Ein paar Gedanken zum Bildungsstreik:
Die Protestaktionen scheinen kein Ende zu nehmen, immer wieder werden Hörsäle besetzt bzw. nach einer Räumung wieder besetzt. Es werden alternative Veranstaltungen angeboten und mit Mitteln des zivilen Ungehorsams die Forderungen in eine interessierte Öffentlichkeit gebracht. Die Politik versucht ihr übliches Teile-und-Herrsche-Spiel, indem bestimmte Forderungen für 'angemessen' erklärt werden, andere als 'linksextrem' und/oder von 'autonomen Gruppen' von außen in die Proteste eingebracht, was mithin als Versuch einer Vereinnahmung der Proteste von links zu werten sei. Neben der Problematik des Extremismusbegriffes bleibt hier allerdings unklar, warum linke immer von außen in die Proteste intervenieren. Linke Studierende, womöglich noch Studierende (und Lehrende), die sich einem links (-autonomenen) Spektrum zuordnen scheint es nicht zu geben, nicht geben zu dürfen.
Leider scheinen sich anhand dieser falschen Trennlinie erste Spaltungsrisse zu zeigen. Die 'guten' Studierenden, die für verständliche Ziele (also Forderungen nach einer Verbesserung des Ablaufs des wissenschaftlichen Betriebs d.h. mehr Geld, kleinere Seminare, Verbesserung des BA/Ma-Systems usw.) auf der einen Seite. Auf der anderen, der 'linksextremen' Seite die Studierenden und Uni-Fremden, die sich für überzogene Ziele einsetzen würden (grundsätzliche Kritik am Bildungsbegriff in einer kapitalistisch verfassten Gesellschaft, Forderung von selbstverwalteten Freiräumen zur Selbstorganisation, Verknüpfung von Bildungspolitik mit Gesellschaftspolitik insb. Sozialpolitik). Wird der einen Seite (der 'guten') vorgeworfen systemimmanent zu denken und sich letztlich affirmativ den herrschenden Verhältnissen unterzuorden, wird den anderen (den 'linksextremen') Ideologie bzw. Extremismus, Weltfremdheit und Unterwanderung der Proteste vorgeworfen.
Diese Spaltung ist letztlich im Interesse der Politik, namentlich der sich selbst verantwortlich zeichnenden Politiker_innen in Bund und Ländern. Denn dadurch wird ihnen ermöglicht, sich einen Teil der Forderungen zu eigen zu machen unter Ausblendung nicht genehmer, grundsätzlicherer Forderungen. So erscheinen die Proteste bei Frau Schavan als Proteste für ihre Politik, nämlich für eine Verbesserung der Bolognareform, was prima in das vorherrschende Standortdenken passt, nach dem Deutschland mehr in seine Bildung investieren müsse, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Dass es noch andere Forderungen gibt z.B. nach einer Demokratisierung der Hochschulen (in einer freiheitlichen Demokratie wie es sie formal in der BRD gibt eigentlich eine Selbstverständlichkeit) und einer Re-Integration von kritischem Denken in die Bildung wird so schlicht ausgeblendet.
In Frankfurt sind die Proteste durch eine gewaltsame Räumung eskaliert (worden), dabei wurde sogar ein alternatives Seminar von Polizei in voller Kampfmontur gestürmt (!) und einige Menschen teilweise schwer verletzt [1].Vom verantwortlichen Präsidenten der Uni wird als Grund für die Räumung die andauerende Beschädigung des Gebäudes u.a. durch Schmierereien angeführt. Nur, selbst wenn man auch (wie u.a. auch der Autor dieser Zeilen) die im Internet veröffentlichten Schäden und Schmierereien nicht schön findet, bleibt zu fragen, was die Staatsgewalt in Gestalt der Polizei in kompletter Kampfmontur in einer Universität zu suchen hat. Die unschönen Schmierereien hätten z.B. durch anspruchsvollere Graffitti und Bilder, sowie Sprüchen übermalt werden können.
