In einer Zeit der globalen, wirtschaftlichen Unsicherheit hat ein einfühlsamer Kommentator herausgestellt, welche grundlegende Gefahr die Technologie für unsere Arbeitswelt bedeutet:
“Wir wurden mit einer Krankheit angesteckt, von der einige Leser noch nicht einmal den Namen kennen dürften, aber von der sie in den nächsten Jahren noch so einiges hören werden – nämlich der der technologischen Arbeitslosigkeit. Das bedeutet, die Arbeitslosigkeit aufgrund unserer Entdeckung, Arbeit in einem schnelleren Tempo einsparen zu können, als wir neue Möglichkeiten der Arbeit finden können.”
Diese Worte von John Maynard Keynes aus dem Jahr 1930 erinnern uns daran, dass die gegenwärtige Angst davor, dass Roboter unsere Arbeit übernehmen können, nicht so weit entfernt ist von den Ängsten der vorherigen Generationen.
Und tatsächlich, je mehr diese Ängste regelmäßig recycelt, aber auch immer wieder abgemildert werden, desto weniger stark erscheinen sie denen, die sich schon ausführlich mit dem langatmigen Erzählbogen der Menschheitsgeschichte befasst haben. Nichtsdestotrotz war dies eines der Hauptthemen, das von der Weltspitze in Davos diskutiert wurde.
Das exponentielle Anwachsen der digitalen Technologie seit den 1990er Jahren hat uns die “vierte industrielle Revolution” beschert. Die Entwicklungen haben einen Punkt erreicht, an dem hochqualifizierte Jobs ebenso wenig davon verschont bleiben, durch Automatisierungsprozessen ausgetauscht zu werden, wie die Jobs derer, die nicht so ein hohes Maß an Bildung oder Ausbildung benötigen. Martin Ford, ein Unternehmer aus dem Silicon Valley, erläutert dies anschaulich an dem Gegensatz zwischen einem Radiologen, dessen Schwachstelle das Automatisieren von Prozessen ist und einer Haushälterin, deren Entscheidungsprozesse weniger einfach nachgestellt werden können.
Dies ist verbunden mit der Befürchtung, dass dieser neue Wirtschafts-Typus nicht genug Ausgleichspositionen für die Jobs anbietet, die sich durch Automatisierung auflösen. Um zu illustrieren, wie die innovativsten, digitalen Unternehmen großen Wohlstand auf dem Rücken der vergleichsweise wenigen, aber dafür hart arbeitenden Menschen erzeugen, wird untersucht, wie der Marktwert von Google von 377 Milliarden US-Dollar von weltweit nur 53.600 Mitarbeitern getragen wird. Dann wird der Marktwert von General Motors untersucht, der mit rund 60 Milliarden US-Dollar bei 216.000 Angestellten liegt.
Dieses Auseinanderklaffen wäre in einer Wirtschaftsform bedeutungslos, in der das Geschäft eines jeden Unternehmens komplett eigenständig wäre. Nun sind die Tätigkeiten dieser technologischen Giganten allerdings in andere Geschäftssphären vorgedrungen, zum Beispiel in dem Fall, in dem die selbstfahrenden Autos von Google das Unternehmen zu einem direkten Konkurrenten von General Motors machen.
Martin Wolf, der Chefredakteur des Wirtschaftsteils der Financial Times, argumentiert damit, dass diese tektonischen Verschiebungen einen neuen Raum öffnen, der uns zum Überdenken unserer Standpunkte zu Arbeit und Freizeit anregt. Anstatt sich darüber zu beschweren, was die Automatisierung uns entzieht, sollten wir sie dazu nutzen, uns mehr Möglichkeiten in Freizeit und der Bildung zu schaffen. Und sollten wir uns nicht endlich von der dauernden Angst lösen, unsere Familien in dieser instabilen Umgebung nicht mehr unterstützen zu können?
Eine uralte Idee
Ein offensichtlicher Weg dorthin ist der des Grundeinkommens – Wohlstand umverteilen und allen Bürgern ein planes, auflagenfreies Einkommen zu geben. Diese Idee ist verankert in Jahrzehnte alten Vorstellungen und Experimente. Der demokratische Kandidat der US-Wahl von 1972, George McGovern, schlug zum Beispiel ein “Demogrant” von 1000 US-Dollar jährlich für jeden Amerikaner vor.
Robert Reich, der Arbeitsminister in Bill Clintons erster Amtsperiode, befürwortete ebenfalls eine Kombination aus minimalem Einkommen, einer Ertragsausfallversicherung und einemfinanziellen Polster von 60.000 US-Dollar für jeden Bürger, um sich gegen die Unbeständigkeiten der modernen, global verknüpften Wirtschaft zu schützen. Genau wie Wolf es befürwortet, haben Schweizer Aktivisten, die sich ebenfalls für ein Grundeinkommeneinsetzen, ihre Argumente daraufhin aufgebaut, die Balance von Arbeit und Leben eines jeden zu verbessern.
Es mag den Leser überraschen, dass die Ideen des Grundeinkommens auch von Vertretern des rechten Flügels, unter anderem vom liberalistischen Volkswirt Friedrich Hayek, kommen. Sie manifestierten sich in Vorschlägen für eine Art negative Einkommenssteuer, die zum ersten Mal von Milton Friedman 1962 befürwortet wurde und die beinahe während der Präsidentschaft von Richard Nixon in Form des Plans zur Unterstützung von Familienausgeführt worden wäre.
Das Scheitern des Plans wurde begleitet von einigen Pilotprojekten zur negativen Einkommenssteuer in einigen amerikanischen Städten, allerdings mit weniger erfreulichen Ergebnissen. Trotz dieses Misserfolgs argumentieren konservative Denker wie David Frum, dass die Einführung eines Grundeinkommens die Bürokratie vermindern würde, da der Umfang der derzeitigen Programme zur Armutsbekämpfung ausgedünnt werden würde. Eine Vielzahl der neuen Projekte – das aktuellste findet gerade in Utrecht statt – könnten uns besser als ihre Vorgänger aus den 70er Jahren zeigen, wie diese Experimente in hochautomatisierten Wirtschaftssystemen funktionieren.
Etwas, das Klaus Schwab, der Leiter des Weltwirtschaftsforums, immer stark betont, ist die ansteigende Tendenz, dass sich die Vorteile der digitalen Revolution für viele und nicht nur für wenige ergeben: “Wo Automatisierungsprozesse Arbeitskräfte in der ganzen Wirtschaft ersetzen, verschlimmert die Nettodistanz zwischen Arbeitern und Maschinen die Lücke zwischen den Kapitalerträgen und den Arbeitserträgen”, sagte er.
Keynes’ Vorhersage aus dem Jahr 1930, dass in 100 Jahren Menschen in den reichsten Nationen nur noch 15 Stunden in der Woche arbeiten würden, hat sich also nicht erfüllt. Nehme man sich jedoch die potentielle Automatisierung der Arbeit als Beispiel, um die Arbeitsplatzprognosen der Wirtschaftswissenschaftler durcheinander zu bringen, dürften die Teilnehmer der Davos-Konferenz das Grundeinkommen nicht so rasch zur Seite wischen, da dies eine glaubwürdige Antwort auf die gegenwärtigen Ängste über unsere Rolle in der modernen Arbeitswelt darstellen kann.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf netzpiloten.de
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