Ihr tragt die Schuld - für Langeweile!

Wahlbeteiligung Die Union fordert wegen der niedrigen Wahlbeteiligung längere Wahlzeiten bis 20 Uhr. Schuld ist jedoch nicht die Zeit, sondern die Politik, die sie betreiben.

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Schluss mit Muttis Langeweile
Schluss mit Muttis Langeweile

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Die Unions-Generalsekretäre Peter Tauber (CDU) und Andreas Scheuer (CSU) fordern längere Öffnungszeiten der Wahllokale bis 20 Uhr, da sich dies, so ihre Meinung, stärker an der Lebensrealität vieler Menschen orientieren würde. Solche Vorschläge sind nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr sorgte die SPD-Politikerin Yasmin Fahimi mit dem Vorschlag ganze Wahlwochen sowie Wahllokale an öffentlichen Plätze einzuführen, für Aufsehen. Beide Vorschläge werden aber an der Wahlbeteiligung nur wenig ändern können.

Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagte in seiner ersten Rede als neugewählter Regierungschef, dass ihn die niedrige Wahlbeteiligung bei der vorigen Landtagswahl erschrocken hätte. Dabei regiert seine Linkspartei ohne großen Inhalt. Keine der als Oppositionspartei hoch angepriesenen Alleinstellungsmerkmale und radikaleren landespolitischen Forderungen, wie ein Stopp der Schuldenbremse oder die Abschaffung des Landesverfassungssschutzes, findet sich im Koalitionsvertrag wieder. Dabei hat der Wähler deutlich für seine Partei und nicht die der Koalitionspartner gestimmt. Wie soll der Bürger dann den Politikern wenigstens ein bisschen noch vertrauen können? Auch im Bundestag zeigt sich seit der letzten Wahl eine gewisse Müdigkeit, die sich auch durch die Mehrheitsverhältnisse (Achtzig Prozent Regierung, Zwanzig Prozent Opposition) und den damit verbundenen mangelnden Oppositionsrechten klärt. Selbst die OECD bezeichnete Deutschland diese Woche als reformmüde, währenddessen Griechenland in der vorgelegten Studie eher gut abschneidet.

Bei dieser Politikmüdigkeit, maßgeblich verursacht durch die Politik selbst, ist es kein Wunder, dass Wahlbeteiligungen von unter 50 Prozent immer mehr zum Standard werden. Die Zugehörigkeit zwischen den politischen Ereignissen und den Wahlbeteiligungen kann man dabei durchaus beweisen. Gingen 1969, 1983 und 1998 jeweils mehr als achtzig Prozent wählen und es kam nach -im Falle von 1983 vor - der Wahl zu einen Regierungswechsel, sank die Wahlbeteiligung nach der zweiten Großen Koalition 2009 um fast sieben Prozent. Dadurch sind vielleicht ganze Wahlwochen oder längere Öffnungszeiten in den Wahllokalen für den Wähler durchaus attraktiv, jedoch helfen diese nicht gegen eine niedrige Wahlbeteiligung. Es bedarf vielmehr eine Abkehr aus dem bisherigen politischen Schlafmodus.

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