Gut ein Vierteljahr vor dem 2. Juli 2017, am 16. März, als die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin noch ein lebendiger kultureller Ort war und noch nicht Beute der internationalen High Society, goss, so wurde mir an diesem Abend in der Kantine der Volksbühne taufrisch berichtet, ein bekannter Schauspieler des Hauses einem gewissen, im Sternfoyer der Volksbühne sich aufhaltenden Tim Renner (SPD) Bier über den Kopf, verbunden mit der unmissverständlichen Aussage, er solle sich gefälligst in der Volksbühne nie wieder blicken lassen! Wahrscheinlich lief dazu die Musik von Rammstein. Diese Tat wurde, wie ich feststellen konnte, in der Folge ganz allgemein begrüßt. Jemand sagte lachend in der Kantine, Bier sei durchaus als Schädlingsbekämpfungsmittel geeignet, ein anderer gab eine Anekdote zum Besten über den Kampf gegen Kakerlaken in der Unterbühne, vor allem in alten Bühnenprospekten seien sie zu finden, und dann machte er noch mit den Fingernägeln dieses Geräusch nach, wenn man die Viecher zerknackt. Galgenhumor, keine Frage, denn der Schaden war ja schon angerichtet, die Volksbühne als einst von Arbeitern gegründetes Theater, als Stadttheater, als Bühne für das Volk, als Theater mit einem Ensemble, als Repertoiretheater war bereits der Vernichtung preisgegeben, eine nicht unbedingt einsame, vielmehr mit allerlei Köpfen abgestimmte Entscheidung jenes bedauernswerten Tim Renner in seiner Zeit als Kultursenator. Da kannste machen nix! Oder jedenfalls nix helfen das. Ein Nazi im Amt des Kultursenators hätte das nicht besser hingekriegt, denke ich mal, das Ausschalten freier künstlerischer Arbeit, das Inbetriebsetzen eines Veranstaltungsortes zwecks politisch folgenloser Bespaßung eines Eventpublikums – Chapeau, Herr Renner. Nun gut, vielleicht hätte der Nazi keine belgische Marionette als Intendant eingesetzt, sondern eine deutsche, kann schon sein, aber sonst … Ihresgleichen jedenfalls, Herr Renner, die international agierende Kulturschickeria, jubiliert (der Link führt direkt zu dem Aufruf dieser Leute zur Unterstützung des nächsten Intendanten, Chris Dercon, und natürlich ist das Original in englischer Sprache abgefasst, klar, schließlich geht es ja um die Abwicklung eines deutschsprachigen Stadttheaters). Übrigens gab es auch krasse Kommentare zum Bierguss, die den Renner nicht nur als Schädling und Theaterzerstörer betitelt haben wollten, sondern ihm auch noch alles mögliche an den Hals wünschten, nicht zuletzt eine spezielle Behandlung, die man ihm gerne angedeihen lassen wolle … und so weiter und so weiter, Sie wissen schon, packt man Renner und Dercon in einen Sack … Geschenkt! Irgendwann sagte dann jemand mit allergrößter Ruhe und Überzeugung, der Renner sei für ihn gestorben und liege sozusagen klaftertief unter der Erde, und damit war das Thema an diesem Abend durch, Volksbühne bald tot, Renner tot, das schöne Wort „klaftertief“ mal wieder vernommen, am Tresen noch ein paar Bier geholt und weitergemacht …
Die Volksbühne Berlin – Ruhe in Unfrieden!
Das Ende der Volksbühne
Die Volksbühne Berlin ist nun bald tot und Tim Renner ist es auch irgendwie. Eine kleine Anekdote angesichts des Endes des einst von Arbeitern gegründeten Theaters
|
Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community
11:15 30.06.2017
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Kommentare 14
Danke für den Text!
Bin als Wessi zwar nicht so tief im Thema, aber eine gute Bekannte und ihres Zeichens nicht nur Ossi, sondern auch mit der ehemaligen DDR-Kulturszene gut vernetzt, sie hat mir dahingehend die Augen geöffnet, mich verstehen lassen.
Klar, Stefan Heym war beileibe kein Einzelfall und Daniela Dahn hier beim Freitag auch nicht lange Herausgeberin.
Da wird BRD-mäßig geschliffen, was zu schleifen ist.
