Philosophie der Flucht

Vertiefung Giorgio Agambens Homo sacer ist die Figur der Stunde. Richtig schlau wird man aber erst bei einem anderen Denker
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 35/2015
Der ausgestoßene Mensch bewohnt ein Niemandsland, hier vor Ventimiglia, Italien
Der ausgestoßene Mensch bewohnt ein Niemandsland, hier vor Ventimiglia, Italien

Foto: Valery Hache/AFP/Getty Images

Wer dieser Tage nach Lampedusa, Calais oder Kos, an die mazedonische oder ungarische Grenze oder auch nach Dresden, Freital oder Heidenau blickt, dem wird schwerfallen, die Beschwörung vom „Europa der Werte“ nicht als leere Phrase, ja womöglich sogar als bloßen Zynismus zu begreifen. Überladene Boote, die wöchentlich im Mittelmeer kentern; schwer ausgerüstete Polizisten, die selbst auf Familien mit Kindern einprügeln; randalierende Rechtsextreme, die Asylunterkünfte attackieren: All das gehört für Flüchtlinge zur europäischen Realität. Vor diesem Hintergrund scheint es kaum verwunderlich, dass momentan eine Theorie an Dringlichkeit gewinnt, die vom vielleicht radikalsten und dunkelsten Denker der Gegenwart formuli