Das Ende vom Lied

Biermanndämmerung Eine heute zu Ende gehende Ausstellung in Berlin beendet endgültig den Biermann-Mythos.

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Was Stalinist_innen aller Couleur in den letzten 40 Jahren nicht gelungen ist, Wolf Biermanns Ruf irgend wie eine integrere Person zu sein, zu zerstören schafft jetzt diese Ausstellung. Biermann hat noch lange von den Ruf gezehrt, vor 1976 in der DDR ein ganz passabler Kritiker des Nominalsozialismus gewesen zu sein und doch keinen Frieden mit den Kapitalismus gemacht zu haben.

Nun erledigt eine Ausstellung, die heute im Künstlerhaus Bethanien zu Ende geht, Biermann endlich. Sie zeigt ihn als den selbstgerechten Ekel Wolf, den manche nicht sehen wollten. Dabei wurde die Ausstellung nicht etwa von Gegner_innen des Klampfers gemacht. Im Gegenteil: Kurator Christoph Tannert, ein wackerer Bürgerrechtler, hat sicher nur das beste für Biermann gewollt, als er die Ausstellung „Ende vom Lied“ zum 40 Jahrestag von dessen Ausweisung aus der DDR kuratierte.

Es sind zahlreiche Expositionen zu sehen, von denen wir nicht wissen, ob sie ironisch oder bierernst sind. Sogar die Auferstehung Biermanns wird in einem Bild zelebriert. Doch interessanter sind die Kommentare zur Biermann-Ausweisung von Promis des DDR-Kulturbetrieb, die auch in den DDR-Medien veröffentlicht wurden. Es überrascht, dass es da durchaus eine differenzierte Sichtweisen gab und nicht alle in die Hassgesänge auf Biermann einstimmten. Es gab sogar Stimmen, die ihre Hoffnung ausdrückten, dass Biermann in Westdeutschland nicht endgültig ins Lager des Klassengegners rücken wird. Dabei gab es noch Hoffnung. Noch im Herbst 1989 trug Biermann beim ersten Konzert nach der Maueröffnung in Leipzig einen Song vor, in des m vor dem Ausverkauf der DDR durch den Kapitalismus warnte. Es kann im oberen Teil der Ausstellung nachgehört werden. Er habe das Lied von einem alten proletarischen Freund erhalten, erklärte Biermann im Vorspann. Doch tatsächlich dürfte dieser Arbeiter er eine proletarische Kunstfigur sein, wie sie auch Biermanns politischer Gegenpart in der Liedermacherszene Franz Josef Degenhard immer wieder verwendete. Allein, die Botschaft des Leipziger Songs hat Zeitgeistsurfer Bierrnann schnell dementiert und damit begann endgültig sein langer Weg in den Arsch der deutschen Bourgeoisie. Den traurigen Höhepunkt kann man im unteren Teil der Ausstellung per Video besichtigen. Biermann wurde in den Deutschen Bundestag eingeladen zur Wiedervereinigungsfeier einen Song zum Besten zu geben. Dass er sich dabei noch in einen Streit mit den traurigen Sozialdemokrat_innen von der Linken einließ, geschenkt. Doch dass er im Parlament, dem Ort an dem die Gesetze beschlossen werden, die deutsches Militär wieder Kriege führen lässt und Erwerbslose und Migrant_innen entrechtet, das Lied „Drum lass Dich nicht verhärten“ vortrug, zeugt von einem Grad an Verkommenheit, die nicht mehr weiter kommentiert werden muss. Nicht an die Geflüchteten, die Erwerbslosen, die vom rechten Mob Verfolgten richtet Biermann seinen Song, sondern an diejenigen, die die deutsche Misere zu verantworten haben. Das ist tatsächlich das Ende vom Lied für Wolf Biermann. Nach dieser Ausstellung ist kaum noch ein weiterer Abstieg denkbar. Oder doch? Vielleicht tritt er ja demnächst bei der AfD auf.

Peter Nowak

Die Ausstellung ist heute noch bis 19 Uhr im Künstlerhaus Bethanien, Kottbusser Damm 10 zu sehen.

http://www.bethanien.de/exhibitions/ende-vom-lied/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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