Der Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl wurde als atemberaubend und schockierend beschrieben und hat einen „Aufschrei“ in den Medien hervorgerufen. Der gewählte Präsident fand bei mehr als 59 Millionen Amerikanern genug Gehör, dass sie in der Wahlkabine für ihn den Ausschlag gaben und ihm zum Sieg verhalfen. Trump erreichte seine Unterstützer sowohl persönlich als auch über die Social-Media-Plattformen, vor allem über Twitter. Wenige Stunden, nachdem er seine Siegesrede gehalten hatte, war er schon wieder am twittern.
Trumps Twitter-Affinität ist gut dokumentiert. Ein Politiker charakterisierte die Präsenz des Kandidaten auf der Social-Networking-Seite als „eine kontinuierliche Trump-Kampagne, die rund um die Uhr auf Twitter statfindet.“. Angesichts seines Geschicks erklärten ihn einige Leute zum Gewinner in den sozialen Medien und in der Wahlkampfschlacht.
Aber wie viel Einfluss hatte Twitter während der Präsidentschaftswahl 2016? Als Rechtsprofessor, der die Auswirkungen des Internets auf die äußere Welt untersucht, glaube ich, dass die Antwort auf diese Frage durchaus die Art und Weise verändern könnte, wie politische Kandidaten ihre Kampagnen für die kommenden Jahre gestalten.
Politik im Taschenformat
Mit mehr als 300 Millionen aktiven Nutzern in den ersten drei Quartalen des Jahres 2016 ermöglicht Twitter den Menschen, mit Scharen von Freunden und Followern in 140 Zeichen oder weniger zu kommunizieren. Während Amerikaner dazu neigen, Diskussionen über Politik offline zu vermeiden, machen soziale Medienumgebungen wie Twitter es fast unmöglich, sich von politischen Interaktionen im Internet fernzuhalten. Obwohl die Forschung zeigt, dass nur wenige Clinton- oder Trump-Fans enge Freunde im gegnerischen Lager haben, weiten die sozialen Medien diese Kontakte erheblich aus. Vor allem auf Twitter neigen die Nutzer statistisch gesehen eher dazu, Menschen zu folgen, die sie nicht persönlich kennen, als das auf Facebook der Fall ist, wo sich die Nutzer oft mit denen anfreunden, die sie persönlich kennen.
Dies ist besonders entscheidend, wenn man bedenkt, welche Auswirkungen soziale Medien auf politische Meinungen haben. Langanhaltende Konfrontationen mit politischen Diskursen können die Anteilnahme an der Politik verstärken, und die Kommunikation mit anderen elektrisiert politische Aktivitäten bezüglich gemeinsamer Anliegen. Einer von fünf Menschen berichtet, dass sich seine Ansichten über eine politische oder soziale Frage ändern, weil er etwas in den sozialen Medien gelesen hat, und fast die gleiche Anzahl an Menschen sagt, dass sie ihre Ansichten zu einem bestimmten Kandidaten auf Basis dessen, was sie dort gelesen haben, änderten.
Trumps unzensierte Tweets haben überzeugt
Trump war bemerkenswert effektiv darin, die meinungsbildende Macht der sozialen Medien zu nutzen. Seine Kampagne nutzte erfolgreich die Kenntnisse, Kontakte und Fähigkeiten seiner Anhänger im Verbreiten seiner Tweets, um mit dem Werkzeug des Crowdsourcings Wut und Angst zu verbreiten. Zum Beispiel erreichte Trump jeden Tag fast doppelt so viele Twitter-Erwähnungen wie Hillary Clinton, obwohl (oder vielleicht gerade weil) seine Meldungen viel negativer waren. Er brüstete sich auch mit etwa 40 Prozent mehr Twitter-Anhängern als seine demokratische Rivalin.
Trump baute eine Beziehung zu seinen Anhängern auf, indem er seinen eigenen Twitter-Account während eines Großteils seiner Kampagne selbst verwaltete. Clinton nutzte vor allem ein Medienteam – und das merkte man auch. Experten haben darauf hingewiesen, dass Trumps Tweets für seine Anhänger sehr überzeugend waren, weil man ihnen weitgehend anmerken konnte, dass sie direkt von ihm kamen – sie wirkten spontan und nicht so, als wären sie von Medien-Profis bearbeitet worden.
Auf diese Art eine Beziehung aufzubauen, erwies sich als entscheidend, da sich Fans und Follower der Trump-Bewegung anschlossen und sich zu großen Wahlblöcken entwickelten. Scott Adams, der den „Dilbert“-Comic erschuf, verbrachte den Großteil der Wahlkampfphase damit, über Trump als einen Meister der Überzeugung zu schreiben, der besonders das Mittel der Angst nutzt.
Trumps scheinbar ungefilterte Beiträge, die ihre Kernaussagen regelmäßig wiederholten, führten zu viel mehr quantitativem Twitter-Engagement für ihn, im Vergleich zu Clinton. Trumps Anhänger wiederholten und teilten seine Botschaften in Scharen. Manche beschrieben eine „emotionale Verbindung“ zu ihm und sagten, sie würden Stunden damit verbringen, seine Botschaft mit ihren eigenen Netzwerken zu teilen, obwohl sie keine offiziellen Mitarbeiter der Trump-Kampagne waren.
Darüber hinaus erzeugten Trumps Beiträge einen Rückkopplungseffekt, das heißt Social Media Beiträge schafften es in die Fernseh-Nachrichten – und das immer kostenlos in einem Umfang, dessen Äquivalent von medialer Berichterstattung und Werbung Kosten von 3 Milliarden US-Dollar aufgeworfen hätte. Er bezahlte letztlich weniger Geld pro Stimme und pro Delegiertem als jeder andere, der in diesem Jahr für die Präsidentschaft kandidieren wollte, erreichte dabei aber den höchsten Grat an Sichtbarkeit. Ich möchte damit nicht behaupten, dass Clinton keine eigenen Erfolge hatte. Als Reaktion auf eine Beleidigung von Trump, gelang ihr der Tweet, der im Laufe der Wahlkampfphase am meisten geteilt wurde, als sie vorschlug, dass Trump seinen Twitter-Account löschen solle.
Aber Trump monopolisierte Twitter und den Nachrichtenzyklus und erhielt schließlich die meisten Wählerstimmen.
Aktuelle Techniken nutzen
Historiker haben festgestellt, dass in den Alltag eindringende Technologien die Macht haben, politische Wahlen zu beeinflussen. Franklin D. Roosevelt verwendete das neue Medium des Radios, um seine Kamingespräche zu verbreiten, weil seine Konkurrenten viele der Zeitungen in den dreißiger Jahren kontrollierten und eine gewisse Voreingenommenheit durch Zeitungsberichte vermeiden wollte.
John F. Kennedy sagte vier Tage nach der knappen Niederlage von Richard Nixon: „Mehr als alles andere war es das Fernsehen, das das Blatt wendete.“ Das Fernsehen, das neue aktuelle Medium, hatte im Jahrzehnt vor der Wahl von 1960 massiv an Popularität gewonnen. Es scheint so, dass Trump einige Erfahrungen aus der Geschichte genutzt hat, um eine der größten Überraschungen in der modernen Wahlgeschichte zu bewirken.
Ich denke, die Forscher werden Trumps Wahlkampfstrategien noch jahrelang analysieren. In der Tat haben Analysen der Auswirkungen von Twitter auf die Präsidentschaftswahl von 2016 bereits begonnen. Die New York Times hat sogar kürzlich alle „Menschen, Orte und Dinge“ aufgelistet, die Trump auf Twitter beleidigt hat. Trumps unkonventionelle Methoden, die ursprünglich von traditionellen Experten als ineffektiv und wie ein „überstürztes Schulsprecherwahlprogramm“ klingend verspottet wurden, zeigten in dem schnellen und ungefilterten Universum von Twitter einen enormen Effekt. Mit seiner Kampagne konnte er die Wirkung schroffer Wortmeldungen beinahe in Echtzeit anhand seiner Follower testen, um festzustellen, ob sie ihm im weiteren Wahlkampf von Nutzen sein werden.
Traditionellen Politikern, die im Amt bleiben wollen, könnte bald einleuchten, dass Trumps unkonventioneller Aufstieg einen neuen Standart für Wahlkampfstrategien geschaffen hat. Es ist nicht überraschend, dass Twitter-Nutzer, deren Beiträge eine Menge von Aufmerksamkeit durch Likes, Retweets und Antworten bekommen, häufiger twittern als Benutzer, bei denen das nicht der Fall ist. Und die Forschung zeigt auch, dass Emotionen auf Twitter ansteckend sind – sowohl negative als auch positive Tweets erzeugen mehr von dem Gleichen auf der Plattform (positive Tweets sind ansteckender).
Da Emotionen im diesjährigen politischen Wahlkampf eine Rolle spielten, wird das Erlernen der Strategien zu einer weiten und dauerhaften Verbreitung für politische Kandidaten sehr wertvoll sein, um die Macht von Twitter und anderer sozialer Plattformen zu nutzen… zumindest, bis die nächste Innovation kommt.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf netzpiloten.de
Kommentare 6
Liebe Netzpiloten, dass Sie den Artikel von Frau Johnson (https://theconversation.com/donald-trump-tweeted-himself-into-the-white-house-68561) zur Übersetzung ausgewählt haben, hängt sich damit zusammen, dass "Social-Media" nicht nur für Wahlerfolge/-mißerfolge verantwortlich gemacht werden und das ein Thema auch hier ist bzw. wird. Dabei wird allerdings ein Aspekt im vorliegenden Stück vollständig ausgespart, der gerade die us-amerikanischen Medien beschäftigt: Wie quantitativ und qualitativ sog. Twitter-Bots nicht nur zur Memisierung Trump'scher Nachrichten beigetragen, sondern deren breite(re) Akzeptanz suggeriert haben. Derzeit halten wir bei einem Verhältnis 7 zu 1 dieser verwendeten Technik im Trump- gegenüber dem Clinton-Lager. Es ist, um es griffig zu sagen, Graswurzel vs. Astro-Turfing. Das ist auch ein klein wenig die Geschichte einer Facebook-Plattform, die sich hierzulande als "Anonymus" ausgegeben hatte. Im Kern ginge es dann um die Frage, inwieweit Wahlkampf algorithmisiert wird. Für die gelungene Übersetzung und den Zusammenhang mit "The Conversation", den ich aufgrund dessen herausgesucht habe, danke ich.
