Schafft es die EU, dass Apple Steuern zahlt?

Wille und Algorithmus Eine neue Digitalsteuer wird die Internetriesen wohl höchstens ein wenig ärgern
Ausgabe 45/2018
Wenn es um Steuern geht, ist bei den Internetgiganten der Wurm drin
Wenn es um Steuern geht, ist bei den Internetgiganten der Wurm drin

Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP/Getty Images

Die Digitalsteuer versetzt europäische Technologie-Firmen in Angst und Schrecken. Vergangene Woche veröffentlichten 16 Unternehmen, darunter auch Zalando und der deutsche Sitz von Spotify, einenoffenen Brief an die EU-Finanzminister, in dem sie warnten: So, wie die Digitalsteuer derzeit geplant sei, gefährde sie das Wachstum europäischer Firmen und schwäche ihre Wettbewerbsfähigkeit. Und: Die Digitalsteuer treffe nicht diejenigen, die sie eigentlich treffen solle. Mit Letzterem haben sie sogar recht.

Vor einem Jahr hatten die europäischen Finanzminister beschlossen, Internetkonzerne in der EU mit einer besonderen Art der Abgabe zu belegen: 3 Prozent Steuer auf den Umsatz von Firmen, die mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz weltweit und mehr als 50 Millionen Euro Online-Umsatzin Europa erwirtschaften. Sogar dem Tech-Sektor und seinen Geschäftsmodellen gegenüber sehr aufgeschlossenen Politikern wie dem französischen Präsidenten Macron war zu Ohren gekommen, dass Unternehmen wie Google und Facebook zwar in europäischen Ländern einen Großteil ihrer Milliarden-Umsätze verdienen, aber wesentlich weniger Steuern (zwischen 8 und 9 Prozent) bezahlen als herkömmliche Unternehmen (mehr als 20 Prozent). Besonders ins Auge gestochen war dabei die Firma Apple, die – angelockt von niedrigen Steuern – von ihrem Recht Gebrauch machte, den für sie steuerlich günstigsten Standort auszuwählen, und so in Irland landete. Immerhin: Andere Unternehmen haben ihren Sitz in Kalifornien oder in Liechtenstein, wo das Besteuern in der EU gleich ganz ausfällt.

Doch zurück zur Kritik an der Treffsicherheit der Digitalsteuer in ihrer derzeitigen Form: Ein Unternehmen wie Airbnb, das sein Geld mit Vermittlungsgebühren verdient, wäre wohl nicht betroffen. Ähnlich Facebook und Google: Sie erwirtschaften einen Großteil ihrer Gewinne durch Werbung und den Verkauf von Datensätzen, auch das fällt nicht in den Bereich der Umsatzsteuer von Online-Verkäufen. Für die „großen Fünf“, also Apple, Microsoft, Google, Facebook und Amazon, dürfte die Digitalsteuer höchstens ein Ärgernis werden. Sie zu besteuern, wird mit dem derzeitigen Zuschnitt sehr schwer werden.

Andere Tech-Unternehmen – die Briefeschreiber – würden zur Kasse gebeten, weil ihre Umsätze hoch genug sind, auch wenn sie keine Profite erwirtschaften. Das hat damit zu tun, wie viele der Tech-Unternehmen operieren, und beschreibt den Markt, auf dem sie das tun: Die Umsätze mögen groß sein, die Profite sind es oft nicht, weil digitale Firmen stärker als herkömmliche auf Wachstum und Marktbeherrschung aus sind und teilweise über Jahre oder sogar Jahrzehnte Verluste machen.

Es ist natürlich nicht falsch, Unternehmen wie Zalando und Spotify stärker zu besteuern, ganz im Gegenteil, ihre Kritik ist aber insofern richtig, als viele andere Firmen hier zwar räubern, aber nichts dalassen. Fraglich bleibt, ob das Gesetz dafür überhaupt gemacht werden sollte. Denn nicht nur die Steuer selbst geht nicht weit genug: Man will die Tech-Unternehmen auf keinen Fall verschrecken, sondern bloß verhindern, dass ein EU-Land mehr an ihnen verdient als andere. Auf Lösungen, wie verhindert werden kann, dass die großen fünf Tech-Unternehmen immer mächtiger werden, dass ihre Geschäftsmodelle, gerade die von Facebook und Google, auf Überwachung und Einflussnahme ausgerichtet sind, dass Firmen wie Amazon ihre Arbeitsbedingungen ändern oder Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz abschaffen, darauf warten wir derzeit vergeblich.

Nina Scholz arbeitet für Radiosender und Printmedien. Sie ist Autorin des Buches Nerds, Geeks und Piraten. Digital Natives in Kultur und Politik

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