Große, klimatisierte Hallen, hohe Lautstärke, leider ist das ziemlich ernüchternd. Beim weltgrößten Star-Wars-Fan-Fest bekommt man nichts ab von der kalifornischen Sonne, die Party findet drin statt, genauer gesagt im Convention Center. May the force be with you – Möge die Macht mit dir sein,unter diesem Motto (welchem sonst) steht in diesem Jahr die „Star Wars Celebration Anaheim 2015“, die von LucasFilm und ReedPOP ausgerichtet wurde. Da ich gerade in Los Angeles lebe und eingefleischter Star-Wars-Fan bin, habe ich mir ein Ticket für umgerechnet 130 Euro gekauft, selbstverständlich für alle vier Tage – ich bin überrascht, dass ich zwei Wochen vor dem Event überhaupt noch eins bekomme. Diesen Dezember kommt Star Wars: Episode VII — The Force Awakens in die Kinos. Regisseur J. J. Abrams und der Cast des Films eröffnen diese Star-Wars-Festspiele, der neue Trailer hat Premiere.
Schon Mittwochabend haben Tausende Fans im Convention Center ihr Lager aufschlagen. Ich schaffe es erst einen Tag später dort zu sein, und schaue mir erst mal online den Livestream an. Am nächsten Morgen fahre ich mit dem Auto die etwa 40 Kilometer von L.A. nach Anaheim, vorbei an Disneyland und Menschen mit Mickymaushüten (auf die ich später noch mal zu sprechen komme), bis zum Convention Center. Für den ganzen Tag parken will der Veranstalter 14 Euro, dafür kann ich mich direkt neben das Center stellen.
Schuhe im Chewbakka-Stil
Drinnen muss ich mich in eine lange Schlange stellen, um meinen Viertagepass zu bekommen. Pflichtbewusst binde ich ihn mir um. Bereits kurz nachdem ich meine Tickets online bestellt hatte, kamen ständig E-Mails, die mich über sämtliche Special Guests in Kenntnis setzten. Carrie Fisher (Prinzessin Leia), Mark Hamill (Luke Skywalker) und Anthony Daniels (C-3PO) sind da. Im Programm stehen die Uhrzeiten ihrer Panels (auf der Bühne wird ein Interview vor Publikum geführt, und am Ende werden noch Fragen der Fans beantwortet). Man muss sich Stunden vorher anstellen, um reinzukommen. Weil ich aber erst am Tag darauf hier sein kann, bin ich ruhig.
Es gibt ja noch Kunstausstellungen, LEGO Star Wars, Kostümwettbewerbe, Lichtschwertschaukämpfe, Droidenrennen, sogar die Premiere der zweiten Staffel der Serie Star Wars Rebels mit einem Roten Teppich. Ich entscheide mich für eine Ausstellung, die Requisiten und Kostüme aus dem kürzlich gedrehten Film zeigt (ich stehe ganze drei Stunden an, aber das war es wert). Während ich mir künstlerische Schuhe im Chewbacca-Stil ansehe, komme ich mit Markus ins Gespräch. Er ist aus Hamburg zu der Veranstaltung gekommen, und sammelt seit Jahren Star-Wars-Figuren und möchte hier und in speziellen Geschäften in der Umgebung von Los Angeles Raritäten finden. Er habe monatelang für die Reise gespart, sagt er.
Die anderen Fans, die man hier sieht, könnten ihren eigenen Star-Wars-Film drehen: Frozen-Sklavin-Leia, Spiderman-Sith, Elvis-Jedi oder ein roter Hip-Hop-Stormtrooper mit musikalischer Begleitung oder der „Stormtrooper mit Aktentasche“: Jedes Outfit geht. Und es kostet. Bis zu 1.500 Euro geben Fans für Kostüme aus. Dann betrete ich den Raum der R2D2-Builder, Leute die in der Lage sind den kleinen Droiden nachzubauen. Bis zu sieben Jahre kann es dauern, bis eine R2-Einheit fertig gestellt ist. Diese R2-Einheiten sind so hochwertig, dass manche ihrer Erbauer von Disney eingestellt wurden, um bei den kommenden Filmen den kleinen Droiden zu bauen und zu betreuen. Während ich mal wieder lange anstehe, laufen Leute an mir vorbei, die seltsame Hüte tragen, in den Farben der Droiden C-3PO und R2D2 – trotzdem mit typischen Mickymausohren. Alles vermischt sich hier. George Lucas hat die Rechte an Disney verkauft, und nun wird grenzenlos ausgeschlachtet.
In einem der Panels hat sich Anthony Daniels (C-3PO) einen der Hüte aufgesetzt und meine Sitznachbarin (eine geschätzte Mittvierzigerin) fängt an zu kreischen „Ich brauche auch so einen!!!“ Aber was hat das eigentlich noch mit Star Wars zu tun?
Wer es nicht bis nach Anaheim geschafft hat, konnte den Trailer und den kalifornischen Fanjubel vergangenen Donnerstag in einem der 35 ausgewählten Kinos in 23 Ländern weltweit zeitgleich miterleben, wie in Berlin im Cinemaxx am Potsdamer Platz. So kreiiert man einen Hype. Aber hat der Film das wirklich nötig?
Spielzeug aus den 80ern
Die „Arena“ im Convention Center ist mit 5.000 Besuchern voll besetzt, am Tag nach der Premiere wird noch einmal der Trailer des neuen Films gezeigt – da bin ich dabei. Hier auf der Convention fühlt man sich nicht so, als müsste man noch mehr aus Star Wars herausholen.
Man will unter sich sein, mit Fans egal welchen Alters Spaß haben. Natürlich gibt es jetzt auch Disney-Stände, die auffordern, sich Darth Vader Hartschalenkoffer zu kaufen (oder einen dieser Hüte). Aber die Stände zum Tauschen und Erwerben von Original Star-Wars-Spielzeug der 80er überwiegen. Da begegnen sich Menschen, die mit den Filmen großgeworden sind, modernen Märchen, dem Konflikt zwischen Gut und Böse, Jedi und dunklen Sith.
„Allein, dass es hier nur um Star Wars geht, ist etwas Besonderes“, sagte mir einer der Besucher. Selbst wenn auch hier auf der Convention zunehmend das Kommerzielle dominiert, dann durch Disney und seine Vermarktungsmaschinerie. Der Film braucht diesen Wahnsinn gar nicht.
Aber wenn es schon global zelebriert werden muss, dann bitte auch im Netz. Dort kursiert seit kurzem ein Video, indem der Schauspieler Matthew McConaughey den Star-Wars-Trailer sieht und bis zum Ende hemmungslos schluchzt. Diese Szene stammt eigentlich aus dem Science-Fiction-Epos Interstellar (siehe Freitag 45/2014), sie wurde werbewirksam mit dem Trailer gegengeschnitten. Das Video wird wie wild in den sozialen Netzwerken geteilt. Die Familie muss wachsen.
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