Ein Gedenkort für Maria

Maria das war Mord So lautete die Parole einer Kundgebung, ein Jahr nach den tödlichen Schüssen auf eine Frau in Berlin-Friedrichshain. Ein öffentliches Gedenkort ist nicht erwünscht.

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„In diesem Haus wurde am Maria am 25.1.2020 in ihrer Wohnung in ihren Zimmer von 4 Polizisten erschossen. Der Mord an Maria macht wütend + traurig. Maria rest in Power“. Eine kleine Tafel mit dieser Inschrift ist am 25. Januar 2021, dem ersten Todestag von Maria, vor dem Haus der Grünbergerstraße 46 in Berlin-Friedrichshain in den Boden eingelassen worden. Rund um die Tafel hatten solidarische Menschen Blumen und mehrere Dutzend Kerzen niedergelegt. Ca. 150 Menschen hatten zum ersten Todestag für Maria in einer wütenden Manifestation deutlich gemacht, dass sie sich nicht daran gewöhnen wollen, dass ein Mensch in einer psychischen Ausnahmesituation mit einer Polizeikugel im wahrsten Sinne ruhig gestellt wurde. Was war geschehen: Am 25. Januar letzten Jahres war ein Streit mit einem Mitbewohner eskaliert, der daraufhin die Polizei verständigte. Als sie in der Wohnung eintraf, hatte sich Maria in ihrem Zimmer eingeschlossen. Als die Beamten die Tür aufbrechen wollen, habe sie ein Messer in der Hand gehalten und nicht auf die Anweisungen der Polizisten reagiert, hieß es in einer Stellungnahme der Polizei zu dem tödlichen Schuss eines Beamten. Die Ermittlungen gegen ihn wurden schon nach wenigen Wochen eingestellt. Das löste bei den KundgebungsteilnehmerInnen Unverständnis aus. „Maria hatte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und war hocherregt. Wieso versucht dann schwerbewaffnete Polizei die Tür aufzubrechen?“ Diese Frage einer Rednerin bekam viel Applaus. Es wurde auch gefragt, warum in solchen Fällen nicht Einrichtungen wie der sozialpsyichiatrische Dienst gerufen werden, die mit den Betroffenen reden, statt bewaffnet Türen aufzubrechen.

Kampf um den Gedenkort ist Klassenkampf

Schon nach wenigen Tagen wurde die Gedenktafel, die von den Aktivist*innen in den Boden eingelassen worden war, auf Veranlassung der Hausverwaltung wieder entfern.. Dagegen protestiert die Gedenkinitiative und erklärte: „Die Errichtung von Gedenkorten im öffentlichen Raum mit Blumen und Kerzen, mit Gedenksteinen und -tafeln ist eine ganz normale Praxis. Im Fall von Maria wird sie verboten und sanktioniert. Das lassen wir uns nicht gefallen!“Die Initiative macht hier deutlich, dass selbst im Tod noch der Unterschied gemacht wird. Es gibt Gedenkzeichen für Opfer von Autounfällen, für Menschen, die eines unnatürlichen Todes der verschiedenen Art sterben. Aber Maria wird bisher ein solcher Gedenkort verweigert. Die Initiative benennt auch die Gründe dafür, warum dss Gedenken an die Frau nicht erwünscht ist.

Maria öffentlich zu Gedenken bedeutet auch, zu thematisieren und auszuhalten, dass wir alle in einer Gesellschaft leben, die manche Leben schützt und andere nicht. Sich an Maria zu erinnern bedeutet, gegendiese Einteilung in wichtiges und unwichtiges Leben zu rebellieren.“ Es handelt sich dabei auch um eine Klassenfrage. Einkommensarme Menschen werden nicht nur im Leben sondern auch im Tod ihre Rechte verweigert. Der Kampf um den Gedenkort ist auch ein klares Zeichen, sich dieser Ausgrenzungslogik zu widersetzen.

Peter Nowak

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Peter Nowak

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