Auf zur Gewerkschaft!

Arbeitskampf Hello Fresh ist einer der großen Gewinner der Pandemie. Nur haben die Arbeiter nichts von diesem Erfolg. Jetzt wollen sie sich endlich zur Wehr setzen
Ausgabe 45/2021
In Lagerhäusern in Kalifornien, Colorado und New Jersey haben Arbeiter*innen angekündigt, eine Gewerkschaft gründen zu wollen
In Lagerhäusern in Kalifornien, Colorado und New Jersey haben Arbeiter*innen angekündigt, eine Gewerkschaft gründen zu wollen

Foto: imago/Pacific Press Agency

Hello Fresh, ein deutsches Dax-Unternehmen aus Berlin, gehört zu den Corona-Gewinnern. 2011 mithilfe von Rocket Internet (u. a. Beteiligungen an Zalando, Delivery Hero) in Deutschland gegründet, stieg Hello Fresh schnell zum größten Kochbox-Lieferanten auf, ist vor allem in den USA sehr erfolgreich und bei Besserverdienenden, die Geld für gesundes Essen ausgeben und Zeit zum Einkaufen einsparen wollen. Seit 2017 ist Hello Fresh an der Börse und hat heute weltweit über 6.000 Beschäftigte.

Während der Pandemie erlebte der Abo-Service einen erneuten Boom. Die Gewinne sollen sich 2020 auf zwei Milliarden Dollar verdoppelt haben. Davon profitieren die Anleger, nicht aber die Arbeiter*innen, die die Kisten zubereiten, packen sowie ausliefern müssen und schon vor der Pandemie von mangelnder Arbeitssicherheit berichteten. Dem Magazin Vice erzählt jetzt eine Arbeiterin von Covid-19-Ausbrüchen, Verletzungen und Arbeitsdruck in den US-Lagerhäusern. Mit einer kleineren Belegschaft als vor der Pandemie habe sie mehr Boxen packen müssen, von verhinderten Pausen zum Wassertrinken oder für die Toilette ist die Rede. Andere berichten, dass ihr Lohn nicht reicht, um die Miete zu bezahlen. Die Service- und Logistikindustrie, zu der Hello Fresh gehört, boomt seit Jahrzehnten, davon merken die Arbeiter*innen aber mehrheitlich nichts. Die Pandemie hat die Schere zwischen Anlegern und Arbeiter*innen verschärft. Bisher fehlt es aber an starken Gewerkschaften und dem entsprechenden Organisierungsgrad unter den Arbeiter*innen, um ihre Interessen durchsetzen zu können.

Das könnte sich jetzt ändern: In Hello-Fresh-Lagerhäusern in Kalifornien, Colorado und New Jersey haben 1.300 Arbeiter*innen angekündigt, eine Gewerkschaft gründen zu wollen. Der entsprechende Antrag beim National Labor Relations Board wurde bereits eingereicht. Damit sind sie nicht alleine: denn ihre Kolleg*innen von den Gorillas in Berlin, der deutsche Einzelhandel und die US-Kollegen bei Trader Joe’s, Whole Foods und Amazon kämpfen ebenfalls für bessere Arbeitsbedingungen, Arbeitsschutz, höhere Löhne und organisieren sich gewerkschaftlich. Die Kämpfe in der Branche werden mehr.

Die organisierten Arbeiter*innen von Hello Fresh in den USA berichten bereits, dass das Unternehmen versucht, die Gewerkschaftsgründung zu verhindern. Nicht die einzige Parallele zwischen Hello Fresh und Amazon. Wer von Deutschland aus den Hello-Fresh-Arbeiter*innen in den USA helfen will, kann eine Petition an den dortigen CEO unterschreiben, leicht zu finden mit den Suchbegriffen „Support HelloFresh Workers Organizing a Union!“ im Netz.

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