Noch immer wird Wachstum als das Allheilmittel der globalen Krise beschworen. Ohne Wachstum scheint das Ende der Menschheit gekommen. Mit Wachstum etwa nicht?
Jeder Mensch weiß, dass Wachstum unter den Bedingungen unseres Lebens in sich nur begrenzt sein kann, da es sich aus Ressourcen speist, die ebenfalls endlich sind. Im Zusammenhang der globalen Krise ist das Augenmerk auf Wirtschaftswachstum fokussiert – und keineswegs auf Wachstum an Menschlichkeit oder Ethik, die im Zweifelsfall sogar kontraproduktiv und störend sein können. Wie sehr sie sich bedingen, ist noch lange nicht jedem Menschen heute klar.
Wirtschaftswachstum, Entropie, exponentielles oder konstantes Wachstum – viele Basisbegriffe sind wichtig, wenn man die Gesetzmäßigkeiten von Wachstum verstehen will. Die Kardinalfrage jedoch bleibt: Wann ist die Sättigungsgrenze erreicht? Wann ist Wachstum so aufgebläht, dass es in sich zusammenfallen muss? Die Wachstumstheorie der Volkswirtschaft hat eine Reihe Modelle hervorgebracht, die hier jedoch nicht besprochen werden können/sollten – sondern die Alternative, die fragend lautet:
1. Was kann einem sich weiter aufblähenden krankmachenden Wachstumsprozess als Heilungsmodell entgegengesetzt werden, das zugleich ein Überleben der Menschheit unter den Bedingungen von Menschlichkeit möglich macht?
2. Wie müsste eine Menschheit sich völlig neu organisieren, wirtschaften und verteilungsbereit sein, damit die materiellen und geistigen Ressourcen und Möglichkeiten wertschöpfend und nachhaltig so intelligent genutzt werden, dass der Ausstieg aus dem Wachstumsmodell tatsächlich möglich ist?
3. Welche Formen von Politik braucht es dafür, welche psychologischen Grundlagen der Akzeptanz, welche strategischen Umsetzungen?
Mich würden Ihre Anregungen interessieren – auch wenn klar ist, dass diese Ideen derzeit wohl kaum von einem Staat(enbund) ergriffen werden. Zugleich wissen wir aber: Was frühzeitig, tief genug und ausreichend oft von vielen Menschen immer wieder neu gedacht und gefordert wird, trägt dann nach und nach die Tendenz zur Verwirklichung in sich.
Kommentare 14
Ich freue mich aufs konkrete Mitdenken... ich halte es auch für entscheidend, damit die anderen Punkte in die Wirklichkeit gezogen werden können.
Hallo Abghoul,
Der Mensch als Einzelwesen wie die Menschheit als kollektiv sind ja nun der Weiterentwicklung unterworfen. Und so wie der Mensch in aller Regel erst durch die Untiefen des Egoismus gehen muss, um in kleinen Schritten zur reifen Individualität zu wachsen und danach erst zur Individuation zu gelangen, so muss auch das Menschheitskollektiv durch all diese Niederungen in Schritten gehen.
Jetzt steht das Kollektiv aber an einem Scheideweg -- und braucht Lösungen, wie es die interne Chaostheorie lösen wird und will... Immer mehr Wachstum scheint mir dabei ein unkluger Weg zu sein... Alternative Modelle der Umverteilung plus Nachhaltigkeit, die aber zugleich keine Falschverteilung sein darf und auch geistige Prinzipien und Ressourcen mit berücksichtigen muss neben den handfesten lokalen Gegebenheiten usw.
Entropie wäre in diesem Fall mit konkreten Inhalten zu füllen, ob und wie das Kollektiv, dass sich derzeit an tödlichen Kleinkariertheiten in Gefahr bringt, zur eigenen Rettung aufmacht!
