Kroatien feiert ethnische Säuberung

20 Jahre danach _ Am 04.08.1995 begann die militärische Offensive ´Oluja´ ( ´Sturm´ ). Das Ergebnis waren ca. 250.000 vertrieben Krajina-Serben, und einige Tausend serbische Opfer.

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Die Krajina ist ein seit Jahrhunderten mehrheitlich von Serben bewohntes Grenzgebiet in den Grenzen des heutigen Kroatiens. Im Zuge der kroatischen Unabhängigkeitserklärung vom ehemaligen Jugoslawien erklärten sich die dort lebenden Serben ebenfalls als unabhängig und proklamierten die Republik Serbische Krajina, nachdem im Vorfeld der Status der Serben als konstitutives Volk aus der kroatischen Verfassung gestrichen wurde. Letzteres wurde in den westlichen Medien genauso wenig thematisiert wie die Frage, ob nach der damaligen jugoslawischen Verfassung Unabhängigkeitserklärungen einzelner Teilrepubliken ohne Referendum in Jugoslawien legitim waren. Das interessierte auch niemandem, und so kam was kommen sollte: Die seit Jahrzehnten westlich gepemperte Separatismus-Bewegung gegen das sozialistische Jugoslawien erlebte kurz nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch der SU Anfang der 1990-er Jahre ihren Durchbruch. Der darauffolgende Bürgerkrieg war die im Grunde vorhersehbare und vermutlich gewollte Kettenreaktion.

Doch zurück zum 04.08.1995:

Die Militäroffensive dauerte nur 4 Tage _ Dank der Unterstützung der westlichen Wertegemeinschaft _ insbesondere aus Washington bzgl. militärische Ausbildung & Informationen über serbische Stellungen als auch deren Schwächung für diese ´Operation´ _ wie das gern in Kreisen der Krieger genannt wird. Die bis Dato größte Vertreibung einer Ethnie bzw. ´ethnische Säuberung´ in Europa nach dem 2. Weltkrieg war angeblich nicht geplant, sondern soll sich ergeben haben, weil die Menschen ´freiwillig´ geflüchtet sind. So zumindest der O-Ton seinerzeit in den westlichen Medien und Regierungen, der sich bis heute hält. Die wenigen kritischen Stimmen sind immer noch in der absoluten Minderheit.

Pro Forma gab es vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien bzgl. Kriegsverbrechen der Kroaten ggü. Serben Anklagen ggü. einigen wenigen dafür Verantwortlichen _ alle Angeklagten wurden ausnahmslos spätestens in 2. Instanz freigesprochen, der berühmteste Vertreter ist der ehem. Fremdenlegionär * in Frankreich und ehem. kroatischer General Ante Gotovina, der in Kroatien als Held gefeiert wird.

Es gibt in Kroatien 12 Feiertage im Jahr, 3 davon sind der kroatischen Unabhängigkeit vom ehemaligen Jugoslawien gewidmet. Der 5. August aber ist für die kroatische Seele offensichtlich der wichtigste Feiertag: ´Tag des Sieges und der heimatlichen Dankbarkeit´ wird er genannt....

Es ist bedauerlich, dass in Kroatien wenig Empathie für die Vertreibung der seit Jahrhunderten dort lebenden Minderheiten zu erkennen ist. Wobei Minderheiten relativ ist: Bis Anfang der 1940er-Jahre waren es noch ein 30 %-er Anteil der serbischen Bevölkerung, die ´Dank ´ des von Deutschland unterstützten kroatisch-faschistischen Ustascha-Regimes durch Vertreibung oder Vernichtung in Konzentrationslagern erheblich dezimiert wurde. 1991 gab es immerhin noch ca. 14 % Serben in Kroatien, die amtliche Ziffer heute lautet 4%. Die Dunkelziffer der heute in Kroatien lebenden Serben ist vermutlich noch weit niedriger. Viele, deren Besitzstand nicht zerstört oder okkupiert wurde, haben sich dort registriert _ doch dort leben möchten sie nicht mehr.

Das ist durchaus nachvollziehbar, wer möchte schon in ein Land zurückkehren, das die eigene Vertreibung oder Tötung der Familienangehörigen als wichtigsten Nationalen Feiertag zelebriert…?

Dieser Tag wird neben der Militärparade in Zagreb mit einem Mega-Event in Knin gefeiert, einer Stadt, die Anfang der 90-er Jahre eine 80%-ige serbische Population aufwies. Der Konzert-Star in Knin ist Marko Perkovic, ein Musiker, ein mehr als rechtsgerichteter, nationalistischer Musiker, der durch seine Texte auch mal gern die rassistische Elimination von Serben und Juden im 2.WK nachträglich abfeiert _ s. Thompson

Nochmal zur Erinnerung: Kroatien ist ein EU-Land und gehört damit zur ´westlichen Wertegemeinschaft´. Mich erstaunt das gerade alles nicht...mehr...

*By the way

_ irgendwann ist mir in der Auseinandersetzung mit der Thematik aufgefallen, dass sehr viele Fremdenlegionäre im Bürgerkrieg in Jugoslawien als auch danach eine unrühmliche Rolle spielten. Viele Player bei den Paramilitärs auf allen Seiten waren auch bei der Fremdenlegion. Einer davon ist Milorad Ulemek, genannt ´Legija´, Mafioso und ang. Initiator für den Mord an den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindic…Das ist ein Kapitel für sich, das MM nach zu wenig journalistisch-investigativ durchleuchtet wurde _ warum?

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Geschrieben von

mymind

Die Wahrheit hat nichts zu tun mit der Zahl der Leute, die von ihr überzeugt sind...Paul Claudel

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