Im gestrigen Heute Interview zwischen Claus Kleber und Herta Däubler-Gmelin versuchte Kleber zu suggerieren, dass es reiche, wenn eine große Zahl von Parlamentariern für ein Gesetz stimme – und das über alle Fraktionen hinweg – um eine demokratische und verfassungskonforme Lösung zu verabschieden. Eben nicht. Mehrheit – auch große Mehrheit – heißt noch lange nicht, dass ein verabschiedetes Gesetz der Verfassung entspricht. Mehrheit schlägt eben nicht Verfassung. Eine Vergemeinschaftung von Schulden, egal unter welchem Deckmäntelchen, ist nicht mit unserer Verfassung zu vereinbaren. Wir, die Deutschen, können nicht für die Schulden anderer Staaten haften.
Betrachtet man die Entwicklung dieser Krise und das Handeln der Kanzlerin, so ist dieses Handeln gekennzeichnet durch folgenden Ablauf: zuerst große Ablehnung, dann werden Bedingungen genannt unter denen man vielleicht seine Haltung ändern würde, dann eine lange Nachtsitzung und dann vor den Kameras eine leuchtende eiserne Kanzlerin, die letztlich nur Theater gespielt hat. Ihre Mitstreiter in der EU können sich letztlich darauf verlassen, dass die Kanzlerin am Ende zustimmen wird.
Aus diesem und anderen Gründen ist das Verfassungsgericht wichtig und wird das letzte Wort haben und das ist gut so!
Vielleicht könnte das Verfassungsgericht bei dieser Gelegenheit auch einmal zu der Schnelligkeit mit der solche Abstimmungsverfahren durchgezogen werden Stellung nehmen. Denn die Mehrheit der Abgeordneten gibt mehr oder weniger offen zu, dass sie von dem was dort verabschiedet werden soll, keine rechte Ahnung habe. Die paar Spezialisten in den jeweiligen Fraktionen sagen ebenso offen, dass die Regierung sie derartig unter Zeitdruck setze – oft kommen schwierige Texte kurz vor einer Sitzung – dass sie zum ernsthaften Aktenstudium keine ausreichende Zeit haben.
Kommentare 1
Mit dem ESM in der vorliegenden Form würde - mit tatsächlich für niemand absehbaren Folgen auch für den Frieden in Europa - auf bedrohlich undemokratische Weise von Brüsseler Bürokraten offenkundig und gezielt (u.a.) die tragende Säule für Stabilität des € endgültig gekippt, nämlich der Art. 125 Abs. 1 AEUV faktisch - ohne ordentliches Gesetzesänderungsverfahren - außer Kraft gesetzt. Bei solcher Vorgehensweise, gegen welche der Souverän, der Bürger als Wähler im Rechtsstaat mit seinem Votum für die Legitimation allen politischen Handelns auf der Grundlage der geltenden Gesetze, keinerlei Einflußmöglichkeit hat, wird unendlich viel - auch jenseits aller wirtschaftlichen Aspekte - auf lange Zeit, wenn nicht sogar irreparabel Schaden nehmen.
Solche Bereitschaft aber, rechtsstaatliche wie demokratische Grundprinzipien (fragwürdigen) Wirtschaftsinteressen zu opfern, war schon immer der Anfang von Übel in der Welt. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn eine große Zahl von Parlamentariern für ein (solches) Gesetz stimmt. Die „Mimikry der Masse“ mag insoweit vielleicht den einzelnen Parlamentarier in seiner persönlichen Verantwortlichkeit bei seinem politischen (Mit)Handeln, deswegen aber noch lange nicht davon berührte rechtstaatlich substantielle Gesetze bzw. die freiheitliche Gesellschaft zu schützen. Für Herrn Klebers „Suggestionsthese“ gilt (offensichtlich leider nach wie vor) „Die Geschichte lehrt die Menschen, daß die Geschichte die Menschen nichts lehrt“ (Mahatma Gandhi).