Heute morgen war ich auf der Mairie, um mir einen gelben Sack zu holen. Mit der Sekretärin plaudere ich gerne über das Wetter, was im Dorf neu ist oder alt, schlecht oder gut und natürlich über die Familie. Da erzählte sie mir von ihrem Enkel, Matthieu, sieben Jahre alt. Er sollte eine Brille haben und war deswegen bei einem Augenarzt. Der war spanischer Herkunft, sprach also kein akzentfreies Französisch. Der Kleine weigerte sich, mit ihm zu sprechen. Er sei Franzose und werde sich nicht von einem Ausländer behandeln lassen. Die Eltern wechselten den Arzt. Ich konnte weder der Mimik noch der Gestik unserer Sekretärin entnehmen, wie sie dazu stand. Sie rollte zwar mit den Augen und fuchtelte mit den Händen - aber für mich unlesbar.
In unserem Dorf wohnen mittlerweile gefühlte 50% Engländer, die immer noch einen Hauch von Kolonianismus verbreiten und dabei sehr nett sind. Einige haben sogar den Mut oder die Blödigkeit, Franzosen gegenüber zu äußern, dass sie im Herzen für den Brexit sind, aber aus praktischen Gründen ( zb medizinische Versorgung) dagegen . Viele sind der französischen Sprache nicht mächtig. Was unser siebenjähriger "Franzose" wohl dazu sagen würde?
Nun ja, allem zum trotz, haben wir heute Abend in dem kleinen Flecken Aulnay sur Saintonge, mit Engländern und Franzosen, draußen auf dem Marktplatz, Fish and Chips gegessen, es war warm und die Gesellschaft schön bunt. Im wesentlichen Alt-Hippies und Freaks. Unser siebenjähriger Nationalist wäre bekehrt worden, da bin ich mir sicher. Vielleicht schaffe ich es bei seiner Großmutter auch noch. Ich arbeite daran.
Kommentare 10
medizin ist eben viel mehr als rezepte verschreiben...
das fremdeln des kleinen jungen ist ein biologisch begründeter schutzmechanismus.
Er sei Franzose und werde sich nicht von einem Ausländer behandeln lassen. Die Eltern wechselten den Arzt...das ist kein harmloses fremdeln und/oder "biologisch" begründeteter Schutzmechanismus ( wovor sich schützen?).
Das ist schlicht eine klare Ansage an den "spanischen" Arzt: Du gehörst nicht zu uns.Punkt!
"Arschlöcher" lassen sich nicht bekehren...auch nicht mit kulinarischen Multi-Kulti-Events. Da Fressen sie sich nur satt und reißen zudem ihre kulturalistische Fresse auch noch weit auf. Schon erlebt!
Zu Ihrem Text fällt mir das hier ein: „Sprechen Sie gefälligst Deutsch!“ Ich bin ein langsamer Leser. Als solcher stolperte ich über ein Interview, das Veronika Scheidl am 2.3. 2016 mit dem iranisch-amerikanischen Cembalisten Mahan Esfahani anlässlich eines Eklats führte, der zum Abbruch seines Konzerts am 26.2. in der Kölner Philharmonie führte. Neben Bach sollte es auch ein Stück von Steve Reich zu hören geben. Als Esfahani bat, dass er eine kleine Einführung in das Werk in englischer Sprache geben möchte, weil er nicht gut genug Deutsch sprechen könne, rief jemand im Saal: „Sprechen Sie gefälligst Deutsch!“ Esfahani im Interview: „Ich weiß, dass ich ein Fremder bin, da müssen mich die Zuhörer nicht daran erinnern.“ Während des Stücks kam es zu tumultartigen Szenen. http://hinter-den-schlagzeilen.de/2016/06/10/wenn-man-doch-in-deutsch-auch-schweigen-koennte/
"In unserem Dorf wohnen mittlerweile gefühlte 50% Engländer, die immer noch einen Hauch von Kolonianismus verbreiten und dabei sehr nett sind. Einige haben sogar den Mut oder die Blödigkeit, Franzosen gegenüber zu äußern, dass sie im Herzen für den Brexit sind, aber aus praktischen Gründen ( zb medizinische Versorgung) dagegen . Viele sind der französischen Sprache nicht mächtig. Was unser siebenjähriger "Franzose" wohl dazu sagen würde?"
In Chaltenham Great Britain ischeint es umgekehrt, da leben viele tadelig adelig französosche Clans als "Opfer" der Französischen Revolution 1789 mit gebunkerter Patte und prägen das Stadbild feudalistisch
Nicht zu vergessen britische Militärs als Pensionäre in Griechenland mit dem Hintergrundrauschen des British Empire, samt dicken "Nuggetts Eiern"
ich habe im Gefühlsüberschwang, was mir häufig passiert, zwei Themen miteinander verquickt: Die Fremdenfeindlichkeit eines kleinen Franzosen und die starke Präsenz der Engländer hier zwischen Bordeaux und La Rochelle. Der kleine Franzose hat das natürlich von seiner Umgebung aufgesogen. Ich muss spekulativ davon ausgehen, dass diese Umgebung nationalistisch denkt. Die Äußerung einiger Engländer geht auch in diese Richtung und da muss ich Ihnen zustimmen (ich hätte es lieber anders), sie verbreiten als Gruppe eine "besatzerische" Atmosphäre. Wohlgemerkt als Gruppe, denn einzeln verhalten sie sich anders.
Ja, das hat was von dem auch hier.
"Sprechen Sie gefälligst Deutsch" Oh Gott, wie traurig solche Worte im Vorfeld einer so schönen Musik sind!
Viele Engländer, vor allem die Älteren, leben hier in Frankreich, weil sie in diesem Gesundheitssystem besser überleben können als auf ihrer Insel. Noch.
Das "Fremdeln" des Jungen stammt wohl eher nicht aus derBiologie, sondern aus dem Geist seiner Umgebung.
Das "Fremdeln" des Jungen stammt wohl eher nicht aus derBiologie, sondern aus dem Geist seiner Umgebung.
das glaube ich gern, nur halte ich auch in diesem fall die biologie für grundlegend und stärker als die mode der erwachsenen.