Was in der Tat mit am meisten schmerzt ist, dass ein Ort zum Experimentieren tatsächlich nicht etwa einem Theatermacher als Intendanten zur Verfügung gestellt wird, der sich auf Haus, Stadt und Kiez einlässt, sondern mit Chris Dercon einem Kulturmanager, der an diesem Teil Berlins wohl kaum besonderes Interesse hat (er wohnt auch natürlich weit weg in Zehlendorf) und so die Idee und Funktion eines Stadttheaters untergräbt. Zudem wird mit dem Auslöschen der Arbeit unter der Leitung von Frank Castorf auch der ja noch bestehende Bezug Ostberlins zur DDR-Zeit und vor allem auch der zur Kultur Osteuropas getilgt – es war ja kein Zufall, dass Castorf Dostojewski und Bulgakow bearbeitete und spielte, aber eben auch Tennessee Williams und Sartre, eben weil das alles zu tun hat mit Berlin.
Jedenfalls werden, so ist zu befürchten, Politiker einer bestimmten Provenienz, die so gerne z.B. aus Potsdam ein Püppchenstadt ohne DDR-Bauten und aus Teilen Berlins einen Ort für Menschen wie vom Reißbrett machen wollen, nicht aufhören, gewachsene Strukturen zu zerstören für ihre Vorstellung von einer schönen neuen Welt. Wollen wir mal hoffen, dass es noch gelingen kann, diese Leute zu stoppen!
.... der Kulturkommerz als latentes Monstrum, welches seine Kindlein nach Belieben zu fressen gedenkt, oder sich schmückend an den Busen klemmt, ist latent, ja immanent
verwoben, mit den Arschlöchern im Boden, in die zu kriechen hat, wer je ein Werk zu andern zu tragen vor hat!
Die Volksbühne war bevölkert von kreativen, doch letztlich eben auch eitlen Gecken, die nun von weniger kreativen, aber kommerziell sandgestrahlten, ja strahlenden, da pralenden Gecken, ausgebotet werden - schlichter Wettkampf der üblichen Spieler - ich möchte nicht wissen wie neoliberal, strategisch, manipulativ die ach so kritischen und freigeistigen Gestalten gegeneinander agieren, so es um die Gage, bzw. das gagegenerierende Engagement geht.
Der Münchner Glaspalst wurde von einem abgefackelt, der schlicht neidzerfressen war, oder nur unterlegen, untalentiert - vielleicht sollten die unterlegenen die Bühne abfackeln - damals gingen viele Bilder der Romantik in Flammen auf, was ging wohl bei der Volksbühne in Flammen auf?
Es war immer ein Bespaßungstempel - eh und je - und ob nun die Arbeiter so zahlreich dort hockten?
Man muss keinem Theater nachtrauern, das sich im liberalen Trubel hält, den alleine dies macht es höchstsuspekt -
die Kunst betäubt - wie die Religion - die Sinne, sie gaukelt vor, man sei noch Herr der Lage, durchschaut sie, prangert sie an, dabei ist doch alles nur Gaukelei und der Mensch lacht bis man ihn auf die Bühne bittet und ihm höchstpersönlich dem Kopf abschlagen lässt - ja vielleicht lacht gar noch der abgeschlagene Kopf - zur Unmut dem Meuchler ein Bier über den Kopf zu gießen und das Ungeziefer zu verorten, wo man selber wie eine Schabe zum Futter kriecht - tja - schäbiger Akt, von kümmerlicher Kraft!
Mögen die etablierten VIP´s nun im Volkstheater endlich ihre Häppchen fressen und sich Fettlebern bei stundenlangem Sitzen antrainieren.......... - ich empfehle Ersan Mondtag - soll er seine Aktion präsntieren an jedem Tag - bis zum letzten Kreischen.
Ihr seid alle eins - daher werdet ihr auch niemanden stoppen!
