Männer, die auf Brüste starren

Feigenblatt Bild will in Zukunft auf eigene Oben-ohne-Produktionen von Frauen zu verzichten. Das klingt zwar gut, doch die Zeitung wird auch in Zukunft weiter sexualisieren
Das Mittel der Sexualisierung wird weiterhin zum Markenkern der "Bild" gehören
Das Mittel der Sexualisierung wird weiterhin zum Markenkern der "Bild" gehören

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Wenn das mal keine gute Nachricht ist: Zu Wochenbeginn verkündete die Bild-Redaktion, in Zukunft auf eigene Oben-ohne-Produktionen von Frauen zu verzichten. Mit der interessanten Begründung, dass den Verantwortlichen in den vergangenen Monaten aufgefallen sei, dass Frauen solche Bilder als kränkend oder herabwürdigend empfänden.

Was haben die nur in all den Jahren davor gemacht? Also außer Frauen Mieze zu nennen und sich sinnbefreite Textschnipsel für Fotos von halb nackten und ganz nackten Frauen aus den Fingern zu saugen?

So gut sie auch klingt, am Ende ist die Nachricht alles andere als wohlmeinend. So darf man getrost davon ausgehen, dass das Boulevardblatt weiterhin minderjährige Töchter von Promis objektifiziert und sexualisiert kommentiert, „wie heiß die denn geworden“ seien. Ebenso wenig wird Bild darauf verzichten, neben einem problematischen Frauenbild ein ähnlich problematisches Männerbild zu transportieren: Wieso müssen Hetero-Männer ständig diejenigen sein, die auf Brüste starren wollen? Und wieso wird Männern in dem Blatt neben Nachrichten auch weiterhin „zeitgemäße Erotik“ zur Unterhaltung angeboten? Warum müssen Inhalte und Objekte jedweder Art für Männer ständig mit Frauen aufgehübscht werden?

Bild hat darauf eine eindeutige Antwort. Sie findet, dass erotische Kunst und Fotografie eine große Errungenschaft der freien Gesellschaft seien. Das ist zweifellos richtig. Manche Museen wären leer gefegt, würde man Werke mit erotischer Note eliminieren.

Trotzdem bleiben Fragen: Indem Männer bei der Zeitungslektüre der per­manenten Aufforderung nachkommen, auf weibliche Brüste zu starren, mar­kieren sie sich also als Unterstützer einer freien Gesellschaft? Tittenglotzen für den Erhalt der liberalen, aufgeklärten Demokratie?

Die Gesellschaft wird nicht dadurch freier, dass Männer bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf Brüste starren (müssen). Beim Medienkonsum, im TV-Vorabendprogramm, auf dem Weg zur Kita vorbei an fragwürdigen Billboards. Die Gesellschaft wird nur sexistischer. Weil sie Frauen wie Dinge neben Dinge stellt – um sich anschließend scheinheilig darüber zu wundern, dass Frauen wie Dinge behandelt werden. War die Gesellschaft über diesen Punkt nicht längst hinaus? Es geht nicht um Nacktheit und Erotik, sondern um den sexistischen Mechanismus, weibliche Nacktheit und Erotik für jeden noch so absurden Zweck einzusetzen und zu missbrauchen.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden