Es lebe die Bürgerlichkeit!

Grüne Was unter Fischer als Verbürgerlichisierung kritisiert worden war, ist heute eine bürgerlich-grüne Normalität geworden.

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Ich war schon entsätzt, als ich hörte, dass der hessische SPD-Vorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel der rot-grün-roten Koalition nach gefühlten ewigen Sondierungen in Hessen eine Absage erteilte. Doch nachdem Tarek Al-wazir, inzwischen hessischer Wirtschafts- und Verkehrsminister mitteilte mit Volker Bouffier, den "schwarzen Sheriff" koalieren zu wollen, war es purer Abschaum gegenüber Bündnis 90/Die Grünen meinerseits. Eine breite Enttäuschung zog mir durch das Gesicht. Das hätte ich von den Grünen, die noch mit einer Wechselstimmung in den Wahlkampf zogen weder erwartet noch gedacht.

Kurz zuvor hatte Göring-Eckardt und Özdemir die Sondierungen über schwarz-grün auf Bundesebene beendet und die Große Koalition stand. Bürgerliche Politik mit grünen, weltoffeneren Ansatz? Scheint zu funktionieren, nachdem die FDP den deutschen Parlamentarismus unterlegen war und in Hessen sich solches bemerkbar machte.

Doch die Debatte um rot-rot-grüne Farbspiele, die vor einigen Wochen nach dem Geheimtreffen zwischen den Vorsitzenden von SPD und Linke wieder im Raum stand, gehört de facto im Präteritum geschrieben. Zwischen Grünen und Linken herrscht eine uneingeschränkte Uneinigkeit, sei es das Sevim Dagdelen Göring-Eckardt per Brecht Zitat als "Verbrecherin" beschimpft, sei es das Hofreiter durch das Plenum an die Linksfraktion schreit. Die nationalistische Sowboda-Partei in der Ukraine spaltet Linke und Grüne mehr, als man glauben mag.

Rot-rot-grün war gestern. Schwarz-grün und GroKos sind heute. Nach den kommenden Landtagswahlen wird sich sicherlich bereits abzeichnen können, welches Bündnis die heutigen bürgerlichen Grünen bevorzugen. Das ehemalige Herz der linken Grünen in der Fraktion Jürgen Trittin, der in diesen Tagen seinen 60. feiert, wirkt mehr wie ein interner geheimer müder Kritiker am bürgerlichen Kurs als einer, der beide wieder zusammenbringen könnte. Die Grünen müssen über ihre zukünftige parlamentarische Rolle debattieren. Und das braucht eine bessere Debatte als jetzt.

Hinweis: Der Text wurde im Juli 2014 geschrieben und nun im Oktober erst veröffentlicht. Manches ist daher nicht zeitgemäß.

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