Die Arctic Monkeys sind nicht mehr sie selbst

Lauschangriff Das Markenzeichen der Arctic Monkeys waren einmal ansteckende Melodien verbunden mit sozialen Botschaften, die das Leben auf den Punkt brachten. Das ist nicht mehr so

Erfolg in jungen Jahren kann Probleme mit sich bringen. Dabei muss man nicht nur an Michael Jackson denken, was in dieser Woche aber nahe liegt, weil der Proben-Mitschnitt zur Comeback-Tour This is it in die Kinos kommt. Man kann sich auch um die Arctic Monkeys sorgen, deren Debütalbum Whatever people say I am, that’s what I’m not im Jahr 2006 sprunghaft die Charts erobert hatte.

In der Geschichte der britischen Popmusik hat es noch nie einen Erstling gegeben, der sich so schnell so gut verkaufte (364.000 Exemplare in einer Woche). Und das in Zeiten von mp3, Internet und kostenlosen Downloads. Im Gegenteil: Der Erfolg der Arctic Monkeys verdankte sich gerade den Medien, die der Musikindustrie sonst das Geschäft verderben: Die Band war über MySpace berühmt geworden, woraufhin Fans händeringend auf eine richtige CD warteten, nachdem sie sich mit Downloads in schlechter Tonqualität begnügt hatten. Im gleichen Jahr gewannen die Arctic Monkeys den Mercury Prize, die prestigeträchtigste Auszeichnung für Popmusik auf der britischen Insel.

Doch seither hat die Band Probleme. Nicht dass die Arctic Monkeys den Erfolg nicht richtig verkraftet hätten, die Schwierigkeiten sind eher künstlerischer Natur. Ursprünglich geprägt von Postpunk und Hiphop, waren die sarkastischen Texte und der Gesang von Frontmann Alex Turner gleichermaßen sozialkritisch und persönlich. Das zweite Album Favourite worst Nightmare(2007) wurde zwar kein Debakel, wirkte aber extrem angespannt und bot wenige Höhepunkte; dennoch verkaufte es sich gut. Das Renommee der Arctic Monkeys war deswegen nicht angeschlagen, eher herrschte das Gefühl der gedämpften Enttäuschung. Die Arctic Monkeys waren noch jung und hatten viel Potenzial. Man wartete also auf das dritte Album, das würde bestimmt ein Meisterwerk werden.

Abstraktion

Das ist es leider nicht. Die neue Platte Humbug ist weit entfernt vom Erstling. Zwei Drittel der Titel wurden von Josh Homme von Queens of the Stone Age produziert. der die Band nach Kalifornien in die Mojave-Wüste einlud. Wie man es von einem König des Metal erwartet, hat Homme dafür gesorgt, dass die Band düster und mürrisch klingt, leider aber auch langsamer und sogar müde. Mit einem anderen Wort: unnahbar. Noch schlimmer: Die Arctic Monkeys hören sich wie alle möglichen anderen Künstler an, nur nicht wie die Arctic Monkeys.

Natürlich gibt es keine Band ohne Vorbilder, aber obwohl die Arctic Monkeys am Anfang ihrer Karriere von Gang of Four beeinflusst worden waren, wirkten sie nie wie deren Kopie. Das ist auf Humbug anders: Stellenweise hat man das Gefühl, Nick Cave, Black Sabbath, The Doors oder Jimi Hendrix zu lauschen.

Das hat vielleicht damit zu tun, dass Alex Turners Nebenprojekt Last Shadow Puppets im vergangenen Jahr wie ein Abziehbild der sechziger Jahre daherkam, sehr offensichtlich von Scott Walker beeinflusst. So scheint Turner auf den Geschmack der Nachahmung gekommen zu sein. Das Vorbild auf Humbug: „Desert Rock“, keine uninteressante Idee, wenn das Songwriting dieser Stilrichtung nur entsprechen würde. Die Texte sind, nun ja, eher abstrakt. Das Markenzeichen der Arctic Monkeys waren ansteckende Melodien verbunden mit sozialen Botschaften, die das Leben auf einen Punkt brachten. Das ist hier nicht so. Und das ist ein Problem.


Humbug Arctic Monkeys, Domino Einziges Deutschland-Konzert der Band am 8. November in Berlin

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