und einem Rentensystem, das nicht Carsten Maschmeyer, sondern die Arbeitnehmer im Ruhestand füttert. Mit guter Bildung, digitaler Mitbestimmung und einer Parteiführung, die sich E-Mails nicht ausdrucken lässt.

Hoffen wir das beste und warten wir - das wird Kevin Kühnert nicht anders sehen.

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