Natürlich sind viele Schauspieler Rampensäue und sind berufsbedingt womöglich ein wenig eitel, befehden sich und wollen ihren Teil! Das ist doch kein Argument gegen etwas! Wie denn sonst sollte, gemeinsam mit all den vielen uneitlen Mitarbeitern eines Theaters, Qualität entstehen!? Da passiert live auf der Bühne etwas Unwiederholbares, im besten Falle etwas alle Sinne Anregendes, etwas mit Gehalt und oft auch mit Spaß – und das ist für sich gesehen auch dann etwas Wunderbares und Wertvolles, wenn es inmitten eines kapitalistischen Umfeldes funktioniert als Teil dieser Welt. Und was hochqualitative Kunst sicher nicht macht, nie gemacht hat und nie machen wird, ist das Betäuben der Sinne – das bleibt dem Kitsch, dem Kunsthandwerk und, ja, der schlechten Kunst vorbehalten. Ich kann diese Ihre Einschätzung in Bezug auf die Volksbühne jedenfalls nicht teilen, denn warum sollte man, sollte ich, sollten die vielen anderen vor der neoliberalen, strukturellen Gewalt einknicken! Anstatt Haltung zu bewahren und mit eigenen, auch künstlerischen und spielerischen Mitteln etwas Menschlicheres in die Welt zu setzen als diese sich überall hineinfressende neoliberale Scheiße mit all den 08/15- und Reißbrettmenschen und Hipstern und Stutzern, die sich, dumm wie sie sind, von all den Verheißungen locken und betäuben lassen. Da ich zu eben diesen Menschen definitiv nicht gehöre, aber auch nicht alleine bin, gehe ich also davon aus, dass wir trotzdem weitermachen, auch und besonders in Zeiten des kulturellen Niedergangs.
Leider kann ich ihren Optimismus bezüglich des Theaters nicht teilen - unbeschwertes Schauspiel finde ich unbedingt wichtig und wertvoll - doch der Schauspieler in dieser Gesellschaft ist in meinen Augen in jedem Fall nur eine Amüsierpuppe - selbst die Provokation ist letztlich amüsanter Reiz, da sie keine realen Folgen triggert, ausser zum gepflegten Diskurs den Stoff zu liefern.
Daher finde ich eben auch aktuelle - durchaus kreative und oft eindringliche - nie über einen Shakespeare hinausreichende, immer die gleiche Leier im Grundakkord tragende - Stücke, im Kommerztheater schlicht geckenhaft und bestenfalls bemüht.
Theater könnte um so vieles mehr sein, wird aber in der Regel sofort verboten, wenn es dies zu leisten droht!
In der Zone des Irrsinns gibt es durchaus Abstufungen, nur ich fürchte es bringt nicht, weniger abgedroschen, weniger hirnverbrannt, kurz weniger destruktiv menschlich zu sein, solange man im destruktiv menschlichen Realismus sein Talent vermarktet.
Das ist ja das pervide dieses Wahnsinns, die Psychopathen vereinnahmen schlicht alles, alles an Leben, das sich nicht vor Ihnen verbirgt und sich versteckt!
Berlin hat so viele inspirierende Orte - in Berlin könnten allabendlich an diesen Orten die kreativen Schöpfer ihre Botschaft zu den Menschen bringen - spontanes Theater, Improvisationstheater, Gang-Theater, Jam Sessions - Installationen, die Menschen sollten es rauslassen und sich niemals von irgendwelchen Institutionen vereinnahmen lassen - jede Institution fesselt den Geist!
Nicht etablierter Flashmob, sondern der Drang die Kreativität zu leben, in spontanen Flashmobs in exaltierter Kraft zu entfalten, das sollten sich die Künsterl auf die Fahnen schreiben und leben!
Sie würden nicht verhungern - wären sie solidarisch!
Die Hoffnung stirbt zuletzt und vielleicht steht die alte Volksbühne wieder von den Toten auf, nach einen Jahr Erholungspause für alle. Man munkelt ja, daß weitere Leute das Dercon-Team verlassen und dieser dadurch vertragsbrüchig wird. Es liegt jetzt in der Hand von Dr. Klaus Lederer, die Wiederauferstehung der Volksbühne zu inszenieren. Das könnte so gehen: Es gibt Nachverhandlungen mit Dercon, dieser ist zunächst stur, aber auch angeschlagen. Schließlich willigt dieser ein sich mit Tempelhof als Eventbude für Brexit Banker zufrieden zu geben. An Hauptgebäude Tempelhof wird dann die Aufschrift "Volksbühne Berlin WEST" angebracht. Castorf kehrt zurück und übernimmt die alte Volksbühne OST. Mit der Achse Tempelhof......Syrien wäre des dann allerdings vorbei,
Meiner Ansicht nach ist das deutsche Stadttheaterwesen per Definition grad eben nicht Teil des Kommerzbetriebes, braucht aber für den Versuch, qualitativ gutes Theaterspiel zu bieten, von der Klamotte über die Tragödie bis hin zu neuen Formen, einiges an Geld. Reich wird dabei aber niemand, Theaterschauspieler werden als Ensemblemitglieder denkbar schlecht bezahlt für ihre Leistung, und auch ansonsten spielt sich alles im normalen Bereich ab. (Die Intendanten verdienen gut, das ist wahr.) Dass nun Schauspieler nur sozusagen das Gefäß sind für mehr oder weniger wichtige oder unwichtige Inhalte, ist aber grad bei dem Theater von Frank Castorf nicht der Fall, die Schauspieler bilden keine Realität ab, sondern leben sie auf der Bühne. Was man überdies dem Theater, denke ich, nicht vorwerfen kann, ist das Auf- und Vermischen von Klamauk, Ernst, Pathos usw., denn auch davon lebt das Theater seit jeher, wenn es eben nicht nur Teil ist eines quasi von oben, König, Staat und Vaterland abgesegneten Tuns – schon Moliere verstand es, nur aus einer anderen Richtung als Castorf, die (ihm erlaubte) Komödie mit ernsten Themen zu verbinden, während anderesherum Racine und Corneille ihre Tragödien eben nicht mit Humor würzten – sie hätten nicht gedurft und kamen allein deswegen nicht auf die Idee, die allerdings schon seit der Antike besteht in der Form der Tragikomödie ("Amphitryon" von Plautus).