Leider wird nicht mehr über die Inhalte des Bildungsstreiks und die großartige Leistung, dass in Frankfurt über 70 alternative, inhaltlich anspruchsvolle Veranstaltungen angeboten werden, diskutiert. Stattdessen geht es nur noch um den 'Vandalismus'. Auf der Internetseite des Hessischen Rundfunks ist am 5.Dezember zu lesen:
"Studenten mehrerer Fachbereiche distanzierten sich in einem auch im Internet verbreiteten Flugblatt von den angerichteten Schäden. "Die Randalierer, die hier am Werk waren, zerstörten das Eigentum von uns allen – unsere Universität", hieß es. Die Geschehnisse der vergangenen Tage schwächten des Ansehen der Studenten und lenkten von den eigentlichen Zielen ab, erklärten neun der insgesamt 16 Fachschaften."[2]
Eine inhaltliche, kontroverse Auseinandersetzung um die Geschehnisse ist ja durchaus sinnvoll und notwendig. Nur auf diese Art wird die Bildungsstreikbewegung gespalten und geschwächt.
Wie bereits im Sommer geschehen, wird auch wieder der Faschismusvorwurf gebracht. So heißt es im Artikel des Hessischen Rundfunks weiter:
"Auch wertvolle Grafiken des Künstlers Georg Heck, der von den Nazis verfolgt wurde, seien beschädigt worden, teilte die Universität mit." [2]
Das ist zu bedauern und nicht zu akzeptieren, aber daraus indirekt den Vorwurf abzuleiten, Opfer des Nationalsozialismus zu verhöhnen, ist nicht haltbar. Scheinbar bestätigt wird hier der Faschismusvorwurf vom Sommer 2009, als in Berlin eine Ausstellung über Verfolgung im Nationalsozialismus angeblich gezielt zerstört wird. Letztlich läuft es auf eine Erweiterung der Grundthese von Götz Aly [3], die 1968er wären wie die 1933er, hinaus. Hier wären wieder Extremisten am Werk, die letztlich alle gleich sind, ungeachtet der realen Differenzen zwischen links und rechts. Im Grunde ist der Protest nur eine neue Form des Faschismus. Dazu passt, dass laut einem Artikel bei Indymedia Aktivist_innen in Göttingen bei einer Aktion als "Faschisten' beschimpft wurden. [4]
Es zeigen sich bereits die ersten Risse zwischen den Teilen der Bewegung. Letztlich lebt eine Bewegung von ihrer Vielfalt und dem Austausch vieler Meinungen und Einschätzungen. Wird die Unterscheidung in 'gute' und 'böse' Aktivist_innen nachvollzogen, wird die Bewegung an Schwung verlieren.
Selbst denken! Für Solidarität und Freie Bildung!
P.S. Selbstverständlich darf Rassismus und Antisemitismus, Sexismus und undemokratisches Verhalten keinen Platz in einer emanzipatorischen Bewegung haben. Dies ist für mich selbsterklärend und bedarf keiner Begründung.
[1] Internetseite des Bildungstreiks Frankfurt bildungsstreik-ffm.de/cms/ [05.12.09]
[2] Uni-Proteste: Studenten kritisieren Besetzer. www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/indexhessen34938.jsp?rubrik=36082&;;;key=standard_document_38409083 [05.12.09]
[3] Aly, Götz 2008: Unser Kampf. Ein irritierter Blick zurück. Frankfurt a.M.: Fischer Verlag.
[4] [Gö] Universitätsrede gesprengt. de.indymedia.org/2009/12/267979.shtml?c=on#c615886 [05.12.09]
Kommentare 24
Ich werde versuchen meine Gedanken dazu in Worte zu fassen.
Ich bin - so wie die meisten meiner Bekannten - gegen Studiengebühren - trotzdem ist keiner von uns mehr in der Bewegung aktiv.
Warum? Weil wir das Gefühl hatten, dass wir missbraucht wurden für politische Ziele, hinter denen wir nicht stehen.
Wir sind auf Demos gegen Studiengebühren gewesen und auf einmal ging es nicht mehr um Studiengebühren, sondern um den Kapitalismus und es wurden Parolen gebrüllt und Transparente gezeigt. Wenn es eine Demo gegen den Kapitalismus ist, soll es auch als eine solche angekündigt werden.
