französisches Tagebuch, der Bischof war da

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Zunächst, der Siebenschläfer heißt nun"Claude", weil Claude sowohl ein weiblicher als auch ein männlicher Name ist. Man hört ihn nicht, er schläft halt viel. Aber seine Crottes werden mehr. Jeden Tag fege ich sie auf und denke darüber nach, wovon er/sie sich wohl ernährt. Beim Fegen auf dem Dachboden, singe ich Lieder, sogar ziemlich laut. Sacco und Vincetti zum Beispiel.

Nun zum Bischof. Die Kirche war rammelvoll. Ich saß auf der kleinen Empore, eingezwängt zwischen unseren englischen Nachbarn und Michel aus der Cabane. Michel hat ne Menge drauf, er weiß alles, was in der Gegend je passiert ist und in Zukunft passieren wird. Er erklärte mir flüsternd, während unten am Altar sechs Geistliche in schönen, weißen Gewändern die Kommunion vorbereiteten, dass in der ersten Reihe der Großmeister der Freimaurerloge von Touche de Perigny sitze. Ich war beeindruckt. Er hatte einen riesig langen, weißen Bart. Die sechs Geistlichen, der Bischof mittendrin, verteilten nun die Kommunionsobladen an die vielen Leute. Die, die eine haben wollten, zeigten das, indem sie ihm ihre geöffneten Hände hinstreckten. Ob da nun jemand protestantisch oder sonstwas war, spielte wohl keine Rolle. Michel nahm keine, ich wohl. Ich will immer noch wissen, wie das ist, wenn sich bei der katholischen Kommunion der Leib Christi in mir bildet oder wie drückt man das aus? Nun, es war schön, der gemischte Chor sang, einer spielte Saxophon und der Bischof zeigte sich charmant. Einer der sechs Priester hatte ein wundervolles Saufgesicht. Freundlich, rötlich, zerfurcht. Beim Essen hinterher im salle communale, 140 Leute, ging's hoch her. Ähnlich wie am 1. Mai in Seigné. Statt neben dem Bauern mit den knallroten Apfelbacken, saß ich nun neben Michel aus der Cabane, der den Großmeister der Loge persönlich kennt und behauptet, mich in seinem früheren Leben schon gekannt zu haben.

Im nächsten Tagebucheintrag muss ich unbedingt die Dorfstruktur beschreiben, weil das, was da jetzt noch ist, wohl bald aussterben wird.

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Geschrieben von

Novalis

lebt halb in Frankreich, halb in Deutschland, suchte die Blaue Blume, fand sie und erkannte, dass Realität Illusion ist und Illusion Realität.

Novalis

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