Märchenonkel Staat

Putin vs. Nawalny Wie sich der Zynismus als zentrales Stilmittel der gegenwärtigen russischen Politik offenbart
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 06/2021
Wer viel russisches Fernsehen guckt, sagt irgendwann fast zwangsläufig: „Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll“
Wer viel russisches Fernsehen guckt, sagt irgendwann fast zwangsläufig: „Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll“

Foto: Dimtar Dilkoff/AFP/Getty Images

Ich war vor einigen Jahren im Perm-36, dem einzigen russischen Gulag-Museum, das sich auf dem Gelände eines ehemaligen Arbeitslagers befindet. Einmal wurde mir dort ganz anders: In einer speziellen Strafzelle gab es Metallgitter, an denen sich Gefangene mit bloßen Händen festhalten mussten – im Winter, bei bis zu 30 Grad unter null. Ihre Hände froren an diesen Gittern fest, erklärte mir meine Reiseführerin, ihre Haut riss ab, wenn Wachen sie gewaltsam lösten.

Knapp hinter mir gingen zwei stämmige Männer, auch sie hörten diese Geschichte. „Warum haben die Wachleute das so kompliziert gemacht?“, fragte anschließend der eine. Der andere sagte laut: „Ja, wozu so viel Aufriss um Verräter? Einfach alle an die Wand