Ich habe das Gefühl, dass ihr es seid, die die Bewegung spalten. Ihr tragt Anliegen in die Bewegung hinein, die nichts mit Studiengebühren zu tun haben. Viele Studierende sind gegen Studiengebühren, aber identifizieren sich nicht mit diesen Anliegen.
Die Bewegung kann nie eine breite Basis kriegen, wenn man das ganze linke Komplettpaket "kaufen muss", um daran teilnehmen zu dürfen.
Danke für deinen Kommentar.
Leider packst du mich in die Schublade 'ihr', dem du ein 'wir' entgegenstellst: 'ihr' spaltet die Proteste, da zuviele (linke) Inhalte hineingetragen würden. Die Gegenposition dazu ist, dass die Spaltung vom 'wir' ausgeht, da die Einbettung des Bildungssystems inkl. Studiengebühren in übergordnete Strukturen und Prozesse verkannt werde.
Letztlich finde ich beide falsch und wenig hilfreich. In dem Text wende ich mich gerade gegen eine solche Spaltung und für eine Vielfalt der Positionen.
Eine Bewegung, die sich lediglich auf konkrete Sachfragen (Studiengebühren) bezieht ohne den Kontext (Umbau der Hochschulen im Zuge der Bolognareformen, Lissabonstrategie, GATS) zu beachten, in dem sie sich bewegt, verkennt letztlich die hinter den Entwicklungen stehenden Ursachen.
Aber eine Bewegung, die sich zu stark auf den Kontext konzentriert und die konkreten Sachfragen vernachlässigt, kann nur noch schwer an den direkten Bedürfnissen der Betroffenen anknüpfen und verliert die Bodenhaftung.
Warum nicht eine Diskussion über die Frage nach dem Verhältnis von kapitalistisch verfasster Gesellschaft und Studiengebühren?
Last but not least: vielleicht sollte man die Bewegung nicht im Singular setzen, sondern vielmehr versuchen zu einem Plural von BildungsbewegungEN zu gelangen, die unterschiedliche inhaltliche Ansätze verfolgen, sich aber in einem kritisch-solidarischen Verhältnis zueinander befinden.....
Nur ganz kurz, ich muss gleich los.
Ich habe leider das Gefühl, dass es hier ein "ihr" und ein "wir" gibt.
"Wir": Meine Bekannten und ich: Studierende, die die Studiengebühren ablehnen - sich aber nicht als Alternative sehen. Ich will mein Studium gut abschließen, dann will ich einen gut bezahlten Job. Ein Auto und ein Haus, ganz bürgerlich. Ich glaube, dass Leute wie wir die Mehrheit sind, die zunehmend den Protesten entfremdet wird.
"Ihr": Leute, die die Welt aus "alternativem Blickwinkel" betrachten. Viele Leute mit bürgerlichem Hintergrund lehnen diese Betrachtungsweise der Welt ab - also auch die Bewegung. Sei dahingestellt, ob das immer klug ist. Schließlich geht es ja auch um unsere Interessen. Ist aber leider so. Viele Studis (gerade aus so Fächer wie sagen wir: BWL, VWL, Jura, Ingenieurwissenschaften) lehnen den alternativen Habitus total ab und die Betonung dieses Habitus führt dazu, dass sie sich von der Bewegung abwenden. Mir persönlich ist der Habitur theoretisch egal, aber ich finde ihn deswegen negativ, weil er eben diese Wirkung auf viele Leute hat.
Ich persönlich kann es auch nicht ab, dass einige der Protestierenden mir zu verstehen gegeben haben, meine Lebensziele seien sozusagen minderwertig.
Ich meine: Wir haben alle ein gemeinsames Ziel nämlich die Studiengebühren abzuschaffen - aber stattdessen verzetteln wir uns in Grüppchenbildung.
"Aber eine Bewegung, die sich zu stark auf den Kontext konzentriert und die konkreten Sachfragen vernachlässigt, kann nur noch schwer an den direkten Bedürfnissen der Betroffenen anknüpfen und verliert die Bodenhaftung."
Das genau mein ich. Glaub ich jedenfalls. Man hat oft das Gefühl es geht vor allem um Kultur oder ideologische Sichtweisen.
