Vertrauen ins Ungewisse

Crowdfunding Gib mir Geld. Danach schauen wir mal weiter! Crowdfunding boomt. Kurzfilm, PC-Spiel und nun ein ganzes Smartphone. Eine Geschichte zum Vertrauen

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Ein fair gehandeltes und möglichst ökologisches Smartphone für das gute Gewissen? Mangelware und wenn überhaupt nur mit starken Einschränkungen zu erhalten. Ab Dezember ändert sich das.

25,000 of 25,000 Fairphones sold! So klang vor wenigen Tagen die frohe Botschaft des gesamten Teams rund um das Fairphone aus den Niederlanden. Dabei war das Projekt lange Zeit ungewiss und nur eine Illussion. Mein Klick auf Like vor zwei Jahren, war einer von damals 350 Fans, die sich auf die Seite der Entwickler verirrten. Heute, mit rund 40.000 Fans sieht das schon anders aus.

Dabei war selbst Anfang des Jahres nicht klar, ob das Fairphone überhaupt kommt. Um in die Massenproduktion zu gehen, mussten innerhalb von 30 Tagen 5.000 Bestellungen zusammen kommen. Eine Leichtigkeit, wie sich herausstellte. Die Leute investierten die 325 Euro pro Fairphone. Innerhalb weniger Tage lagen die Bestellungen bei 10.000 Stück. Dabei gab es nicht einmal einen Prototypen. Allein das Vertrauen zählte und davon gab es viel.

28 Millionen US-Dollar sind mittlerweile erreicht. Die als Baker bezeichneten Star Citizen-Fans hiefen den exklusiven PC-Weltraumtitel von einer Million zur nächsten. Was als Idee von Chris Roberts, seiner Zeit bekannt als Entwickler von Wing Commander, gestartet ist, erreichte innerhalb von wenigen Tagen die benötigte Grenze von einer Million US Dollar. Diese wurden benötigt, um das Raumschiffspiel überhaupt in Entwicklung zu geben - damals noch mit der Idee eines Publishers im Rücken.

Mittlerweile wird ohne Publisher weiter gemacht, wird doch ein Ziel nach dem anderen in kürzester Zeit erreicht. Nicht einmal drei oder vier Tage vergehen, bis die nächste Million erreicht ist und dabei gibt es bis dato gerade einmal ein begehbares Hangar zum erkunden. Der Rest beruht auf einem Versprechen.

Hotel Desiré, ein deutscher Kurzfilm aus dem Jahre 2011, sagt keiner Menschenseele etwas. Zwischen 500 Millionen teuren Blockbustern muss das auch nicht unbedingt sein. Aber auch hier sammelten die Macher des Filmes innerhalb kürzester Zeit einen guten Teil der 170.000 Euro Produktionskosten für das Projekt - via Crowdfunding. Das Produkt kann sich sehen lassen.

Drei Beispiele, in einem Meer voller Ideen und Visionen. Sie alle wollen Wirklichkeit werden und appelieren an das Vertrauen der Menschen. Hier verbinden sich zweierlei Chancen. Die Unabhängigkeit des Ideengebers und die persönliche Freiheit des Geldgebers. Jeder kann frei wählen, wo und teilweise wieviel er gibt. Bezahlt wird im Voraus und der Geldgeber hat nichts zu verlieren. Scheitert die gegebene Hürde, kommt das Geld zurück. Wird die Hürde überwunden, bekommt der Geber früher oder später sein Produkt.

Hier sehen sich ganze Branchen in Gefahr. Spieleentwickler können unabhängig vom Druck des Publishers entwickeln. Sie können eine Idee entwerfen und bereits im Vorfeld die Spieler fragen - was wollt ihr, wir machen das! Ebenso in der Film oder Smartphone-Branche. Mal mehr, mal weniger flexibel. Und der Erfolg gibt dieser Idee vollkommen Recht. Oder wie erklärt es sich, dass 25.000 Menschen 325 Euro für ein Produkt ausgeben, dass sie nie gesehen haben und das eine Firma entwickelt, dass noch nie ein Smartphone hergestellt hat - Bas van Abel, CEO, Fairphone.
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Peter Jelinek

Europäer 🇪🇺 & Anhänger der Menschlichkeit. @Peter_Jelinek

Peter Jelinek

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