Bloss niemals nein sagen

Cyborg City Das Theater-Computerspiel zeigt die Realität in der schönen neuen Computer-Welt. Der Troika-Bezug ist da eher aufgesetzt

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Willkommen in der schönen neuen Computer- Roboterwelt. Die hält auch in der Kunst immer mehr Einzug. In Cyborg-City, ein von Rolf Kasteiner und Anne-Sylvie König entwickeltes Theater-Computerspiel, wird die Schlacht um Troja von Robotern gespielt. Im Rahmen des Performing Art Festivals, das vor einigen Tagen in Berlin zu Ende gegangen ist, war es mehrere Tage im Kühlhaus in Kreuzberg zu sehen. In kleinen Gruppen wurde das Publikum eingelassen und wurde in die Regeln eingewiesen, die in Cyborg-City gelten. Es wird bestimmte Handbewegungen gezeigt, mit denen die anderen Gruppen gegrüßt werden wollten, es sollte immer in einer Reihe gelaufen werden, damit alles schön übersichtich bleibt. Und natürlich sollten die Teilnehmer_innen überall Daten hinterlassen, in dem Stück in den Handflächen gespeichert sind und natürlich werden alle sofort geduzt. Trigger mich an, lautete die Aufforderung zur Datenabgabe. Das Publikum bewegte sich auf verschiedenen Level. Dafür war die Spielstätte mit ihren vielen Etagen gut geeignet. Es ging Treppauf und Treppab und wurde das Publikum zum Begrüßen oder Andriggern aufgefordert, ganz wie in der realen Welt. Im großen Raum sollen dann komplexere Aufgaben erledigt werden. Die Einführungen sind nur kurz, schließlich steht die nächste Publikumsgruppe schon vor der Tür und waretet ebenfalls auf Anweisungen. Die eben Informierten sollen dann denen, die gar nichts verstanden haben, die Dinge weiter erklären, bzw., das, was sie verstanden haben. Ist das nicht eine perfekt gespielte Szene aus der modernen Arbeitswelt.

Die Menschen sollen dann bei der Schlacht um Troja Hilfestellung geben. Aber meistens stehen sie eher ratlos in der Theaterlandschaft rum , was bei der Schnelleinführung auch nicht verwunderlich ist. Die Roboter sind zu freundlich, um ihnen zu sagen., dass sie eigentlich überflüssig sind. So werden sie immer gelobt, wie es in jeden Ratgeber für Motivationstraining steht. Nur eines dürfen die Menschen nicht, mal auf eine Frage des Roboters mit Nein antworten oder eine Antwort verweigern. Da wiederholt der freundliche Rober die Frage wiederholt und vegibt zur als Rüge statt blauer, rote Punkte. Insofern bildet Cyborg-City die neue schöne Internetwelt doch sehr gut ab.

Troja.kom gegen Cyborg-City

Dass da ein antiker Stoff aktualisiert wurde, war da eher bemüht: Alle Internetfirmen wurden zu einer einzigen: GAFA, unter einer aus CYBORG-VALLEY gesteuerten Führung. CYBORG-CITY umspannt sich über die ganze Welt. Die Cyborgianer haben das Ziel, dass nicht mehr zwischen Mensch und Maschine unterschieden werden kann. Nur ein Level von Cyborg-City setzt sich der Cyborgisierung zur Wehr: TROJA.KON. Denn die Trojakoniken haben den Unterschied zwischen Körper und Körperlosigkeit entdeckt. Sie wollen ihren Körper behalten, denn sie haben herausgefunden, dass sie diesen brauchen, um zu begehren. Die Zuschauer_innen sollen sich entweder mit Troja.kon zu verbünden oder gegen das abtrünnige Level von Cyborg-City zu kämpfen. Sie werden als Trojakoniken oder Cyborgianer auf zwei unterschiedliche Spielebenen der Spielstätte eingeteilt.

Nun gibt es eine lange Tradition, in die Antike zu flüchten, wenn man über die Gegenwart nicht reden will oder kann. Am Ende der Aufführung unterhalten sich zwei Zuschauer_innen über das Stück, fanden es irgendwo lustig aber etwas märchenhaft. Die antike Verkleidung dürfte diesen Eindruck verstärken. Dabei wird übersehen, wie gut doch die Roboter- und Computerwelt eigentlich beschrieben wurde. Für Troja.kom und Cyborg-City kann man sich gut japanische, chinesische oder amerikanische Namen denken.

Peter Nowak

Link zur Aufführung:

Cyborg-City/die-schlacht-um-troja.kon


Regie, Dramaturgie, Stückentwicklung: Kasteleiner/König, Computerspiel Consult: Inge Ling, Bühne: Kim Scharnitzky, Kostüme: Laura Burkhardt, Regieassistenz: Milen Zhelev.
Mit: Florian Bilbao, Martin Geisler, Antje Härle, Jenny Jessen, Jan-Hendrik Klein, Hans Morgeneyer, Carolin Ott, Celina Schneider, Saskia Thudium, Marius Zoschke.
Einlass in 6-er Gruppen alle 15 Minuten. Jeweils vier Gruppen für eine Vorstellung. Dauer 1 Stunde 45 Minuten für die erste Gruppe, für die anderen entsprechend kürzer.

http://www.kuehlhaus-berlin.com/de/programm/aktuelle-2018/cyborg-citydieschlachtumtroja-kon/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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