Muss jetzt los.
Will nur noch kurz hinzufügen: Sachbeschädigung bringt nur alle Leute gegen uns auf. Ich kann nicht verstehen, was die Betreffenden sich davon versprechen.
@Studi86: Es gab mal jemanden (linken), die meinte: Seid realistisch, fordert das Unmögliche.
Ich glaube darin liegt der Kern der Proteste und der Vielgestalt ihrer einzelnen und zerstreuten Sympatisanten.
Es geht um freie Bildung, wie wir sie alle schätzen und die älteren von uns noch im Allgemeinen kennenlernen durften.
Es geht dabei um eine notwendige Diskussion über die Freiheit der Bildung, des Bildungsbegriffes und um Entscheidungsbefugnisse bei der "Veränderung" oder "Weiterentwicklung" des Bildungssystems, so wie durch Bologna geschehen.
Dieser Diskussion, und dabei handelt es sich erstmal nicht um "linke" Forderungen im Speziellen, dürfen sich die Beteiligten nicht entziehen. Und dabei handelt es sich um alle an der Hochschule beteiligten Gruppierungen. Besonders die ProfessorInnen, die an der Umsetzung innerhalb der Hochschulgremien unmittelbar beteiligt gewesen sind.
Meiner Ansicht nach handelt es sich bei diesem Prozess im Besonderen um ein generationsabhängiges Problem. Runtergebrochen: Alte entscheiden über die Jungen, die "Kleinen", die sich inzwischen in den modularisierten und verschulten BA/MA-Studiengängen wiederfinden. Den Neuankömmlingen wird durch den Prozess die Beteiligung am Diskurs genommen. In erster Linie durch Unkenntnis und ihre Beschäftigung mit dem Studium, das sie als vorgegeben angenommen haben und nicht anders kennen.
Schlimm nur ist, das innerhalb des ganzen Procederes der Anschein erweckt wird, es gäbe keine Zeit. Das hängt mit der Ausrichtung der Hochschulen in Richtung der Unternehmensstrukturen zusammen.
Ich weiß nicht, ob dies der Hauptgrund für "den" fehlenden Diskurs über die Bildung ist. Tatsache ist, das die Medien ihn nur gefiltert transportieren und meist unsachlich wiedergeben.
Deshalb Danke ich für diesen gut lesbaren Beitrag, der sehr schlüssig die derzeitige Problematik vor Ort wiedergibt und das gesamtgesellschaftliche Dilemma aufzeigen:
Eine Dominanz der "Alten Garde" an den Entscheidungspunkten innerhalb von Politik, Wirtschaft und Verwaltung, eine seit einigen Jahren starke Zunahmen konservativer Weltbilder, die wiederum durch Medien und dort bezahlte Kräfte weitergetragen wird.
Dementgegen fehlt eben zunehmend das, was das Progressive innerhalb unserer Gesellschaft ausgemacht hat: Menschen, die freie Bildung wahrnehmen und durch ihre eigenen Zusammenhänge weitergeben.
Was es, sollte die Entwicklung anhalten oder sich noch verstärken, in Zukunft noch geben wird sind verschulte Gedanken funktionierender Menschen. Mehr nicht.
"Selbstverständlich darf Rassismus und Antisemitismus, Sexismus und undemokratisches Verhalten keinen Platz in einer emanzipatorischen Bewegung haben."
Richtig, aus diesem Grunde dürfen auch Werke nicht sakrosankt sein, die von NS-Verfolgten stammen.
Die meisten Leute haben halt die Schwächen in Angriff genommen, die ihnen zu ihrer Studienzeit ins Auge gefallen sind. Jetzt müsste man z.B. mal wieder sich mit einem humboldtschen Bildungsbegriff beschäftigen. Links und rechts sind hierbei vollkommen untaugliche Kategorien, denn die Bologna-Problematik ist jenseits davon auf einer ganz anderen Achse.
