Mein Hund Chibi ist klein, sehr klein. Er ist eine Mischung zwischen Chihuahua und Prager Rattler und sieht fast wie ein geschrumpfter Schäferhund aus. Er trägt kein Schleifchen im Haar oder glitzernde Anhänger um den Hals. Trotzdem komme auch ich nicht umhin, ihn ab und zu mit mehr oder weniger nützlichen Accessoires zu verwöhnen. Auch wenn ich anfangs dagegen war, sehe ich mittlerweile ein, dass eine Jacke im Winter bei so einem kleinen Hund Sinn macht. Auch wenn es Luxus ist, gesunde Leckereien kaufe ich ihm einfach gerne. Und Gelegenheit dazu gibt es immer häufiger. Shops für alles rund um den Hund sind in vielen Städten längst an jeder Ecke zu finden. Auch in Berlin.
Gemeinsam mit Chibi mache ich mich auf den Weg: Shoppingtour durch die Hauptstadt, wo es mit 100.000 gemeldeten plus gefühlt 50.000 ungemeldeten Hunden eine große potentielle Kundschaft gibt. Mein Stammladen heißt schlicht „Zoo-Handlung“ und wird von Frau Stahn geführt. Die 64-Jährige arbeitet seit 1973 als Zoofachhändlerin, den Laden im Prenzlauer Berg führt sie seit 2001. Er existiert seit 1947. Das Geschäft ist eng und vollgestellt, es gibt Raritäten wie Rindernasen oder -kehlköpfe, außerdem frisches Fleisch tiefgekühlt und allerlei Zubehör für Hunde, Katzen und Nager. Neckische Accessoires sucht man hingegen vergeblich. „Der Hund muss Hund bleiben“, ist Renate Stahns Motto. Shampoo für Hunde ist das höchste der Gefühle, Katzenshampoo findet sie jedoch „abartig“. Die seien von Natur aus reinlich genug.
Getrocknete Hühnerfüße
Durch die vielen neuen Tierlifestyle-Geschäfte fühlt sie sich aber nicht bedrängt. Eher durch große Ketten oder das Internet. „Die Leute lassen sich bei mir beraten und bestellen hinterher im Netz. Aber zum Glück habe ich viele Stammkunden, die mir die Treue halten“, erklärt Renate Stahn. So wie Chibi und ich – getrocknete Hühnerfüße oder tiefgekühlten Blättermagen, seine Leibspeise, findet man hier immer.
Albernheiten kommen auch bei Christine Sieber nicht in den Laden. Die gelernte Fotografin verkauft seit 2007 in ihrem Laden „Hauptstadthund“ selbstgebackene Leckerli und selbstgenähte Accessoires. Ihre Grundregel lautet: „Keine Vermenschlichung der Hunde.“ Der Laden im Bötzow-Viertel ist großzügig geschnitten und hell eingerichtet. Neben hochwertigen Lederhalsbändern und -leinen gibt es praktisches Signalzubehör für nachts. Außerdem bietet die 32-Jährige ihre Fotokünste an: Etwa einmal pro Woche verwandelt sie den Laden in ein Studio und lichtet Hunde ab. Ihr Weimaraner Elvis bewacht den Laden lautstark, damit sich auch andere Hunde hineintrauen können, wird er hinter den Tresen gesperrt. Als fünf winzigkleine Prager Rattler den Laden betreten, fühlt Chibi sich bedrängt und markiert „sein“ Revier, er pinkelt an ein Regal. „Kein Problem“, sagt Sieber und lacht.
Strass und Klunker werden bei ihr weder verkauft noch verlangt. Ihre Theorie: „Dieses Klientel findet sich eher im Westen, zum Beispiel in Charlottenburg. Dort sind die Kunden älter und die Hunde kleiner...“ Generell haben es ihrer Meinung nach Hundeläden in Berlin schwerer als in westdeutschen Städten. „In Wiesbaden, München oder Hamburg brummt das Geschäft richtig, hier muss man einen langen Atem haben.“ Wenn ein Hund friert, findet sie Jacken in Ordnung – ein Dirndl für Frauchens Liebling dagegen findet sie überflüssig. Die Frage nach einem Hundebuggy, um den Hund spazieren zu fahren, hat Christine Sieber einfach nur amüsiert.
Weit über Berlin hinaus bekannt ist Sandra Zeihers „doggieshop“, ebenfalls im Osten der Stadt, den sie seit 2000 führt. Stammkunden kommen sogar aus der Schweiz, um sich von der 44-Jährigen beraten zu lassen. „Und einmal ist ein Scheich aus dem nahen Osten mit drei Autos vorgefahren, da war ich baff“, erzählt sie. Bei ihr gibt es auch das eine oder andere Glitzerschmuckstück. Für besondere Anlässe findet Zeiher auch mal Frack oder Fliege angemessen. Trotzdem ist auch sie eine Gegnerin der Vermenschlichung der Tiere. „Hunde gehören nicht in die Handtasche und auch nicht aufs Katzenklo“, da sei sie rigoros. Sie selbst hat zwei Mischlinge von der Straße und setzt sich für artgerechte Haltung ein. Einen Kunden, dessen Hund kupierte Ohren hatte, verwies sie des Ladens. Hundeparfum oder gar Hundechampagner gibt es hier nicht. Dafür hat sie die größte Auswahl an Hundekotbeuteln in Berlin und beliefert Gemeinden, Städte, Campingplätze und Hotels damit. Sogar die Bundeswehr hat für Afghanistan schon beim „doggieshop“ Kotbeutel geordert. Die Mienensuchhunde in den Lagern hinterlassen eben auch Häufchen, welche die Soldaten dann brav beseitigen müssen.
Lederhose für Modebewusste
Als Chibi sich neugierig in dem 160 Quadratmeter großen Laden umschaut, warnt mich die Besitzerin: „Was markiert wird, muss gekauft werden!“. Ich leine meinen kleinen Begleiter lieber schnell an. Bei Betten, die bis zu 200 Euro kosten, ist mir so ein bisschen Hundepippi dann doch zu teuer. Dafür engagiert sich Sandra Zeiher aber auch sozial, ihre Auszubildenden sind alle sozial benachteiligt. „Schlechte Noten bevorzugen wir“, sagt sie und lacht.
Zu guter Letzt wagen wir uns doch noch in den tiefen Westen vor und statten „Koko von Knebel“ im KaDeWe einen Besuch ab. Erste Hürde: Hunde dürfen in das Kaufhaus nicht hinein, es sei denn, man trägt sie auf dem Arm. Chibis 3,8 Kilogramm machen mir da wenig Probleme, doch wie bewältigt ein Kunde mit einem 80 Kilo schweren Bernhardiner diese Hürde? Bei „Koko von Knebel“ findet man all das, was es im Osten nicht gibt: Sei es „Exclusive Cream Conditioner“ fürs Hundehaar, ein Halsband mit Glitzersteinen für 199 Euro, eine Lederhose für den modebewussten Hund oder ein original KPM Napf Set für 1.195 Euro. Luxus für den treuen Begleiter. Zum Glück ist mein Hündchen bescheiden und kommt auch ohne Conditioner im Fell ganz wunderbar zurecht.
Dieser Text ist Teil unseres Tierspezials. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie durch einen Klick auf den spionierenden Hund
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