Demokratie bezwingt den Neoliberalismus

Greferendum Am griechischen Referendum gewannen die Gegner der Sparauflagen. Dadurch bezwang die Demokratie erstmals die Austerität - und damit auch das europäische Establissement.

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Trauer, Frust, Verzweiflung - was die europäischen Eliten über den Ausgang des Referendums denken, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen. Von "Alternativlosigkeit" war die Rede, als die Abgeordneten des Deutschen Bundestages die ersten beiden Hilfspaketen zustimmten und damit eine neoliberale Spardoktrin unterstützen.

Damals gab es zwei Arten von Kritiker. Zu einen die Bürgerlichen aus den Reihen der Christdemokraten und Liberalen, die es nicht einsehen wollten Griechenland zu unterstützen. Zum anderen aber auch die Linken, die vor der Austeritätspolitik und den massiven Sozialabbau warnten. Die beiden Arten von Kritikern wurden jeweils stärker und profilierten sich. In Frankreich, Österreich oder Dänemark gewannen nationalistische Bewegungen hinzu, in Deutschland konnte sich mit der AfD gar eine rechtspopulistische Partei zeitweise etablieren.

Die Folgen der Austeritätspolitik waren und sind fatal. Noch nicht einmal die FDP würde sich wagen diese Art von radikalen Neoliberalismus in Deutschland zu fordern. 2012 konnte das griechische Volk erstmals im Rahmen der parlamentarischen Demokratie abstimmen, ob sie eine die Austerität weiterhin mittragen oder eine Alternative wählten. Die sozialdemokratische Regierung Papandreau verlor die Macht und trat zurück, wodurch es es zu einen Regierungswechsel kam. Die konservative Nea Dimokratia von den zwischen 2012 und 2015 amtierenden Ministerpräsidenten Samaras bildete mit Papandreaus PASOK und der linksmoderaten DIMAR eine Koalition - und damit eine weitere Regierung, die ihr Volk nicht hörte, sondern lieber Schäubles Spardoktrin die Unterstützung zusagte. Schon damals an den beiden Wahlen vor drei Jahren spürte man die Empörung der Menschen, die in Folge einer unsozialen und antidemokratischen Politik ihre Arbeit verloren oder ihre Krankenversicherung nicht mehr bezahlen konnten. Die Syriza, die sich gerade erst als Partei gründete um von den möglichen 50-Sitze-Bonus profitieren zu können, wuchs zur zweitstärksten Kraft auf. Als im selben Jahr ein zweites Hilfspaket beschlossen wurde, verschlimmerte dies die humanitäre Lage erneut.

Anschließend kannte die Empörung keine Grenzen. Zur Europawahl im vergangenen Jahr forderte der jetzige Ministerpräsident Alexis Tsipras die europäischen Eliten heraus und kandidierte für die Europäische Linke als Kommisionspräsident, wodurch in Folge die Syriza zur stärksten Kraft in Griechenland wurde und die Fraktionsstärke der GUE/NGL stark anwuchs.

Aber auch in anderen Länder kam es zu innenpolitischen Veränderungen. In Spanien liegt die keine zwei Jahre alte Partei Podemos, in Irland die republikanisch-sozialisische Sinn Féin bei jeweils guten zwanzig Prozent. Aber auch in Frankreich wurde Sarkozy 2012 abgewählt - und es kam im Senat erstmals zu einer linken Mehrheit.

Das Ergebnis, welches wir heute abend nun gesehen haben, ist dadurch nicht das Ende eines Prozesses, sondern ein Mittelstück, der den Prozess, welcher das Ende der neoliberalen Doktrin als Ziel kennt, nur vorantreibt. Nun gilt es den autoritären Neoliberalismus im Keim zu ersticken, und dass auch dann, wenn das europäische Establishment um Schulz, Juncker und Merkel nach ein Grexit ruft. Die Folge, an den alle überzeugten Europäer und Demokraten hinarbeiten müssen, muss sein, dass der Sozialstaat und die Demokratie wieder eingeführt werden. Und dass ausnahmslos in ganz Europa.


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