SOPA und PIPA
SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect Intellectual Property Act) sind zwei US-amerikanische Gesetzesentwürfe, die sich in weiten Teilen ähneln. Sollte einer von beiden als Gesetz verabschiedet werden, würde das die Verantwortung in Urheberrechtsfragen von den Besitzern geschützter Inhalte zu den Internetanbietern verschieben. Bisher konnten Urheber, die Raubkopien ihrer Werke im Netz entdeckten, die jeweiligen Internetseiten dazu auffordern, die illegal verbreiteten Inhalte zu löschen. Wenn das Urheberrecht aber auf Seiten verletzt wird, die im Ausland betrieben werden, dann sei die US-Staatsanwaltschaft machtlos, argumentieren die Befürworter von SOPA und PIPA. Daher sollen Anbieter und Seitenbetreiber die Copyright-Verletzungen k
rletzungen künftig im Vorfeld verhindern. Schon Links auf Seiten mit illegalen Inhalten wären dann bereits strafbar, auch wenn nicht der Betreiber selbst, sondern Nutzer diese Links einstellen. Seiten, die geschützte Inhalte illegal anbieten, soll der Domain-Name – die übliche Internetadresse – entzogen werden, sodass Nutzer die Seiten theoretisch nur noch über einen Zahlencode, die IP-Adresse, erreichen können.Um all das umzusetzen, müssten Seiten-Betreiber das Verhalten ihrer Nutzer permanent überwachen und korrigieren. Für Plattformen, auf denen die User die Inhalte generieren, könnte dies das Ende bedeuten. Prominentestes Beispiel dafür ist Youtube, wo Nutzer ihre Videos hochladen. Sozialen Netzwerken und Zahlungssystemen wie VISA oder Paypal würde das Geschäft mit solchen Seiten ebenfalls verboten. Suchmaschinen müssten sie aus ihren Ergebnislisten streichen. Außerdem befürchten Kritiker, dass Mandanten findiger Anwälte viele Seiten mundtot machen könnten, einfach indem sie einen Urheberrechtsverstoß vorschieben.Nach den Protesten der vergangenen Woche, als Wikipedia, Google und zahlreiche weitere Seiten ihre Auftritte schwärzten, scheint die Stimmung im amerikanischen Kongress jedoch zu kippen. Auch das Weiße Haus sprach sich gegen SOPA aus. Inzwischen ist der Gesetzentwurf erst einmal auf Eis gelegt. Einen Alternativentwurf haben der republikanische Kongressabgeordnete Darrell Issa und der demokratische Senator Ron Wyden vorgelegt. Er heißt OPEN, Online Protection Enforcement of Digital Trade Act, und soll Internet-Anbieter und Suchmaschinen nicht mehr zur Selbstzensur zwingen. Die Initiatoren sagen, dass sie Kritik aus der Netzgemeinde in den Gesetzentwurf haben einfließen lassen.ACTAAuch in Europa ist das Thema aktuell. Wie eine internationale Variante von SOPA liest sich das ACTA-Abkommen, das von den USA, Japan und Kanada mit der EU und sieben weiteren Ländern ausgehandelt wurde. Nun bedarf es in einigen der Vertragsstaaten noch der Ratifizierung. Sobald dies geschieht, sagen die Kritiker, stünden die Internetanbieter und Seiten-Betreiber in der alleinigen Haftung und wären zur Selbstzensur und Überwachung ihrer Nutzer gezwungen.Ein zweiter Kritikpunkt: Das Abkommen wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt. Bereits beim G8-Gipfel 2006 in Sankt Petersburg trafen sich die USA und Japan zu ersten Gesprächen. Acht Staaten, darunter Kanada, Japan und die USA, haben das Abkommen bereits im Mai 2011 unterzeichnet, Polens Premier Donald Tusk will das am Donnerstag tun – was polnische Anonymous-Hacker zu Attacken auf Regierungsseiten animinierte. In der EU segnete am 16. Dezember 2011 der europäische Agrar- und Fischereirat das Abkommen ab – ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Kurz darauf sprachen sich Abgeordnete der Grünen und der Liberalen im Rechtsausschuss des EU-Parlaments dafür aus, das Abkommen vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen zu lassen. Kritik war bereits im März 2010 laut geworden. Damals drängte das Parlament in einem fraktionsübergreifenden Antrag, die Verhandlungen der EU-Kommission offenzulegen, wozu sie laut dem Lissabon-Vertrag bei internationalen Abkommen verpflichtet ist. Außerdem sollten strafrechtliche Aspekte aus ACTA gestrichen werden. In diesem Punkt blieb das Parlament jedoch erfolglos. Da Strafrecht aber Sache der Mitgliedstaaten ist, muss der Vertrag nun von allen Mitgliedsländern ratifiziert werden. So könnte sich das Inkrafttreten hinauszögern. ACTA-Befürworter sprechen von bis zu zwei Jahren, die für ihr Anliegen verloren gehen könnten.SpanienParallel zu den ACTA-Verhandlungen nutzen die USA aber auch ihren Einfluss, um Gesetze nach SOPA-Vorbild in einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Spanien etwa hat erst kürzlich massive Eingriffe in die Freiheit des Netzes beschlossen. In weiten Teilen entsprechen die Bestimmungen jenen von SOPA und PIPA. Wie es scheint, übten die USA dafür auch Druck auf Spanien aus. Das legt zumindest ein Brief des US-Botschafters an den damals amtierenden spanischen Ministerpräsidenten Zapatero nahe, aus dem der britische Guardian unter Berufung auf eine Wikileaks-Veröffentlichung zitiert. Zwar ging das spanische Gesetz bereits Anfang vergangenen Jahres offiziell durchs Parlament, trat aber erst nach dem Regierungswechsel zum neuen konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy einen Tag vor Silvester in Kraft.BREINWas in Spanien auf Druck von außen geschieht, will die Kreativwirtschaft in den Niederlanden selbst in die Hand nehmen. Film- und Musikproduzenten haben eine Handelsorganisation namens BREIN gegründet. Die Abkürzung steht für „Bescherming Rechten Entertainment Industrie Nederland“, was so viel heißt wie „Schutz der Rechte der niederländischen Unterhaltungsindustrie“.Ähnlich wie die Verbände der Film- und Musikindustrie in den USA klagt BREIN heute schon gegen Internetseiten, die Links zu illegalen Kopien verbreiten. Zwei solcher Plattformen hat BREIN bereits erfolgreich schließen lassen. Die Organisation zwingt außerdem Internetanbieter zur Sperrung von Seiten. Auf Klage des Verbands hat ein niederländisches Gericht verfügt, dass zwei große Anbieter – XS4ALL und Ziggo – den Zugang zur Dateisammelwebseite Pirate Bay zu sperren haben. Die beiden Anbieter sind allerdings in Berufung gegangen. Erst kürzlich hat die Hackergruppe Anonymous die Internetseite von BREIN lahmgelegt.Three-Strikes In Frankreich gilt seit 2009 das sogenannte Three-Strikes-Verfahren. Internetnutzer, die drei Mal beim Herunterladen und Verbreiten von Raubkopien erwischt werden, können demnach nicht nur mit hohen Bußgeldern bestraft werden. Zusätzlich kann ihnen der Netzzugang für eine bestimmte Zeit gesperrt werden. In dem Zusammenhang wurden Internetanbieter gesetzlich dazu verpflichtet, die Anschriften der verdächtigen Nutzer an die Behörde herauszugeben.In Deutschland geht die GEMA massiv gegen Urheberrechtsverletzungen auf Youtube vor. Regelmäßig lässt sie geschützte Musikstücke auf der Videoplattform sperren. Obwohl Abgeordnete wie Siegfried Kauder (CDU) immer wieder Regeln nach französischem Vorbild fordern, gibt es hierzulande bisher kein vergleichbares Gesetz. Allerdings gehen Musik- und Filmbranche in Deutschland schon heute mit Massen-Abmahnungen gegen Raubkopierer und Tauschbörsen-Nutzer vor, die mit hohen Geldstrafen zu rechnen haben.