Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht.
Ich möchte mal etwas zur Pflege los werden…
Seit Jahrzehnten kränkelt die stationäre Altenhilfe vor sich hin, eines der Hauptprobleme hierbei: zu wenig Personal für die anfallende Arbeit. Die durchschnittliche Arbeitsverweildauer in einem Altersheim liegt bei ca. 10 Jahren. D.h. nach 10 Jahren Arbeit ist man ausgebrannt, kann die Arbeit physisch und psychisch nicht mehr verkraften.
Durch die Privatisierung dieses Sektors sind viele Missstände entstanden, die man jetzt nicht mehr so leicht beseitigen kann:
Es gibt keine verpflichtende “Personalschlüssel”, d.h. ein Arbeitgeber kann entscheiden, ob die Arbeit mit viel oder wenig Personal erledigt wird, beschäftige ich wenig Personal, habe ich weniger Personalkosten und somit auch mehr Gewinn (Die Marseille Klinken sind hierfür altbekannt, Thomas Middelhoff war dort im Aufsichtsrat, Carsten Maschmeyer hält dort über 5% Aktien Anteil); auch wird dieses Konzept in ihren Krankenhäusern betrieben, wobei dort Pflegepersonal abgebaut wird, und (anscheinend zu “Werbezwecken” und zur Erstellung “erlösrelevanter Diagnosen”) Ärzte eingestellt werden.
- Private Anbieter entlohnen oft nicht nach Tarif (ich habe es gerade nochmal nachgeschaut, bewirbt man sich bei Amarita, muss man als Bewerber seine Gehaltsvorstellungen kund tun und der Arbeitgeber wird versuchen diese “runter zu drücken” ..”ihnen fehlt Berufserharung”, “Ihnen fehlt diese Fortbildung” etc.)
- In Niedersachsen gibt es für einen Pflegeplatz rund 1/3 weniger Vergütung als z.B. in Nordrhein-Westfalen, dadurch kommen selbst die “alten Wohlfahrtsverbände” wie z.B. die Arbeiterwohlfahrt (sie bezahlen nach Tarif, der Haustarifvertrag entspricht in etwa dem TVöD, ist aber in der Vergütung ca. 8 % niedriger als der TVöD) in Schwierigkeiten.
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„Nachwuchsschwierigkeiten“, die Pflegenden haben zwar ein sehr gutes Ansehen in der Bevölkerung, aber durch miese Arbeitsbedingungen, miese Arbeitszeiten und einer eher mittelprächtigen Vergütung, Probleme Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Ich habe es erlebt das eine Zeitarbeitsfirma von einem Arbeitgeber 10.000 € Vermittlungsprämie bekommen hat, die Fachkraft hat von dem Geld natürlich nichts gesehen.
Es gibt sicher auch private Anbieter, die gute Pflege leisten und ihre Angestellten gut entlohnen und es gibt sicher auch “alte Häuser” in denen schlecht gepflegt wird.
Aber ich habe bei den Aktiengesellschaften (AG) immer im Kopf, hier soll auch Rendite erwirtschaftet werden.
Und so ist es auch den Psychiatrien in Niedersachsen ergangen, 2007 wurden alle Landeskrankenhäuser “verkauft”, die Kaufpreise lagen zwischen ca. 8 und 18 Millionen Euro. Das Geld, welches eine AG für den Kauf ausgegeben hat, wollen sie natürlich wieder rein holen. Und wie wird das dann gemacht ? Mit Personalabbau, passend dazu wurde die PsychPV (Psychiatrie Personal Verordnung) durch die PEPP (pauschalierende Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik) ersetzt, in der neuen Regelung ist kein “Stellenschlüssel” mehr vorgesehen.
Übrigens, in den USA sind die Krankenschwestern für Personalschlüssel auf die Straße gegangen und haben Erfolg gehabt. Ob uns das mit den kommenden Pflegekammern gelingen wird ? Ich glaube eher nicht, mich beschleicht das Gefühl, das hier ein zahnloser Papiertiger geboren wird, der sich dann mit "Assessments" und schöneren "Anglizismen" beschäftigt und das bei guter Vergütung der Lobbyfunktionäre.
Meine Empfehlung an meine Kolleg*innen:
Rein in die Gewerkschaft und raus auf die Straße! Von selbst, wird es nicht besser.
Kommentare 2
Völlig richtig und ein Problem, was nicht nur die Pflegenden angeht, denn wir, unsere Eltern und Großeltern hängen drin.
Die Pflege ist regulär oft nicht zu schaffen, bei diesem Personalschlüssel. Man muss auch auf die Intensität der Pflege gucken, es kann sein, dass man 40 fitte Patienten locker versorgen kann, 14 Pflegefälle können einen heillos überfordern, gerade wenn man Patienten hat, die dement und mobil sind, sich dann ins Bett von MRSA Patienten legen, oder wenn man zig Patienten das Essen anreichen muss, was einfach irre viel Zeit kostet usw. Blöd auch, die immer kürzere Verweildauer, bei der in einer Schicht manchmal eine ganze Station umgepflügt wird. Wenn das dann noch räumlich eng ist, fühlt man sich an das Ausparkspiel aus der FAZ erinnert.
Ein weiterer Tipp ist, dass Angehörige (die ja oft Mitgefühl mit den Pflegenden haben) sich beschweren sollten, ruhig mit dem ausdrücklichen Hinweis, das Personal sei offenbar aufgrund des mangelnden Personals überlastet. Irgendwann ist auch gute Pflege ein Qualitätsmerkmal, es bringt nichts den Star-Operateur zu haben und nachher an einer Sepsis zu versterben, weil man hier nicht die Zeit hat ordentlich zu arbeiten. An sich ist die Hygiene ja kein Problem. Das muss allerdings erst ans Geld gehen, vorher tut sich da nicht viel.
Empfehlenswert auch die Netzfrauen.
Es grüßt ein springender Kollege.
Ja,so ist das in der Pflege.Änderungen-da ist nichts in Sicht.