Dass solch Theater nun meist innerhalb einer Institution stattfindet, ist verschiedenen Gründen geschuldet, Hauptgrund ist eben immer das benötigte Geld für den Betrieb, aber dass nun diese Rahmenbedingungen den freien Geist einschränken, kann ich im Theater nicht beobachten – dafür ist es zu sehr Spiel. (Eher ist es so, dass fehlende Geldmittel im Bereich der Kunst die Künstler einschränken, nicht unbedingt geistig, aber in bezug auf die praktische Ausführung.) Ob dies Tun auf den Bühnen nun politische Auswirkungen hat, hängt aber, denke ich, nicht mehr von den Theatermachern ab, sondern vom Publikum, ganz gleich, ob es sich um das eines Stadttheaters handelt oder um das einer "freien" Truppe. Denn mitnehmen tut man ja immer etwas, wenn es einen denn berührt hat. Ein Ort, wo man hingehen konnte, ist aber nun leider erstmal tot, zu befürchten ist, dass nun mit viel Geld seichtes oder verquastetes Bildungsbürgertheater für Spießer geboten wird, braves Spiel oder, wenn mal nicht so brav, dann eingeschlossen in einen hermetischen Raum, in den der Bürger ängstlich und erregt mal kurz hineinlugt, um danach sein angepasstes Untertanenleben weiterzuführen. Was ich sagen will ist, es kommt wesentlich an auf die Qualität des Theaters, und diese bemisst sich daran, dass das Publikum eben nicht vor der sogenannten vierten Wand sitzt und nur zuguckt, sondern eben quasi im Stück sich befindet, so schräg, schlimm, ergreifend oder lustig das auch sein mag. Diese Art Theater ist nun in Berlin nicht verboten worden, so doof sind die Machthaber nicht mehr, aber es hat erstmal keinen großen Ort mehr, weil dieser nun Teil der Unterhaltungsindustrie werden soll. Allerdings bleibt es dabei. Aufgeben gildet nicht!
Die Munkelei habe ich gestern in der Volksbühne auch vernommen – ob da nun der Lederer aber was reißen kann? Wollen wir's hoffen!
@Norbert, Dercon wirkt angeschlagen, wenn der Druck weiter steigt, macht der Fehler und wird noch angreifbarer. Lederer ist auch unter Druck und MUSS es reisen, ob er will oder nicht, sonst droht - das habe ich von Frankreich gelernt . Vote blance.
Der arme Kerl ist ja nix weiter als eine Marionette, und ja, ich denke auch, dass er ohne jede relevante Erfahrung im Theaterbereich, geschweige denn Erfahrung als Intendant eines so großen und wichtigen Hauses, einfach keine Mittel hat, etwas aufzubauen – außer er bedient sich der Machinerie der internationalen Kulturschickeria und macht Eventtheater. Letzteres ist die große Gefahr, und nur wenn der Lederer seinen gestern Abend geäußerten Worten Taten folgen lässt, dürfte es eine Chance geben, das zu verhindern. Hoffen wirs!!!
