Ein fair gehandeltes und möglichst ökologisches Smartphone für das gute Gewissen? Mangelware und wenn überhaupt nur mit starken Einschränkungen zu erhalten. Ab Dezember ändert sich das.
Dabei war selbst Anfang des Jahres nicht klar, ob das Fairphone überhaupt kommt. Um in die Massenproduktion zu gehen, mussten innerhalb von 30 Tagen 5.000 Bestellungen zusammen kommen. Eine Leichtigkeit, wie sich herausstellte. Die Leute investierten die 325 Euro pro Fairphone. Innerhalb weniger Tage lagen die Bestellungen bei 10.000 Stück. Dabei gab es nicht einmal einen Prototypen. Allein das Vertrauen zählte und davon gab es viel.
28 Millionen US-Dollar sind mittlerweile erreicht. Die als Baker bezeichneten Star Citizen-Fans hiefen den exklusiven PC-Weltraumtitel von einer Million zur nächsten. Was als Idee von Chris Roberts, seiner Zeit bekannt als Entwickler von Wing Commander, gestartet ist, erreichte innerhalb von wenigen Tagen die benötigte Grenze von einer Million US Dollar. Diese wurden benötigt, um das Raumschiffspiel überhaupt in Entwicklung zu geben - damals noch mit der Idee eines Publishers im Rücken.
Mittlerweile wird ohne Publisher weiter gemacht, wird doch ein Ziel nach dem anderen in kürzester Zeit erreicht. Nicht einmal drei oder vier Tage vergehen, bis die nächste Million erreicht ist und dabei gibt es bis dato gerade einmal ein begehbares Hangar zum erkunden. Der Rest beruht auf einem Versprechen.
Hotel Desiré, ein deutscher Kurzfilm aus dem Jahre 2011, sagt keiner Menschenseele etwas. Zwischen 500 Millionen teuren Blockbustern muss das auch nicht unbedingt sein. Aber auch hier sammelten die Macher des Filmes innerhalb kürzester Zeit einen guten Teil der 170.000 Euro Produktionskosten für das Projekt - via Crowdfunding. Das Produkt kann sich sehen lassen.
Drei Beispiele, in einem Meer voller Ideen und Visionen. Sie alle wollen Wirklichkeit werden und appelieren an das Vertrauen der Menschen. Hier verbinden sich zweierlei Chancen. Die Unabhängigkeit des Ideengebers und die persönliche Freiheit des Geldgebers. Jeder kann frei wählen, wo und teilweise wieviel er gibt. Bezahlt wird im Voraus und der Geldgeber hat nichts zu verlieren. Scheitert die gegebene Hürde, kommt das Geld zurück. Wird die Hürde überwunden, bekommt der Geber früher oder später sein Produkt.
Hier sehen sich ganze Branchen in Gefahr. Spieleentwickler können unabhängig vom Druck des Publishers entwickeln. Sie können eine Idee entwerfen und bereits im Vorfeld die Spieler fragen - was wollt ihr, wir machen das! Ebenso in der Film oder Smartphone-Branche. Mal mehr, mal weniger flexibel. Und der Erfolg gibt dieser Idee vollkommen Recht. Oder wie erklärt es sich, dass 25.000 Menschen 325 Euro für ein Produkt ausgeben, dass sie nie gesehen haben und das eine Firma entwickelt, dass noch nie ein Smartphone hergestellt hat - Bas van Abel, CEO, Fairphone.
Kommentare 5
Auch ich sehe viel Potenzial im Crowdfunding. Allerdings ehr als Basis/Graswurzelbewegung, als Wirtschaftslenkungsmeachanismus von unten, der sich nicht wirklich von einem politischem/finaziellen System lenken lässt... ob man das - wie bereits vorgeschlagen - wirklich gleich wieder in politische Regeln pressen sollte weiß ich nicht - da bin ich ehr skeptisch. Aber dennoch! Viel Potenzial, viele Möglichkeiten!!
Und ein weiterer, ehr menschlicher Aspekt am Crowdfunding:
Ich habe mir ein Fairphone gekauft, gleich am Anfang... und jetzt fiebere ich seit Monaten auf dieses Ding! Ich fühle mich wie in Kleinkind vor Weihnachten! Ein Gefühl, dass ich schon fast vergessen hatte! Heutzutage kann man alles, überall, sofort beziehen/kaufen... es ist eine schöne Erfahrung, sich mal wieder richtig auf etwas zu freuen!
>>…und jetzt fiebere ich seit Monaten auf dieses Ding! Ich fühle mich wie in Kleinkind vor Weihnachten!<<
Oh ja, das wirft doch gleich ein anderes Licht auf Wirtschaftssysteme mit langen Lieferfristen.
Allerdings kann ich mir die Vorfreude auf ein neues „-phone“ nicht recht vorstellen, bin dafür wahrscheinlich zu pragmatisch eingestellt und hab zu lange ohne solche Gerätschaften gelebt, ohne sie zu vermissen. Aber ich freu mich auf den ersten sonnigen Schneetag wie ein Schneekönig, und das kostet mich keinen müden €uro…
Es geht dabei weniger um lange Lieferzeiten - die beim Crowdfunding ja wohl selbstverständlich sind: Entwicklung, Produktion, Auslieferung... wer das nicht erträgt, braucht Crowdfunding auch nicht zu unterstützen. Es geht viel mehr darum, dass man das Gefühl bekommt, selbst Teil des Projektes zu sein. Man freut sich über jeden kleinen Fortschritt, bibbert bei jedem kleinen Rückschlag... und das ist eine schöne Erfahrung. Ich bin sicher, jemand der so pragmatische ist wie Sie, ließt jeden Tag die Wetterberichte, führt Messungen durch und vergleicht die Wetterdaten der letzten 20 Jahren und spendet Frau Holle Geld, um endlich zu erfahren, wie es um den heißgeliebten (Achtung! Wortspiel!) Schnee steht. Ansonsten macht der Vergleich nämlich - im Sinne des Crowdfundings - herzlich wenig Sinn.
>>Ich bin sicher, jemand der so pragmatische ist wie Sie, ließt jeden Tag die Wetterberichte, führt Messungen durch und vergleicht die Wetterdaten der letzten 20 Jahren...<<
Nein. Ich kanns abwarten... ;-)
"Wenn man lange genug wartet, wird das schönste Wetter" =)