Ganz Berlin ist eine Wolke

Service (und Bonzen) Service wird in Berlin immer noch ganz klein geschrieben. Das ficht den gemeinen Politbonzen nicht an. Er gleitet im Escort durch die Stadt.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Neulich im Café Kranzler. Die Sonne schien, ich hatte mir ein paar Stunden frei genommen, um jemanden zu treffen. Was dann leider krankheitsbedingt, die Viren sind überall, nicht klappte. Kranzler. Café Kranzler, Kranzler-Eck. Ihr kennt das noch? Altes West-Berlin. Treffpunkt der Pelzträgerinnen. Sitzen am Boulevard, sehen und gesehen werden: Those in the gallery rock their juwellery. Damals. Heute? Vorbei an „Gerry Weber“ geht es durch einen engen Gang zum Aufzug, der einen nach oben befördert. Immerhin sind die Markisen noch da. Und es gibt einen umlaufenden Balkon. Ich also raus, schönes Wetter eben.

„Hier darf man doch rauchen?“

„Selbstverständlich, die Seite war nur schon geschlossen, weil es so kalt ist und hier niemand sitzen will. Aschenbecher kommt.“

„Aber es ist doch nicht kalt“

„Hmmh“

„Ein Kissen wäre allerdings nett“

„Gibt es nicht“

„????“

„Sag ich doch, es gibt keine. Oder soll ich meine von zu Hause mitbringen?“

„Da drinnen sind Decken ...“

„Sie wollen doch nicht, dass ich Ihnen eine Decke hole?“

„Na ja ...“

Es gab keine Decke. Natürlich nicht. Beim Gehen gab ich der jungen Frau dann reichlich Trinkgeld, weil sie so nahe an der lange vermissten Berliner Schnauze mit Herz war. Abweisend und sympathisch gleichzeitig. Vielleicht auch weil die Sonne schien. Ich solle gerne und unbedingt wiederkommen. Experiment geglückt, die Berliner Schnauze ist käuflich.

Abends dann mit dem Auto durch die Stadt. Ein Pool-PKW meiner Fa., weil ich am nächsten Morgen nach Rostock musste. Von Mitte (nahe Gendarmenmarkt) also nach Potsdam. Voll war es. Ich war schon auf Betriebstemperatur – ich hasse es, in der Stadt Auto zu fahren und mache das normalerweise auch nicht - als am Ernst-Reuter-Platz plötzlich gar nichts mehr ging. Lalülalüs waren zu sehen, da wo es in die Bismarckstraße geht. Die Ampeln aus oder auf Dauerrot. Schlechtes Zeichen. Ich also abgebogen Richtung Kantstraße. Ging so lala bis kurz vorm ICC. Dann wieder nichts mehr. Nach reichlich Minuten (ich in dem Auto fluchte vor mich hin und auch das Hörbuch auf den Ohren hellte die Stimmung nicht wirklich auf) sah ich den Grund. Schwarze BMWAudiDaimlers eskortiert von Lalülalas zur Messe. Beginn der ITB. Pseudowichtige werden zur Messe chaufiert und die Stadt steht still. Hass. Können die nicht mit den Öffis fahren? Hass, blanker Hass. Ab Theodor-Heuss-Platz dann freie Fahrt. Ich glaube, ich bin schneller gefahren als sonst.

Fazit. Berlin ist kein Service und servil. Schade. Ich hatte mit dem Umzugsbeschluss der BuRe gehofft, die Stadt ist stärker als der Politbetrieb. War sie nicht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

oi2503

Wat dem een sin uul is dem annern sin nachtigall

oi2503

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden