Es gab mal Zeiten, da war Klimaschutz ein wichtiges Thema der Bild. Wirbelstürme, Tropenhitze, Gletscherschmelze, Überschwemmungen: „Verursacher ist der Mensch!“, hieß es im April 2007. Gemeinsam mit dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, Greenpeace und dem WWF startete die Zeitung damals eine Klimaschutzkampagne: „JETZT müssen wir entscheiden: Wollen wir das Paradies, das uns einst geschenkt wurde, wirklich unwiederbringlich zerstören?“
Damals lief gerade der „heißeste und sonnigste April aller Zeiten“, so die Bild unter der Überschrift „Sahara Deutschland“. Das Blatt warnte vor einem „Neuen UNO-Schock-Bericht!“: „Jetzt kommen die Klima-Flüchtlinge – der Wasserman
f gerade der „heißeste und sonnigste April aller Zeiten“, so die Bild unter der Überschrift „Sahara Deutschland“. Das Blatt warnte vor einem „Neuen UNO-Schock-Bericht!“: „Jetzt kommen die Klima-Flüchtlinge – der Wassermangel treibt sie zu uns“. Die Bild am Sonntag setzte gar eine „Klima-Kommissarin“ ein, die Klimaschutz ganz praktisch machten sollte – in Büros, in der Betriebskantine, beim Chef. Und als der Weltklimarat IPCC im Jahr 2007 seinen 4. Sachstandsbericht zur Klimaforschung vorlegte, titelte Bild: „Nur noch 13 Jahre zur Rettung der Welt!“Im Jahr 2012, als von den 13 Jahren zur Rettung der Welt schon fünf vorbei waren, änderte sich der Ton in der Bild plötzlich. Unter der Überschrift „Die CO₂-Lüge“ heißt es nun: „Renommiertes Forscher-Team behauptet: Die Klima-Katastrophe ist Panik-Mache der Politik.“ Plötzlich war die Erderwärmung „seit 12 Jahren“ gestoppt. Was schließlich in der Forderung mündete: „Stoppt den Wahnwitz mit Solar- und Windkraft!“Die Sonne ist kalt und Windräder schlechtAn diesem Richtungswechsel gibt es mindestens zwei interessante Details: Erstens waren zwei der drei von Bild zitierten „renommierten“ Forscher gar keine Forscher, sondern Buchautoren. Der damalige RWE-Manager Fritz Vahrenholt hatte gemeinsam mit dem RWE-Manager Sebastian Lüning das Buch Die kalte Sonne vorgelegt und behauptet, dass der steigende Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre gar kein Problem sei. Bild druckte die Thesen, die von der Wissenschaft schnell widerlegt wurden, ungeprüft ab. Zweites Detail: 2012 war das Jahr, in dem Friede Springer Teile ihrer Aktien am Springer-Verlag an Mathias Döpfner übertrug, dessen steile Karriere vom Welt-Chefredakteur zum Quasiherrscher über den Springer Verlag damit programmiert wurde. Wie die Zeit-Leaks über Döpfner zeigen, ist der Mann ein Verharmloser der Klimaerhitzung: „Zivilisationsphasen der Wärme waren immer erfolgreicher als solche der Kälte. Wir sollten den Klimawandel nicht bekämpfen, sondern uns darauf einstellen“, schrieb der Verlagschef demnach intern. Zudem hasse er Windräder, so Döpfner.Und das blieb von der Bild-Redaktion offensichtlich nicht ungehört. Statt sich – wie 15 Jahre zuvor angemahnt – um die Rettung der Welt zu kümmern, lässt die Bild seit dieser Zeit keine Gelegenheit aus, gegen die Klima- und Energiewende zu hetzen. Mal lautet die Schlagzeile „Ökostrom-Irrsinn“, mal wird wegen der Energiewende „Strom noch teurer“. Und dann: „Die Deutschen wollen ihren Atomstrom zurück“. Mal fragt die Bild: „Wie viel Klimaschutz können wir uns leisten?“, ein anderes Mal rechnet sie vor: „Klimaschutz kostet uns 860 Milliarden Euro!“ Und dann ja auch noch dies: „Klimaschutz kostet hunderttausende Jobs“.Auch die „Welt“ machte mitFalsch zitieren, Fakten verdrehen, diffamieren, verleumden: Selbst ernannte „Naturschützer“ warnen in der Bild vor „Klimahysterie“, „Top-Experten“ vor der „Öko-Diktatur“, die „Klima-Chaoten“ betteln um Spenden. Und immer wieder startet die Bild Angstkampagnen, wie etwa gegen den Veggie-Day oder wie aktuell zum Austausch fossiler Heizungen. Doch nicht nur die Bild ist oft auf Wellenlänge mit dem Springer-Chef, wenn es um Klimaschutz und Energiewende geht. Auch die Welt berichtet gelegentlich ganz im Sinne von Mathias Döpfner: „Top-Ökonomen warnen vor den Gefahren des Klimaprimats“. Oder: „Kurzschluss bei der Energiewende“, so der Name einer Themenseite, die durch einen Beitrag des Kalte-Sonne-Buchautors Fritz Vahrenholt ergänzt wurde – über Windräder als üble Vogeltötungsmaschinen. Und jene Journalisten, die gerade noch im Leitartikel der Welt eine Reform des Weltklimarates forderten, tauchen dann später als „Naturschützer“ in der Bild wieder auf – um dort vor Klimahysterie zu warnen.Das dürfte sehr im Sinne des Springer-Chefs Mathias Döpfner gewesen sein. Tröstlich immerhin, dass sein Einfluss und der seiner Blätter begrenzt ist. Er schrieb: „Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.“ Muss hart sein für einen Konservativen, der 16 Jahre von einer konservativen Ostdeutschen regiert wurde. „Düstere Klima-Prognose: 1,5 Grad sind kaum noch zu schaffen“, titelte Bild 2022. Muss sich blöd anfühlen, wenn sich Journalisten auch bei Bild und Welt der Wahrheit verpflichtet fühlen, statt den Ansichten des Chefs. Und im ersten Quartal des Jahres lag der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bei 49,6 Prozent.