Drogentote oder Quo vadis, Drogenpolitik?

Drogenpolitik Die Zahl der Toten im Zusammenhang mit illegalen Substanzen ist deutlich gestiegen. Es braucht endlich eine vernünftige Drogenpolitik.

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Es ging durch die Online-Medien, die Zahl der Menschen, die im Zusammenhang mit illegalen Drogen gestorben sind, stieg 2020 um 13% auf 1581 Menschen. 1581 Schicksale, die letztlich eine völlig verfehlte Drogen- und Verbotspolitik auf dem Gewissen hat.

Drogen und Räusche gehören seit je her zur Menschheit dazu. Die Hanfpflanze zum Beispiel ist bereits lange vor Christi Geburt als Heil- und Ritualpflanze verbürgt. Auch die Alkoholherstellung lässt sich bereits zirka 3000 Jahre v. Chr. in Ägypten nachweisen. Ohne tiefer zu recherchieren lässt sich feststellen, dass auch die Verwendung psychoaktiver Pilze kein neuzeitliches Phänomen ist. In uns Menschen, individuell verschieden wie unsere Biografien, ist auch das Verlangen nach Rausch angelegt. Kulturell und geografisch wurde und wird das zwar unterschiedlich ausgelebt, aber selbst heute gewöhnliche Substanzen wie Kaffee (Koffein) oder Zucker können als Drogen gelten. Von den verschiedenen bekannten und geschätzten Wirkungen von Tee, beruhigend oder belebend etwa, ganz zu schweigen.

Auch der illegale Drogenmarkt ist den normalen Marktgesetzen, dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage unterworfen, das letztlich den Preis bestimmt. Obwohl das noch immer von vielen zum Ideal erhoben wird, gab und kann es nie eine drogenfreie Gesellschaft geben. Niemand in Deutschland etwa wird ernsthaft bestreiten, dass Bier und Wein zum Beispiel hierzulande eine Normalität und historisches und kulturelles Erbe der Deutschen sind. Obwohl Zehntausende jährlich an den Folgen des Konsums sterben.
Anders freilich die neueren Drogen, die erst mit modernen Mitteln entdeckt werden wollten. Eines eint aber alle Substanzen, sie gehen nicht mehr weg. Die einzige Möglichkeit, die Einfuhr oder Herstellung von (illegalisierten) Drogen aufzuhalten, wurde zu Recht 1989 abgerissen. Und wer will heutzutage schon in einem zugemauerten Land leben.

Auch der Umstand, dass sich mit einigen illegalen Substanzen hohe Gewinne erzielen lassen, trägt durch die organisierte Kriminalität, aber auch durch eher familiäre Kleindealer etwa, zu ihrer Verbreitung bei. Der Schwarzmarkt wird dabei stetig größer, wie auch immer neue eher zufällige Rekordfunde durch den Zoll zeigen. Einzig aber das organisierte Verbrechen profitiert vom unregulierten Schwarzmarkt und ist mittlerweile so mächtig, dass es ganze Staaten wie Mexiko destabilisiert. Auch das Beispiel der Alkohol-Prohibition in den USA zeigt deutlich, wo eine Nachfrage ist, wird es immer auch ein Angebot geben, auch auf die Gefahr des Galgens hin, wenn nur die Gewinnspanne stimmt.

Derweil sorgt der Schwarzmarkt zum Beispiel für unkontrollierte Wirkstoffmengen der in schmutzigen Ecken gekauften Substanzen. Mit Opiaten(Heroin etc) kann man gut und gerne hundert Jahre alt werden, wenn die Abhängigen es immer richtig dosiert anhand der Wirkstoffmenge und ohne gefährliche Streckmittel konsumieren könnten. Auch bei der vergleichsweise harmlosen Substanz Cannabis sorgt der Schwarzmarkt neben immer potenteren Gras und Hasch mit mittlerweile lebensgefährlichen aber billigen synthetischen Cannabinoiden für ein unkalkulierbares Risiko beim Konsum. Vor einiger Zeit gab es vor allem auch im Raum Leipzig schwere Bleivergiftungen nach dem Cannabiskonsum, denn den Hintermännern und Nutznießern der Drogenverbote geht es nur um Profit. Ähnliche Problematiken teilen sämtliche illegalisierten Substanzen und deren Konsumenten. So sterben eben Menschen auch an tödlichen Streckmitteln oder unbeabsichtigten Überdosierungen. Auch die mit dem Verbot einhergehende Stigmatisierung sorgte schon dafür, dass besonders unerfahrene Jugendliche zu spät den Notruf wählten oder eine Suchtproblematik nicht offen in der Familie oder Bezugsgruppe angesprochen werden konnte.

Wenn also Drogen nicht verschwinden, müssen sie, abhängig von der jeweiligen Substanz, reguliert werden. Niemand will ernsthaft Heroin legalisieren, aber mit einer Entkriminalisierung und eventuell Abgabe durch den Staat an Schwerstabhängige zum Beispiel ließe sich viel Leid und auch Schaden von der Gesellschaft abwenden. Wenn kein Stigma den offenen Austausch hemmt, können beginnende Suchtproblematiken viel schneller behandelt und deren Verlauf früh sehr günstig beeinflusst werden. Auch ist nur so dann auch richtige Prävention möglich, statt sich in der einseitigen Verteufelung von Substanzen zu ergehen. Aufklärung über risikoarmen Konsum sowie sichere Konsumräume, abhängig natürlich wieder von der jeweiligen Substanz, könnten dazu beitragen im Endeffekt besonders Jugendliche vom Konsum harter Drogen fern zu halten beziehungsweise dessen Schaden deutlich zu minimieren. Ein Zwischenschritt dazu etwa wäre Drugchecking, was die niedrigschwellige und unabhängige Untersuchung von gekauften Substanzen auf Streckmittel und allgemein ihr Risiko meint.

Beim Thema Cannabis mindestens würde auch nichts anderes als eine Legalisierung Sinn machen, wie im einzelnen ausgestaltet muss dann ausgehandelt werden. Beispiele auf der Welt für erfolgreiche Legalisierungen und auch weniger erfolgreiche gibt es aber mittlerweile genug und es werden ständig mehr. Weder der gesundheitliche noch der gesellschaftliche Schaden des Cannabiskonsums, die zudem noch deutlich geringer sind als bei den legalen Alternativen Alkohol und Nikotin, steht hier in einem sinnvollen Verhältnis zu den Schäden, die das ohnehin nie rational zustande gekommene Verbot verursacht.

So lässt sich abschließend sagen, eine andere Drogenpolitik ist bitter nötig, um die Zahl der Drogentoten in Zukunft deutlich zu senken und weiteren Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Viel mehr muss sinnvolle Prävention, Aufklärung und Substanzkunde mit risikoarmen Konsum im Vordergrund stehen. Schon heute ist auch in Deutschland die organisierte Kriminalität mächtig, ihr den finanziellen Boden zu entziehen und gleichzeitig viele Leben zu retten sollte doch ein lohnenswertes Ziel sein, wogegen sämtliche Prohibitionsideologien verblassen.

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