Wer spaltet hier?

Debattenkultur „Identitätspolitik“ ist auch in linken Kreisen zum Schimpfwort geworden. Die Kritik geht völlig fehl
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 34/2019

In besonders hitzigen Debatten offenbart sich eine Dialektik der Aufregung: Je zuverlässiger man sich über eine Sache empört, desto eher gerät sie aus dem Blick. Oder anders gesagt: Wo Kritik zu reflexhafter Routine wird, löst sie sich zunehmend von ihrem eigentlichen Gegenstand. Besonders gut lässt sich das anhand der anhaltenden Kontroverse um die Identitätspolitik beobachten. Letztere firmiert bei ihren – auch linken – Gegnern nämlich meist nur noch als Chiffre, unter der eine ganz Reihe von amorphen und karikaturesk überzeichneten Vorwürfen verbucht wird. Der Kampf um Anerkennung durch Minderheiten sei demnach die narzisstische und gefühlsduselige Obsession einer Linken, die mit ihrem Insistieren auf gruppenspezifische