@Norbert, Dercon rechnet sich nicht, das hat der in Müchen an Haus der Kunst gezeigt. Er hat es entkernt, rückgebaut mit dem Ergebnis mehr Kosten und weniger Besucher. Das müßten doch auch Leute wie Müller - die angeblich noch nie ein Theater von innen gesehen haben - begreifen
Das Problem ist ja, dass es in den letzten Jahren im Einzugsgebiet, sozusagen im Kiez der Volksbühne zu einem massiven Bevölkerungsaustausch gekommen ist, nicht zuletzt weil Müller den Berliner Wohnungsmarkt Immobilienhaien und Investoren ausgeliefert hat. Der Müller ist bei so was schmerzfrei und skrupellos. Es kann also sein, dass die Volksbühne auch unter Dercon voll ist, quasi "Erfolg" hat, weil viele der frisch aus dem Westen eingetroffene Neubürger es einfach schick finden könnten, den Abend mit einem netten Theaterbesuch zu beginnen und dann nett essen zu gehen. Man darf das dem System voll angepasste Bildungsbürgertum ihrer Quantität nach nie unterschätzen, die tun zwar nix dazu, nehmen aber gerne. Die Frage ist natürlich auch, welche Regisseure, Dramaturgen, Schauspieler usw. an der Volksbühne überhaupt arbeiten wollen, denn man darf nicht vergessen, das ist eine Riesenbühne, die nicht einfach zu bespielen ist. Internatione Produktionen sind ja ohnehin im Haus der Berliner Festspiele besser aufgehoben.
Hoffen wir also mal, dass es überhaupt zu Neuverhandlungen kommt, dann ist was machbar!
@Norbert, ich fürchte du hast recht. Man müßte allerdings durchrechnen, ob Tempelhof und VB Berlin-Mitte für 19 Mill. finanzierbar sind. Es ist im Grunde unmöglich 2 Häuser zu denselben Kosten einigermaßen akzeptabel zu bespielen, vom Prater reden wir noch nicht. 19 Mill reichen nur, wenn die Personalkosten weiter gedrückt und die Preise (in Tempelhof als Geldmaschine durch Events) erhöht werden. Dercon ist aber ökonomisch eine Luftnummer, er kann nur Luft, Geschafel, Geschwätz etc. produzieren. Er wird also mit 19 Mill nicht auskommen, selbst wenn die VB Ost viele Schließtage hat. Allerdings bin ich der Meinung, es geht beim Kulturkampf um die
Volksbühne nicht ums Geld,sondern um Ideologie. Man wollte die Querdenker Ost , diese starrsinnigen Rebellen auf schönster Investitionsfläche einfach loswerden, egal was es kostet. Vielleicht hat die Ostlinke auch einfach zuwenig gekämpft. Leiden, trösten, Trauerarbeit leisten, einen großartigen Abgang zelebrieren, das können die. Aber hartnäckig kaltblütig planent, berechnent und rücksichtslos kämpfen, das können die Wessis. Im Osten weint man, im Westen gewinnt man, so ist die Sozialisation in der rücksichtslosen Konkurrenzgesellschaft. Weil ich diese Gesellschaft nicht mag, mag ich irgendwie den Osten. Das ist natürlich altmodisch und nicht gewinnbringend.....
Ja, so ist es, auch ich würde den Begriff Kulturkampf wählen, und leider ist es tatsächlich auch so, dass in Westdeutschland ganze Generationen (von den sogenannten 68ern aufwärts) es gelernt haben, sich den Staat zur Beute zu machen, nicht ohne sich dabei auch noch moralisch überlegen zu fühlen. Das sind so Leute, die sagen, ich habe nichts gegen lange Haare, aber kurz und gepflegt müssen sie sein. Spießer. Und als nächstes werden sie durchsetzen, unter dem Rosa-Luxemburg-Platz mit EU-Geldern eine Tiefgarage zu bauen mit SUV-geeigneter Ausstattung und Fahrstühlen direkt ins Foyer der Volksbühne. Ernsthaft betrachtet steht allerdings, wenn ich richtig im Bilde bin, die Verlängerung des Vertrages mit Dercon ungefähr zu der Zeit an, wenn in Berlin wieder Wahlen sind – wäre ja schön, wenn das Thema Kultur dann mal eine echte Rolle spielte. Noch schöner wäre es, wenn man schon vorher Dercon & Co. Tempelhof als Eventbude gäbe und die Volksbühne einem Team von echten Theatermachern – es muss durchaus nicht Castorf sein, aber Ensemble- und Repertoirebetrieb, das muss sein!