Lieber nosferatu, bevor Du voll einsteigst, schau doch kurz hier vorbei:
www.freitag.de/community/blogs/studi86/bildung-als-privileg
Dann siehst Du, was "wir" schon erarbeitet haben. Hilfe wird gebraucht :-)
Ich kann dir als Mitstreikender nur zustimmen bei deiner treffenden Analyse der aktuellen problematischen Tendenzen im bundesweiten Bildungsstreik. Dennoch muss man glaube ich zuerst einmal sagen, dass die Medien unglaublich hilfreich für unseren Protest sind und sie mehr für uns schreiben als gegen uns. Das Bild das in den letzten Wochen entstanden ist vermittelt den Außenstehenden den Eindruck, dass ein Großzahl von vielleicht 30% oder mehr der Studenten auf der Strasse ist, um gegen Missstände im Bildungssystem zu protestieren. Dabei sind es meiner Meinung nach nicht einmal 10% die an Aktionen teilnehmen und viel viel weniger, die sich aktiv engagieren. Uns wird dadurch die Mobilisierungsarbeit abgenommen, weil viele, die früher konform die Bachelorsuppe ausgelöffelt haben, die ihnen vorgelegt wurde, nun ein Interesse an den Bildungsstreik Veranstaltungen haben. Ein weiterer Bonus ist, dass sich Lehrende nun viel einfacher unter ihren Kollegen outen können. Bis vor kurzem hatten sie mit Ausgrenzung, Mobbing etc. zu rechnen, wenn sie sich solidarisch zeigten, aber durch die angeregte öffentliche Diskussion können sie nun auch vor Studenten ihre Meinung äußern, wie z.B in der Kölner Erklärung ( www.bildungsstreik-koeln.de/koelner-erklaerung). Die Medien mögen ja unsere Forderungen verkürzt vermitteln, aber sie geben uns eine einmalige Vorlage ihre Macht für unsere bildungspolitischen Zwecke (oder sogar darüber hinaus) zu instrumentalisieren. Die Aufgabe der Bildungsstreikenden sollte nun sein, die inhaltlichen Differnzen durch Dialog, wie z.B in Vollversammlungen, zu begleichen und auf die breite gesellschaftliche Bewegung aufmerksam zu machen, die natürlich nicht nur aus Studierenden besteht, wie es oftmals in den Medien erscheint.
Am 10. Dezember findet in Bonn die Kultusministerkonferenz statt zu dem ein breites bundesweites Bündnis aus Gewekschaften, NGOs, SchülerInnen, StudentInnen und Auszubildenden zum Protest aufruft. Die Forderungen umfassen auf der einen Seite Bildungsthemen, aber sogar auch eine Abschaffung von Hartz 4 und prekären Arbeitsverhältnissen. Ich hoffe wir sehen uns auf der Strasse.
www.bildungsstreik-koeln.de/koelner-erklaerung
"Lieber nosferatu, bevor Du voll einsteigst, schau doch kurz hier vorbei:
www.freitag.de/community/blogs/studi86/bildung-als-privileg
Dann siehst Du, was "wir" schon erarbeitet haben. Hilfe wird gebraucht :-)"
Bemerkung zu den Text. Ich habe mich am Anfang blöd ausgedrückt. Ich habe nur versucht klarzumachen, was viele Studis denken und warum sie sich nicht beteiligen.
Es geht mir wirklich um die Sache und nicht darum, blöd rumzupöbeln.
@nosferatur
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Die unschönen Schmierereien hätten z.B. durch anspruchsvollere Graffitti und Bilder, sowie Sprüchen übermalt werden können.
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Aussagen dieser Art sind es, die die protestwillige Studentenschaft spalten!
Hast du dir die Bilder aus dem Frankfurter Unigebäude überhaupt angesehen? www.flickr.com/photos/goethe-uni/sets/72157622800477749/ Das willst du ernsthaft mit noch mehr Graffiti übermalen? Am besten so wie hier: farm3.static.flickr.com/2324/1786700957_06f49772b7.jpg
Aktionen solcher Art - Studenten, die ihre eigene Uni beschädigen - sind einfach eine PR-Katastrophe. Und darauf dann mit dem Hinweis zu reagieren, dass man die Schmierereien ja mit etwas hübscheren Schmierereien übermalen könnte, zeugt entweder von Frechheit oder Weltfremdheit. So wird das im Großen und Ganzen positive Bild, das von den Studentenprotesten in der Öffentlichkeit herrscht, in kurzer Zeit verspielt.
