Blowing The Whistle, Again

Nachdem der vielbeachtete erste Beitrag von Jacques Baud massiv ignoriert wurde (→https://www.freitag.de/autoren/neex8oot/ukrainekrieg-bulletin-de-documentation-ndeg27), hier nun der zweite Beitrag (von Richard Falk;→ https://richardfalk.org/2022/04/) zu diesem Thema.

Falk überlegt und resümiert so:

"Es ist nicht so, dass die Anteilnahme für die Ukraine oder die Unterstützung für Selenskis nationalen Widerstand unangebracht wäre, sondern dass sie den Anschein erweckt, geopolitisch inszeniert und in einer Weise manipuliert zu sein, wie es bei anderen verzweifelten Situationen kleinerer Staaten in Konflikten nicht der Fall war, und somit den Verdacht auf andere, finstere Beweggründe aufkommen lässt.

Dies ist insofern besorgniserregend, als diese medial vergrößerten Bedenken ein Hauptgrund dafür sind, dass der NATO-Westen alles daran gesetzt hat, dass es im Ukraine-Krieg um mehr als die Ukraine geht. Der Krieg im weiteren Sinne lässt sich am besten als ein Krieg auf zwei Ebenen verstehen: ein traditioneller Krieg zwischen den russischen Invasionskräften und den Widerstandskräften der Ukraine, der mit einem umfassenden geopolitischen Krieg zwischen den USA und Russland verflochten ist. Es ist die Verfolgung dieses letzteren Krieges, der die größere Gefahr für den Weltfrieden darstellt, eine Gefahr, die weitgehend verdunkelt oder als bloße Ausweitung der Konfrontation zwischen Russland und der Ukraine bewertet wurde.
...
Wenn diese Zwei-Ebenen-Wahrnehmung in ihrer Würdigung der verschiedenen Akteure mit ihren widersprüchlichen Prioritäten richtig analysiert wird, dann wird es entscheidend, zu verstehen, dass im geopolitischen Krieg die USA ebenso der Aggressor sind wie im traditionellen Krieg auf dem Boden Russland der Aggressor ist."

Und dann auch noch:

"Der geopolitische Krieg lenkt auch von der dringenden Agenda des Klimawandels ab, vor allem angesichts der jüngsten Indikatoren für die globale Erwärmung, die Klimaexperten weiter alarmieren. Andere Themen von globaler Bedeutung, wie Migration, Artenvielfalt, Armut und Apartheid, werden erneut auf die hinteren Ränge der globalen politischen Herausforderungen verwiesen, während das soziopathische Spiel des Armageddon-Roulettes gespielt wird, ohne das Wohlergehen und Überleben der Arten zu berücksichtigen, und damit die tödliche Rücksichtslosigkeit fortgesetzt wird, die mit dem Abwurf der Bombe auf Hiroshima vor mehr als 75 Jahren begann.

Die abschließende Frage "Warum die Ukraine?" verlangt nach Antworten. Die Standardantwort von umgekehrtem Rassismus, moralischer Heuchelei und westlicher Narrativkontrolle ist nicht falsch, aber deutlich unvollständig, wenn sie nicht den geopolitischen Krieg einbezieht, der zwar nicht direkt für das ukrainische Leiden verantwortlich ist, aber aus anderer Perspektive gefährlicher und zerstörerischer ist als der schreckliche traditionelle Krieg. Dieser geopolitische Krieg der "schlechten" Wahl wird jetzt vor allem durch feindliche Propaganda, aber auch durch Waffen und Nachschub geführt, ohne dass außerhalb der Ukraine direkt getötet wird. Dieser zweite Krieg, der so selten identifiziert, geschweige denn bewertet wird, bedroht in unverantwortlicher Weise das Wohlergehen von Millionen von Zivilisten auf der ganzen Welt, während Waffenhändler, "Nach-Konflikt-Baufirmen" und Militaristen in Zivil und in Uniform sich freuen. Um es provokativ auszudrücken, würde ich sagen, dass es für die Friedensbewegung an der Zeit ist, dafür zu sorgen, dass die USA diesen geopolitischen Krieg verlieren! Ihn zu gewinnen, ja ihn sogar fortzusetzen, wäre ein schweres "geopolitisches Verbrechen"."

Das Original des emeretierten Princeton-Profs ist hier nachzulesen (→https://richardfalk.org/2022/04/)

Jacques Baud hat ein Update seiner Einschätzungen erstellt. Dieses findet sich hier (→https://cf2r.org/documentation/le-point-sur-la-situation-militaire-en-ukraine-au-25-mars-2022/).

Anbei: "Die haben auf uns geschossen, auf alle; Kinder, Frauen, Alte - sehe ich aus wie ein Soldat?"(→https://invidious.snopyta.org/watch?v=lRtLFT2sbBg)

Und, um "Blowing The Whistle, Part III" zu spoilern:„Es muss nicht solides Geheimdienstmaterial sein, wenn wir darüber sprechen.“.