Der kommende Aufstand

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Wahrscheinlich hat ein Autorenkollektiv die Streitschrift 'Der kommende Aufstand' verfasst. Beim Erscheinen in Frankreich 2007 hat die kleine Schrift sofort Maßnahmen der Staatsmacht ausgelöst, die mehr oder weniger im Sande verlaufen sind. Hierzulande löst sie auch in den Feuilletons reichlich Diskussionen aus. Carl Schmitt wird bemüht, „Der Waldgang“ von Ernst Jünger sowieso. Linke finden sich wieder, Anarchisten auch. Es ist eine Streitschrift nicht mehr und nicht weniger. Als solche legen die Verfasser ihre geistigen Hände in die Wunden der Gesellschaft. Dabei sind die Gewaltfantasien abzulehnen und doch: gewaltfreier Widerstand wird wichtiger in einer Gesellschaft in der fast alles von der Gesundheitspolitik bis zu den Finanzmärkten aus dem Ruder läuft und die Republik zunehmend Lobbyisten überlassen wird. In einer Gesellschaft in der das Wort „alternativlos“ nicht nur ein Mode-wort, sondern der Ausdruck einer neoliberalen Politik ist, die schon fast diktatorische Züge angenommen hat. Hier und gerade in diesem Zusammenhang kann man die Argumente sehr gut verstehen und die Ohnmacht nachvollziehen. Das Manifest wird als „Links“ vereinnahmt, als „Rechts“ demaskiert. Dabei ist es eine Streitschrift aus der Mitte der Gesellschaft für die Mitte der Gesellschaft. In einzelnen Rezensionen wird auch auf das Buch „Der Waldgang“ von Ernst Jünger verwiesen und durch die Verweise eine Rechtslastigkeit dem besprochenen Buch unterstellt. Ich habe mir die Mühe gemacht bei Jünger nachzulesen dabei stand mir die Ausgabe „Der Waldgang“, Stuttgart, 13. Auflage 2008, zur Verfügung aus der ich hier zitiere:
'Wenn alle Institutionen zweifelhaft oder sogar anrüchig werden, dann geht die sittliche Verantwortung auf den Einzelnen oder, besser gesagt, auf denn noch ungebrochenen Einzelnen über.“ (S.81) „Es gibt also Lagen, die unmittelbar zur moralischen Entscheidung auffordern, und das vor allem dort, der Umtrieb seine tiefsten Wirbel erreicht.“ (S.82) „Nun leben wir in Zeiten, in denen täglich unerhörte Arten des Zwanges, der Sklaverei, der Ausrottung auftreten können … sei es, dass sie sich gegen bestimmte Schichten richten oder über weite Landstriche ausdehnen. Dagegen ist der Widerstand legal, als die Behauptung der menschlichen Grundrechte, die von den Verfassungen im besten Falle garantiert werden, die der Einzelne zu vollstrecken hat.“ Es ist schon ungemein wichtig, den Bedrohten an den Gedanken zu gewöhnen, dass Widerstand überhaupt möglich ist.“ (S.84) „Demgegenüber ist es wichtig, dass der Waldgänger sich in seiner Sittlichkeit, in seiner Kampfführung, in seiner Gesellschaft nicht nur deutlich vom Verbrecher unterscheidet, sondern dass dieser Unterschied auch in seinem Innersten lebendig ist.“ (S.85)

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Geschrieben von

niclas quinten

Schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Völlig egal, ob es veröffentlicht wird oder irgendeiner es liest. Status: Schreiber und Leser

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