Über diese Schwäche der Habgier werden wir uns schnell einig. Das wird noch lange dauern, bis es endgültig überwunden wird. Aber führt uns diese Schwäche nicht zugleich doch an den Rand des Abgrunds? Und wenn ja, muss man dann - auch wenn es noch lange dauert - nicht genau dort ansetzen? Auch mit anderen Modellen, in denen natürlich auch nach und nach die Ethik einen anderen als den bisherigen Stellenwert bekommen könnte. Dass dies lange dauert und mühselig ist, kann ja nicht davon abhalten, dennoch in diese Richtung schon jetzt die Gedanken zu formulieren? Je mehr es tun, umso effektiver kann es der Sache dienen. Langweilt es aber die Menschen: Nun auch gut - selbst wenn schlecht!
Wie den Menschen motivieren?.... EIne Kernfrage, an der nicht nur Programmmacher in Fernsehanstalten oder Wahlkampfmanager dauernd rätseln... sondern auch die Religionsführer und überhaupt alle, die zu etwas motivieren wollen - was manchmal bis ins Missionarische gehen kann. Die Grenzen sind da eng gesteckt.
Ich denke, es kann nur über kleine, anschaubare, erfahrbare, konkret gelebte Einheiten im Kleinen gehen. Ein langer Weg, wie gesagt. Sicher auch immer wieder unterbrochen durch Rückschläge. Aber dort, wo sich Qualität richtig festsetzt, werden auch Erinnerungen an Qualität gespeichert... und dort ist die richtige Startrampe für die nächsten größeren Schritte. Aber erst müssen diese kleinen Schritte authentisch gelebt werden...
Wie den Menschen motivieren?.... EIne Kernfrage, an der nicht nur Programmmacher in Fernsehanstalten oder Wahlkampfmanager dauernd rätseln... sondern auch die Religionsführer und überhaupt alle, die zu etwas motivieren wollen - was manchmal bis ins Missionarische gehen kann. Die Grenzen sind da eng gesteckt.
Ich denke, es kann nur über kleine, anschaubare, erfahrbare, konkret gelebte Einheiten im Kleinen gehen. Ein langer Weg, wie gesagt. Sicher auch immer wieder unterbrochen durch Rückschläge. Aber dort, wo sich Qualität richtig festsetzt, werden auch Erinnerungen an Qualität gespeichert... und dort ist die richtige Startrampe für die nächsten größeren Schritte. Aber erst müssen diese kleinen Schritte authentisch gelebt werden...
Das ist mir doch glatt ins Blut geschrieben! Vortrefflich!... Meine Zukunft ist demnach im Jetzt!... Da es anderes aber nicht gibt, sondern die beiden flankierenden Halbbrüder von Vergangenheit und Zukunft ja nur Hilfskrücken sind, wird dieses Feuer zum ewigen Licht.
Dächten doch mehr wie die Brüder Strugatzki (die ich gleich mal googlen werde)!
"Ist ja bloß eine Phantasme..."
Ich orakele mal frei: Es wird irgendwann die Zeit kommen, wo Menschen begreifen, dass all ihr Sein mit all seinen Bedingungen, Formen, Düften usw. auf der Kraft der Phantasie aufgebaut ist ... und nicht dieselbe einseitig aus den Dingen gezogen wird. Es ist ein Wechselprozess. Irgendwann wird es auch der Letzte kapieren und dann sogenannten bloßen Phantsamen oder Phantasien einen anderen Raum und Rang einräumen als bisher.
Ich bin überzeugt, dass Marx in diesem Punkt einseitig war und irrte. Sein und Bewusstsein sind in ständiger Interaktion und Bewegung und beeinflussen sich permanent in einer unglaublichen Fülle, die von unserem teilgenutzten Hirn auch nicht einmal ansatzweise erfasst wird.
Aber selbst über die Definition der Begriffe Sein und Bewusstsein besteht ja vermutlich nicht einmal Einigkeit - nicht nur nicht mit Marx, sondern generell, weil dies ja nun zu den letzten Geheimnissen gehört, deren Entschlüsselung in unserer (vermeintlichen) Zukunft liegt, solange wir Zeit nur linear nutzen und verstehen können.
