Sehr geehrter Herr Gabriel!

ein offener Brief So wird die SPD untergehen.

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Ihre Freitag-Redaktion

Sehr geehrter Herr Gabriel,

schon länger beobachte ich Ihren Weg und den Weg Ihrer Partei mit großer Sorge.

Vorweg: Sie haben die SPD (und auch Schröder) zu einem von rein von wirtschaftlichen Interessen gesteuerten Partei gemacht. Sie haben das Dictum der Bundeskanzlerin: „Die Demokratie muss der Wirtschaft dienen“ zu Ihrem eigenen gemacht.

Der größte Sündenfall der SPD in der jüngeren Vergangenheit waren die Hartz IV Gesetzte. Mit diesen Gesetzen ist die Angst in unsere Gesellschaft gekommen. Eine Angst vor dem Abstieg, die das Bürgertum auffrisst. Sie haben einen Überwachungsstaat geschaffen. Sie handeln nicht im Interesse der Bürger. Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse haben für die jungen Menschen dazu geführt, dass ihr Leben nicht mehr planbar ist. Die Angst vor dem Ende der Befristung macht die Menschen gefügig. Frau Nahles hat in Ihrem Amt plötzlich all das vergessen, was sie vorher am linken Flügel der SPD propagiert hat.

Sie hinterlassen ein Gesundheitswesen, das nur noch von Interessen gesteuert ist. (Wo ist eigentlich Herr Lauterbach geblieben?) Den Mut zu grundlegenden Änderungen haben Sie nicht. Bürgerversicherung, was ist daraus geworden?

Sie haben keine Vorstellungen wie Sie mit Industrie 4.0 umgehen wollen. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass in zehn Jahren mehr als 30 Millionen Bürger direkt oder indirekt und von staatlichen Subventionen leben. Grundlegende Änderungen sind notwendig und vergessen Sie die Dankverbote in Ihrer Partei und anderswo: Wie wäre mit dem bedingungslosen Grundeinkommen? Sie würden auf einen Schlag die ganzen Bürostuhlakrobaten in den Arbeitsagenturen, den Jobcentern und den Gemeindestellen abschaffen.

Die SPD trat einmal für gleiche Bildungschancen für alle ein. Auch dieses Thema hat Sie beerdigt. Das Bildungssystem ist genauso marode wie die Schulen in denen es praktiziert werden soll.

Der Neoliberale Privatisierungswahn nimmt einen neuen Anlauf. Die Autobahnen sollen in eine Gesellschaft überführt werden an der sich dann Banken und andere Kapitalgeber beteiligen sollen. Abgesehen davon, dass die Bürger in all den Jahren diese Autobahnen finanziert haben, macht die von Dobrindt verfolgte Maut jetzt erst Sinn, denn je höher die Mauteinnahmen sind desto mehr Ertrag erhalten die Anteilseigner. Ich erwarte, dass Sie auch bei diesem Thema umfallen werden.

Sehr geehrter Herr Gabriel, die Liste ließe sich leicht verlängern. Die SPD unter Ihrer und der Führung von Schröder hat sich zu einer rein an wirtschaftlichen Interessen orientierten Partei verändert und ist in ihrer Beliebigkeit nicht mehr wählbar. Sie werden mit einem Wahlergebnis um die 20 Prozent leben müssen. Sie werden den Scherbenhaufen nicht zusammen kehren. Es werden andere tun müssen und die SPD wird zu einer Minderheitenpartei werden. Sie werden aufgrund Ihrer sich ständigen verändernden Haltung nicht mehr führen können. Eine an den Interessen des Bürgers und der Arbeitnehmerschaft orientierten Partei SPD gibt es nicht mehr.

Die AFD ist in erster Linie nicht durch die CDU stark geworden, sondern durch die komplett gesichtslose SPD. Leider ist die Linke im Lande so zerstritten, dass Sie sich nicht auf eine konkrete Politik einigen kann und die Grünen sind vor lauter Machtgedanken weit von den Grundsatzpositionen entfernt und werden zu einem Kretschmann-Wahlverein.

Europa wird still oder laut zerfallen. Man kann Leuten wie Juncker und Oettinger nicht Europa überlassen. Hier fehlt auch jede die Bürger mitnehmende Perspektive. Das Wort: „Wir haben die Bürger nicht mitgenommen" kann ich nicht mehr hören. Diese Satz impliziert, wir handeln richtig und haben es nicht richtig erklärt. Dabei sollten die Positionen überdacht werden und nicht die mangelnde Auffassungsgabe der Bürger bemängelt werden.

Sehr geehrter Herr Gabriel, Ihnen traue ich ein grundlegendes Neudenken in der Politik nicht mehr zu. Sie sind ein Vertreter der alten Politik, die nur an den Symptomen operiert. Ein Krebsgeschwür muss rausgeschnitten werden. Mutig, mit Verstand sollte eine Politik sein. Diese Politik sollte die Zukunft im Blick haben und nicht erst dann handeln, wenn die Probleme so groß werden, dass sie nicht mehr zu übersehen sind. Sie und die SPD unter Ihrer Führung werden das nicht leisten können.

Viele Bürger wären sicherlich zu Mitarbeit an neuem Denken bereit, allein die Überzeugung fehlt, das es gewollt ist.

Mit freundlichem Gruß, niclas quinten

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Geschrieben von

niclas quinten

Schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Völlig egal, ob es veröffentlicht wird oder irgendeiner es liest. Status: Schreiber und Leser

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