„Wir zahlen nicht“: Nebenkosten bestreiken!

Kolumne Politik von unten Ein neues Bündnis will die Mietenbewegung ausweiten: Die Initiative „Wir zahlen nicht“ ruft zum Nebenkosten-Streik
Ausgabe 04/2023
Wenn sich Hausgemeinschaften zusammenschließen, können sie vielleicht etwas erreichen
Wenn sich Hausgemeinschaften zusammenschließen, können sie vielleicht etwas erreichen

Foto: Imago/blickwinkel

Egal ob beim Einkauf, für ein Bier in der Kneipe oder die Warmmiete – die Kosten steigen und steigen. Aber: Da kann man wohl nichts machen. Es ist Krieg. Und ein Naturgesetz. So hört man es jeden Tag in den Nachrichten. Und so fühlt es sich für die meisten von uns auch an: Wann hat es zuletzt eine tatsächlich spürbare soziale Verbesserung gegeben, wann hatten wir keine Angst mehr, wann hatte eine Demo, eine Forderung Nachhall? Die Initiative „Wir zahlen nicht“ mit Vorbild in Großbritannien – „Don’t Pay UK“ – will jetzt aus der Angststarre heraushelfen. Das langfristige Ziel ist es, mit einer Million Menschen einen Nebenkostenstreik zu initiieren.

Die Idee: Wenn genug Menschen zusammen streiken, können sie sich gegenseitig schützen vor Rauswurf und Kündigung, denn ein Miet- oder Nebenkostenstreik ist in Deutschland alles andere als legal. Damit schließen sie an ungelöste Fragen der Mietenbewegung an, denn welche Möglichkeiten bleiben Mieter*innen denn, wenn öffentlicher Protest oder der Appell an Politiker*innen nicht ausreichen, um ihr Zuhause zu schützen? Ob das gelingt?

„Wir zahlen nicht“-Sprecherin Lena Deich kann sich bereits jetzt niedrigschwellige Aktionen vorstellen: „Es kann auch schon erst mal Warnstreiks geben oder lokale Streiks. Wenn sich besonders viele Menschen in einer Region zusammentun, könnte man den lokalen Energiekonzern bestreiken.“ Die größte Hürde wird darin bestehen, betroffene Menschen aus dem Gefühl der Ohnmacht zu lösen und davon zu überzeugen, dass ein Nebenkostenstreik erfolgreich sein kann. Geplant ist, direkt auf die Menschen zuzugehen – durch Haustürgespräche und die systematische Organisierung in Nachbarschaften. Damit geht die Initiative einen Schritt über die auf den ersten Blick vergleichbaren Kampagnen der vergangenen Jahre hinaus, die sich häufig auf die Mobilisierung der schon Politisierten beschränkten.

Die „Wir zahlen nicht“-Initiative hat sich aber noch ein weiteres, ehrgeiziges Ziel gesetzt: „Die aktuelle Strompreisbremse bedeutet teuren Strom für uns und Milliardengewinne für die Konzerne. Wir wollen durchsetzen, dass die Energieversorgung vergesellschaftet und auf erneuerbare Energie umgesattelt wird.“ Das wäre vielleicht auch eine Brücke zur Klimabewegung. Ich wünsche mir jedenfalls, dass sich viele lokale Gruppen davon überzeugen lassen, zumindest darüber nachzudenken und vielleicht sogar mitzumachen. Denn egal, ob es am Ende zum bundesweiten Streik kommt oder nicht, was sollen wir anderes machen als uns gegenseitig zu unterstützen, die Ohnmacht, die uns befallen hat, zu überwinden?

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