Sorry, deinen Kommentar verstehe ich nicht. Ich spreche mich klar gegen die Beschädigung der Bilder aus, gerade auch weil es sich um Bilder von einem Verfolgten des Naziregimes handelt.
Was willst du mit deinem Kommentar sagen?
Zunächst einmal wende ich mich entschieden dagegen, dass ich als 'unverschämt' und 'weltfremd' bezeichnet werde. Das hat hier nichts zu suchen.
Kurz zu meiner Anregung 'anspruchsvollere' Bilder an die Wände zu malen:
Wandmalereien sind auch eine Form des Protestes. Darunter verstehe ich aber nicht schlichte Schmierereien, die überdies tatsächlich nicht schön sind. Gerade an einer Uni sollte es möglich sein, seine Gedanken und Ideen auch künstlerisch zum Ausdruck zu bringen. Hierbei hätte in Frankfurt mehr darauf geachtet werden können, wie man in einem historischen Gebäude wie dem Casino eine Wandbemalung vornimmt. Anspruchsvolle Bemalungen an einzelnen Stellen, die überdies eine künstlerische und/oder politische Botschaft vermitteln, wäre sicherlich auch in der Außenwirkung nicht unbedingt als 'Vandalismus' wahrgenommen worden. Letztlich handelt es sich beim Casino um eine Uni und kein Museum.
Zu den Medien:
Die positive und wichtige Rolle der Medien sehe ich ähnlich, aber: insgesamt ist deren Rolle ambivalent. Auf der einen Seite sind sie notwendig, um die Forderungen nach außen zu kommunizieren und die Mobilisierung zu unterstützen. Andererseits haben die Medien auch eigene Interessen und sind auch nicht frei von politischem Einfluss. (Aber: Daraus zu schließen, die Medien würden lügen, greift aber eindeutig zu weit und ist falsch.) Interessant ist, in welchen Zeitungen und Nachrichten welche Forderungen des Bildungsstreiks kommuniziert werden und wie. Man vergleiche einfach mal die Berichterstattung sagen wir, vom Spiegel und von der taz und es wird einsichtig, was ich meine.
Darüber hinaus, sehe ich das Problem der Teile-und-Hersche-Strategie auch eher bei den politischen Eliten, die versuchen, sich einzelne Forderungen der Proteste zu eigen zu machen und dies über die Medien vermitteln.
zu Humboldt:
der alte Denker in allen Ehren, aber ein unkritischer Bezug auf die sog. Humboldtschen Ideale sind aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Hierbei wäre der gesellschaftliche Kontext und die Zielsetzung zu beachten in denen Humboldt seine Ideen zu Papier gebracht hat.
Last but not least: ich spreche mich in meinem Text GEGEN eine Spaltung und einen Austausch verschiedener Positionen aus. Von verschiedener Seite wird mir hier interessanterweise der Vorwurf der Spaltung gemacht. In einer seltsamen Wendung, ich bzw. 'ihr' würden/würdet die Spaltung verursachen, wird gerade ein 'ihr' und ein 'wir' konstruiert, mithin also selbst eine Spaltung vollzogen.
***
...hab mir Deinen Blog mal angeschaut, Studi86 ....aber mir ist nicht klar, was du erreichen willst. Für eine sachliche Diskussion beziehst Du dich auf zuviele Klischeebilder ('versiffte linke' u.ä.) und bringst zuwenige schlüssige Argumente.
Darüber hinaus, ich sehe auch einen engen Zusammenhang zwischen einer kapitalistischen Gesellschaft und Studiengebühren. Warum sollen sich Menschen, die diesen Zusammenhang sehen (und sich wahrscheinlich als Linke und/oder Alternative sehen), sich dafür rechtfertigen? Das schließt eine Diskussion über sich widersprechende Positionen ja nicht aus. Aber letztlich laufen Deine Aussagen auf eine Ausgrenzung von sich als links sehenden Menschenaus dem Bildungsstreik und auf eine Konzentration auf eine sog. 'Mitte' hinaus.
