Eine afrikanische Position zur Flucht

La Pirouge Demnächst wird in Berlin ein Film zu sehen sein, der die Tragödie auf einem Flüchtingsschiff aus einer afrikanischen Perspektive darstellt

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Eine afrikanische Position zur Flucht

Bild: Trailer

„Bring mir ein T-Shirt von einem britischen Fußballklub mit“, bittet der kleine Junge im Senegal seinen Vater, der sich wie viele Menschen in Afrika zur Flucht nach Europa auf der Suche einem besseren Leben entschlossen hat. Einige Wochen später wird er wieder in Dakar sein. Dazwischen liegen Tage des Hoffens und des Schreckens, die in dem preisgekrönten Film „Die Piroge“ des senegalesischen Autors Moussa Touré auf faszinierende Weise dargestellt werden.

Zunächst ist die Stimmung auf dem kleinen Boot noch gelöst und die Menschen sind voller Hoffnung auf ein neues Leben in Europa. Ein junger Mann träumt von einer Karriere als Fußballspieler, ein anderer will als Musiker irgendwo in Europa sein Glück versuchen. Andere haben bescheidenere Ziele. Sie wollen auf den andalusischen Feldern arbeiten und ihren Familien und Angehörigen in der Heimat das Geld zum Leben schicken.

Auch die kleinen und größeren Streitereien zwischen den Passagieren an Bord werden gezeigt. So stören die ständigen Gebete einen anderen beim Schlafen. Das Huhn eines älteren Mannes sorgt ebenfalls für Zank. Als eine blinde Passagerin an Bord entdeckt wurde, die die Transfergebühren nicht bezahlt hatte, droht die Stimmung zu kippen. Doch die Wut des Kapitäns legt sich, als er die Kochkünste der Frau schätzten lernte. Die hoffnungsvolle Stimmung an Bord hält nicht lange an. Ein schwerer Sturm zieht auf und die hohen Wellen machen das Boot manövrierunfähig. Nachdem Ende der Schreckensnacht, war ein Drittel der Passagiere über Bord gespielt worden. Unter den Toten war auch der einarmige Mann, der sich am Beginn der Reise geweigert hatte, mit den anderen Passagieren zusammen seine Dokumente auf der Überfahrt zu vernichten, um eine Identifikation zu erschweren. Er wollte wenigstens noch die Hoffnung behalten, im Todesfall in der Heimat beerdigt zu werden. Dieser letzte Wunsch sollte nicht in Erfüllung gehen. Die Männer, die den Sturm überlebt haben, sterben einen langsamen, qualvollen Tod Die meisten verdursten auf dem manövrierunfähigen Boot mitten im salzigen Ozean. Ihr Sterben wird im Film in langen Einstellungen gezeigt. Als eine spanische Küstenwache die Piroge entdeckt, sind nur noch wenige Männer am Leben. Nach dem sie sich einige Tage von dem Horror erholen konnten, wurden sie umgehend mit dem Flugzeug in ihre Heimat abgeschoben. Vorher haben sie noch ein kleines Taschengeld bekommen. Damit konnte der Vater seinem Sohn doch noch seine Bitte nach einem Fußball-T-Shirt erfüllen. Allerdings kaufte er es nicht in Europa sondern am Flughafen der senegalesischen Hauptstadt Dakar.

Die Geschichte, die Moussa Touré erzählt, ist beides: schmerzhaft individuell – über die einzelnen Männer auf dem Boot – und gleichzeitig unermesslich, da die Erfahrung, die sie schildert, von Millionen von Menschen auf der Welt geteilt wird“, schrieb ein Kommentator von The New York Times, als der Film in den USA gezeigt wurde.

Am Sonntag hat er der Film in Berlin um 17 Uhr im Kino in den Hackeschen Häfen Premiere.

Peter Nowak

Die Piroge (La Pirouge), Frankreich/Senegal 2012; Regie: Moussa Touré; Darsteller: Éric Névé, Oumar Sy, Adrien Maigne; 87 Minuten; FSK 12


Sonntag, 2. Juni 2013, 17:00 Uhr (Preview in Anwesenheit des Regisseurs)
Montag, 3. Juni 2013, 20:00 Uhr (Preview)

Hackesche Höfe Kino
Rosenthalerstr. 40/41
10178 Berlin

Weitere Infos:

http://www.africavenir.org/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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