Nach dem Motto: lass uns mal was zu Trump und "Social" Media schreiben, das kommt immer gut. Ob der Text dann auch irgendeine Relevanz hat ist nicht so wichtig.
"Ich denke, die Forscher werden Trumps Wahlkampfstrategien noch jahrelang analysieren."
Warum denn das? Das haben die "Forscher" schon vor 8 Jahren gemacht - und zur Sicherheit vor 4 Jahren gleich noch einmal, Obama hat nämlich in seinen Kampagnen extensiv Social Media genutzt. Ist mir schleierhaft wie der Autor das übersehen konnte.
Aber naja, ein Professor für "Urheberrecht an der Drake-Universität in Iowa" ist vielleicht auch nicht gerade die Stelle wo man besonders viel Kompetenz über Social Media und Wahlkampfkampagnen vermutet.
<<Donald J. Trump Verified account @realDonaldTrump
The concept of global warming was created by and for the Chinese in order to make U.S. manufacturing non-competitive.
Retweets 104,224 Likes 65,669>> (2012)
Solche Tweets sind der Mainstream auf Twitter und selbst jene, die gegen Trump sind, alle jene, die alle diese rudimentären politischen Fragen gar nicht interessieren, alle jene, die nur glauben, das Portal liefere ihnen Informationen und Vorsprünge bei der täglichen Meinungsbildung, bei Arbeit, Sport und Spiel, machen mit.
Auch für das eigene Selbstbewusstsein, scheinen Tweets, Retweets und Likes absolut aufbauend zu sein. Dass alle Medialisten, völlig unabhängig von ihrer Ausrichtung, begeistert sind, versteht sich von selbst.
Mittlerweile gibt es "Twitter- Milliardäre", echte und vermutlich auch ein paar, die nichts anderes als ein Hoax sind: http://techxav.com/top-7-richest-billionaires-on-twitter/
Und es gibt diejenigen, deren Millionenvermögen eben in den Tweets selbst steckt.
The American Music Awards (AMAs) und alles was mit ihnen verbunden wird, stellen wohl die meistgesuchten Hashtags der westlichen und damit globalen Welt und Justin Bieber folgt gleich nach. - Also ist sie noch nicht untergegangen, diese Welt in der die Sonne gar nicht mehr untergehen kann, weil sie irgendwo immer zu sehen ist und offensichtlich auch nicht wesentlich erschüttert, mit und ohne den gewählten Präsidenten.
Dawei
Christoph Leusch
PS: Drake ist schon eine sehr gute Universität, Alter Linker und Professorin Shontavia Johnson muss sich vor unserer Sozialmedienkompetenz sicher nicht fürchten, geht es um Intellekt und Wissen.
Typischer Fall von Selbstüberschätzung und Überheblichkeit, so was zu posten: <<Aber naja, ein Professor für "Urheberrecht an der Drake-Universität in Iowa" ist vielleicht auch nicht gerade die Stelle wo man besonders viel Kompetenz über Social Media und Wahlkampfkampagnen vermutet.>>
Ich warte ergebenst auf Hinweise, wen sie denn gerne einmal zum Thema lesen wollen und welche Kompetenz dann entscheidend wäre, um die politischen Auswirkungen der Sozial- und Kurzmeldungsmedien zu beurteilen.
Beste Grüße
Christoph Leusch
"Ich warte ergebenst auf Hinweise, wen sie denn gerne einmal zum Thema lesen wollen und welche Kompetenz dann entscheidend wäre, um die politischen Auswirkungen der Sozial- und Kurzmeldungsmedien zu beurteilen."
Da müssen Sie einfach nur "Obama election campaign social media" in Ihre Suchmaschine eingeben und Sie finden ein paar Hundert.
Das war einfach. :)
Amtliches Endergebnis von heute:
Stimmen H. Clinton 61.325.547
Stimmen D. Trump 60.527.577
Anders ausgedrückt hat Clinton trotz einer Mehrheit von ~800 Tsd. Stimmen mit ~100 Tsd. Stimmen der Wahlmänner-Regelung verloren.
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