Sowohl die Betrachtung und Einbeziehung des größeren Ganzen, als auch des konkreten Einzelnen gehören in eine Analyse des Bildungssystems und darauf aufbauend in inhaltliche Forderungen hinein.
Leider blieb meine folgende Frage auch noch unbeantwortet:
"Warum nicht eine Diskussion über die Frage nach dem Verhältnis von kapitalistisch verfasster Gesellschaft und Studiengebühren?"
@nosferatu
Für die "Frechheit" entschuldige ich mich, aber weltfremd kommst du mir schon vor.
Zu der Geschichte in Frankfurt: Natürlich hätte die Sache etwas anders ausgesehen, wenn dort in einem reglementierten Rahmen irgendwelche "Protestmalerei" angebracht worden wäre. Am Ende hätte das sogar als Politkunst durchgehen können, die die Uni-Leitung gar nicht mehr ohne größere Diskussion entfernen lassen kann.
So ist es aber leider nicht gelaufen. Stattdessen wurde da - den Photos nach zu urteilen - größtenteils irgendein Stuss an die Wände geschmiert. Und wenn so ein Mist passiert, dann kann man das nicht nachträglich dadurch heilen, dass das nun mit irgendetwas niveauvollerem Übermalt wird. Schon praktisch wird das nicht gehen. Allein der Vorschlag aber erscheint mir angesichts des Vorgefallenen als eine Provokation. Stattdessen wäre von Seiten der Protestierenden eine Entschuldigung angebracht - und eine gehörige Selbstkritik, warum man sowas zulassen könnte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich da mein Empfinden in etwa auf einer Linie mit dem von Otto-Normal-Verbraucher bewegt. Und wenn dein Vorschlag ernst, also nicht als Provokation gemeint war, dann liegt eben genau darin ein Stück Weltfremdheit.
Eine Spaltung vollzieht sich in jeder Bewegung dann, wenn ein Teil davon Positionen einnimmt, die von anderen Teilen deutlich abgelehnt werden. Das braucht dann auch gar keiner erst großartig ausrufen, sondern wird sich schon dadurch manifestieren, dass immer weniger Leute sich mit den Zielen identifizieren und die Bereitschaft zur Aktion schwindet. Wer erfolgreich irgendetwas durchsetzen will, muss das ernst nehmen.
Bei den Anti-Atomkraft-Demos, um mal eine recht erfolgreiche Protestbewegung zu nennen, wären auch deutlich weniger Traktoren unterwegs, wenn man sich dort gleich noch den Veganismus auf die Fahnen geschrieben hätte.
Nach dem, was ich aus den Pressemitteilungen der Besetzenden in Frankfurt gelesen habe, hat es durchaus ein Bedauern über das Bemalen der Bilder gegeben.Auch aus meiner Sicht sind die Schmierereien weder schön, noch in einem politischen Sinne zielführend. Dennoch bleibe ich dabei, dass eine Wandbemalung durchaus politisch oder auch einfach 'nur' ästhetisch sein kann. Es hätte schlicht eine mögliche Alternative gegeben (besagte 'anspruchsvollere Graffitti oder Sprüche'), ohne dass jetzt immer wieder auf den 'Vandalismus' verwiesen wird und die eigentlichen Inhalte nach hinten gedrückt werden.
Darüber hinaus hat die Verknüpfung von kapitalistischen Prinzipen mit dem Umbau der Hochschulen wesentlich mehr zu tun, als das Nicht-essen von Fleisch (was ich an dieser Stelle nicht bewerten möchte) mit Atomkraft, von daher ist der Vergleich ziemlich abwegig.
...interessanterweise wird hier (und auch in anderen Blogs) oft mit einer angeblichen 'normalen' Mehrheit oder wie hier eben mit 'Otto-Normal-Verbraucher' argumentiert. Wer ist denn dieser Otto Normal und was denkt er denn (von Susi Musterfrau ganz zu schweigen)?
Durch das Konstrukt wird lediglich die eigene Position legitimiert und als Mehrheitsmeinung dargestellt. Abweichende Darstellungen, die sich nicht daran orientieren, sind dann halt weltfremd und werden so aus dem 'vernünftigen' Diskurs ausgeschlossen.