Die Alternative wäre die noch zu erlernende Kunst, Zeit zu qualifizieren. Das meint nun keineswegs alleine das allseits bekannte und sicherlich sinnvolle Carpe diem im psychologisch-philosophischen Sinne, sondern meint etwas Umfassenderes, das alle Gebiete des Lebens betrifft (Medizin, Mathematik, Biologie, Musik, Sport, Wirtschaftswissenschaften, einfach alles).
AUch der langbekannte Begriff Zeitqualität wäre nicht falsch,aber ist im Hinblick auf das von mir Gemeinte ebenfalls noch zu eng, weil ich davon überzeugt bin, dass die Nichtzeit, das Jetzt, tatsächlich sämtliche Kraftpunkte enthält, die wir zur Lösung von AUfgaben brauchen. Diese sind uns aufgrund unserer derzeitigen Entwicklung aber immer nur Ansatz- wie auch Bereichsweise zugänglich. Es braucht noch viel Forschung um die Zeit aus ihrem linearen Korsett zu heben - aber mit der richtigen Forschungsmotivation, die die richtigen Fragen stellt, kämen wir gewiss schnell voran.
Beispiel Musik als Heilungsprozess. Überhaupt nicht neu und dennoch erst anfänglich. Bereits eingesetzt, aber dennoch wenig erforscht. Hier ist nicht nur der lineare Ablauf von Zeit in Tönen und Frequenzen in Bezug auf Hormonausschüttung, Blutkreislauf, Bewusstsein usw. entscheidend, sondern hier gilt es interaktive Qualitäten zu erkennen, wo wir Zeit nicht nur als Messinstrument einsetzen - sondern als Heilungsfaktor, wo Zeit eben nicht nur "vergeht" (Nach dem Motto, die Zeit heilt WUnden usw.), sondern Zeit "steht".
Alte Kulturvölker wussten Zeit noch anders zu nutzen und zu qualifizieren, was später aufgrund der Entwicklung ins Spezialistentum aber ebenso wie anderes wertvolles Wissen vorübergehend in der Versenkung des menschlichen Geistes verschwand. Vorübergehend... Bald wird es wieder kommen, mit modernen Methoden.
Das nur mal anfänglich zu diesem Thema, vielleicht später einmal ein Blog dazu. Spannend ist es allemal.
Das mit den modernen Marxisten überrascht mich deshalb wenig, weil sie oftmals auch mit durchaus guten Ideen aber ein enges Menschenbild haben, das meines Erachtens nicht der Wirklichkeit des Menschen gerecht wird. Menschenbild meint hier: Die Vorstellung vom menschlichen Sein, das vom Bewusstsein untrennbar sein sollte. "Materialistische" Weltbilder sind schwerlich dazu geeignet, die höhere Natur der Wirklichkeit zu begreifen.
... also da werde ich dann auch mal bald einen Blick gern reinwerfen, wenn sie schon meine geheimsten Gedanken längst formuliert haben!
der kommentar hierauf war nach unten gerutscht - bei mir klappt die Technik hier nicht immer... allerdings betrifft es nur die freitag-seite...
antwort also unten!
neuer versuch... vermutlich scheitere ich jetzt zum dritten mal?.. ok, dann lass ich es bleiben
"Ähm... das habe ich jetzt nicht verstanden. :)"
Das bezog sich auf die Gebrüder Strugatzki... aber da meine Kommentarfunktion immer wieder blockiert ist, kann ich viele Antworten nicht der richtigen Antwort direkt zuordnen, sondern wird leider nur als Anhang unten lesbar.
Ich arbeite an einem neuen Blog zum Thema Zeit. Da würde ich @DandelionWine Ihre Fragen mit hineinnehmen. Bald also das Zeitthema an anderer Stelle. Das Ursprungsthema hat offenbar kein Interesse gefunden. Oder kommt noch was?