Bandenmäßiger Betrug

Wirecard-Skandal Es werden sich noch einige Abgründe auftun. Ein Untersuchungsausschuss soll die nun genauer untersuchen. Gut so!
Ausgabe 36/2020
Wire-Kartenhaus ist völlig in sich zusammengefallen
Wire-Kartenhaus ist völlig in sich zusammengefallen

Foto: imago images/bonn sequenz

So ist das also, wenn ein Kartenhaus zusammenbricht. So sieht es aus, wenn sich ein – inzwischen ehemaliger – DAX-Konzern als betrügerische Luftnummer herausstellt: Von Wirecard, einem Internet-Bezahldienstleister, der vor wenigen Monaten noch ausheckte, wie er die Deutsche Bank schlucken könnte, ist nichts mehr übrig als ein Haufen Schulden und die Vorfreude der Anwälte, die langen Gerichtsprozessen entgegensehen.

Wirecard hat laut Auskunft des Insolvenzverwalters Schulden in Höhe von 3,2 Milliarden Euro, denen Vermögenswerte von 428 Millionen Euro gegenüberstehen. Ex-Chef Markus Braun sitzt in Untersuchungshaft, während sein früherer Partner und nunmehr flüchtiger Komplize nahe Moskau auf einem Anwesen weilt, wo ihn der russische Auslandsgeheimdienst vor der Auslieferung beschützen soll.

Am Dienstag haben die vier Parteien der Opposition im Bundestag beschlossen, einen Untersuchungsausschuss zur Causa Wirecard einzusetzen. Das ist gut so. Fast sicher werden sich darin weitere Abgründe auftun, so wie es bis jetzt der Fall ist, je weiter die Aufarbeitung des „größten Betrugsskandals in der jüngeren deutschen Geschichte“, wie dieSZschreibt, fortschreitet. Denn es wird ja immer wilder, je mehr man über Wirecard erfährt.

Da ist die Lobbyarbeit des Ex-Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, der sich bei Angela Merkel für Wirecard einsetzt; die Kanzlerin selbst, die die Geschäfte der Firma in China flankierend unterstützte. Da sind die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young, die sich als Totalausfall erwiesen haben: dass Wirecard in Wirklichkeit Millionenverluste machte, während es in seinen Unternehmensberichten von Gewinnen schwadronierte, dass es Milliarden an Kapital schlichtweg nicht gab, sahen die mit Blindheit geschlagenen Buchprüfer nicht. Und da sind die Aufsichtsbehörden wie die BaFin, die kritische Journalisten verfolgte, anstatt aufzuklären, und unter deren öffentlichen Beschäftigten es völlig normal gewesen zu sein scheint, privat mit Wirecard-Aktien zu spekulieren.

Es wird immer wilder. Nach dem Abgasbetrug bei VW, Audi und Porsche stellt sich heraus, dass ein weiteres DAX-Unternehmen im großen Stil betrogen hat. Ungestört von Aufsicht und politischer Kontrolle.

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Geschrieben von

Pepe Egger

Ressortleiter „Wirtschaft“ und „Grünes Wissen“

Pepe Egger ist Redakteur für Wirtschaft, Grünes Wissen und Politik. Er hat in Wien, Paris, Damaskus und London studiert und sechs Jahre im Herzen des britischen Kapitalismus, der City of London, gearbeitet. Seit 2011 ist er Journalist und Reporter. Seine Reportagen, Lesestücke und Interviews sind in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften erschienen. 2017 und 2019 wurden seine Reportagen für den Henri-Nannen- bzw. Egon-Erwin-Kisch-Preis nominiert. 2017 wurde Pepe Egger mit dem 3. Platz beim Felix-Rexhausen-Preis ausgezeichnet. Seit 2017 arbeitet er als Redakteur beim Freitag.

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