Die Kommission schaut hin

Digital Google hat Milliardenumsätze und 80 Prozent Marktanteil. Jetzt nimmt die EU-Kommission Googles dominantes Mobile-Betriebssystem ins Visier
Die Kommission schaut hin

Bild: LEON NEAL/AFP/Getty Images

Wenn die EU ein Statement of Objections an einen Internetkonzern schickt, dann wird es ernst. Google hat bereits zumzweiten Mal ein solches Schreiben erhalten – nach der Suche betrifft es diesmal sein mobiles Betriebssystem Android. Die EU-Kommission in Gestalt von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wirft der US-Firma vor, seine Marktmacht (Android hat in Europa einen Marktanteil von 80 Prozent) zu missbrauchen, um die eigenen Produkte zu bevorzugen.

Die Vorwürfe von Vestager: Google würde Smartphone-Hersteller wie Samsung, LG oder Sony dazu zwingen, die Google-Suche standardmäßig zu implementieren, wenn sie andere Google-Apps, allen voran den Play Store, installieren wollen. Des Weiteren würde Google die Hersteller zwingen, die offizielle Android-Version zu verwenden – zwar ist Android auf Open Source-Basis aufgebaut und kann modifiziert werden, doch die Google-Apps bekommt man nur, wenn man die Originalversion des mobilen Betriebssystems installiert. Außerdem würde Google die Hersteller finanziell belohnen, wenn sie die Google-Suche in die Smartphones als Standardsuchmaschine einbauen. Alles in allem würde die Alphabet-Tochter Android dazu nutzen, um Konkurrenten aus dem lukrativen mobilen Search- und App-Markt zu drängen.

Google hat jetzt drei Monate Zeit, um der EU-Kommission die Sachlage aus deren Sicht zu erklären. Kent Walker, Senior Vice President & General Counsel bei Google, hat in einem ersten Schreiben bereits Argumente gebracht, warum Google seine Vertragsbedingungen so gestaltet. Niemand würde gezwungen sein, jeder könne Android auch ohne Google nutzen, und jeder könne sich Android herunterladen und modifizieren – Amazon etwa mache das für seine Tablets und Smartphones. Außerdem verhelfe der Play Store direkten Konkurrenten wie Facebook, Spotify und Snapchat für eine riesige Reichweite, und dass man mit Android Geld mache, sei auch gerechtfertigt, immerhin verursache die Entwicklung hohe Kosten.

Laut Oracle, das sich mit Google einen Rechtsstreit um Java liefert, hat das Internetkonzern bis Ende 2015 rund 31 Milliarden US-Dollar mit Android verdient. Ein Ende der Dominanz ist nicht in Sicht: Während Apples iOS nur auf seinen eigenen Geräten läuft und von anderen Smartphone-Herstellern nicht verwendet werden kann, ist Windows von Microsoft in die Bedeutungslosigkeit abgerutscht. Es bleibt also nur noch Android übrig.

Wie sich der Markt für mobile Betriebssystem anders entwickeln könnte, zeigt ausgerechnet China. Dort ist Google Play nicht verfügbar, was zur Folge hat, dass Smartphone-Hersteller dort mit verschiedenen vorinstallierten Apps und Android-Varianten arbeiten. Der Nachteil: App-Entwickler müssen dort noch intensiver mit der Fragmentierung von Android kämpfen und für jede Version des Betriebssystems ihre Apps anpassen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Netzpiloten

Jakob Steinschaden ist seit 2006 publizistisch auf Papier und Pixel tätig. Er arbeitet in Österreich als Journalist und hat die beiden Sachbücher "Phänomen Facebook - Wie eine Webseite unser Leben auf den Kopf stellt" (2010) und "Digitaler Frühling - Wer das Netz hat, hat die Macht?" (2012) veröffentlicht. In seinem Blog “Jakkse.com” und in Vorträgen schreibt und spricht er gerne über die Menschen und ihr Internet – von Social Media über Mobile Business und Netzpolitik bis zu Start-ups

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Jakob Steinschaden | Netzpiloten

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