@nosferatu: Danke für den interessanten Artikel. Besonders "Re-Integration von kritischem Denken in die Bildung" kann man nicht kürzer und besser ausdrücken. Ich denke, dass diese nur von den Studenten selbst ausgehen kann, und gerade das wird ja zur Zeit versucht. Darin liegt wahrscheinlich schon der größte Wert der gegenwärtigen Proteste.
"...hab mir Deinen Blog mal angeschaut, Studi86 ....aber mir ist nicht klar, was du erreichen willst. Für eine sachliche Diskussion beziehst Du dich auf zuviele Klischeebilder ('versiffte linke' u.ä.) und bringst zuwenige schlüssige Argumente."
Ich kann versuchen nochmal meine schlüssigen Argumente darzulegen... aber ich weiß nicht, ob sie hier einer versteht :(
Vielleicht sind sie ja nicht schlüssig... aber mir kommen sie schlüssig vor.
Es gibt da Leute, die gehören einer gewissen Subkultur an. Einer Subkultur, die die Mehrheit der Studierenden und die Mehrheit der Menschen befremdet. Diese Menschen sind nicht bereit auf die ostentative (ich glaube das war das Wort) Zuschaustellung ihrer Subkultur zu verzichten.
Es gibt nun Studis, die gehören einer anderen Kultur an. Darunter gibt es viele, die sind zwar schon gegen Studiengebühren, aber auch nicht so sehr, dass ihnen das Thema total wichtig ist. Sie werden sich also nur anschließen, wenn es für sie auch mit angenehmen Erfahrungen verbunden ist. Auf einen ihnen fremde ostentativ zur Schau getragene Subkultur zu stoßen ist für sie keine angenehme Erfahrung. Wegen ihrer eigenen Lebenseinstellung abgewertet zu sein erst recht nicht.
Warum sollte sie sich dann noch anschließen?
Ergänzung: Generell finde ich es auch am sinnvollsten sich in eine gewisse Position hochzuarbeiten und aus dieser Position heraus Veränderungen anzuregen.
Sorry jetzt, ich bin nicht mehr direkt Student, aber ich habe mir vor so 20-30 Jahren auch mal ein knochentrockenes technisches Studium angetan und abgeschlossen. Wenn mir am Anfang jemand gesagt hätte, das ich mir spätestends mit 50 mit meinem Diplom mal kurz den Arm abwischen könnte, hätte ich meine schönen, virilen 20ger sicherlich nicht in so einen Mist investiert. Was ich damit sagen will?
Wissen gegen Gebühren, Erkenntnis für Kohle, junge Menschen die bischen was wissen wollen als Leistungsträger ? Als Spezialisten, für die Kapitalschweine für höchstmöglichen Ertrag, ist das nicht mehr möglich, als junger Mensch einfach ein bischen rumzustudieren, muss da immer der globale, wettbewerbsfähige Chines um die Ecke gucken ?
Weisde, wenn es das ist was ich meine, Studenten, gegen die mechanisierung und instrumentalisierung der Köpfe,
@SteinMain: "Weisde, wenn es das ist was ich meine..." Kleiner Tip: Erst denken, dann schreiben.
sorry, dass ich so ein dogmatiker bin. aber in meinen ohren klingt "wider der Spaltung" ziemlich schräg, so nach dem motto: rettet dem dativ!
die beobachtung ist für mich nicht neu. aber es bleibt vorläufig trotzdem bei vier fällen im deutschen.
Danke für den Hinweis, ist mir selbst auch schon aufgefallen. Da der Eintrag aber auf der Startseite des Freitag verlinkt ist, würden sich bei einer Änderung der Überschrift Probleme mit der Verlinkung ergeben. Daher habe ich es bei der - zugegebenermaßen grammatikalisch falschen - Formulierung belassen.
beste Grüße
fyi oder auch nicht: Kritik der Verhältnisse - Kritik des studentischen Protests - auf freundeskreiskritik.blogsport.de/
Wenn Technik die Grammatik beherrscht, daß sie falsch bleibt, dann sollte das Internet wieder abgeschafft werden.
Hier gehts um Bildung? Oder was ist das Thema ...