Großer Abwasch im Subunternehmen – eine Filmkritik

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Kämpfen- wie in Frankreich, lautet eine viel strapazierte Parole, wenn es um Streiks und Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit geht. Nicht immer ist die Forderung berechtigt. Doch der Film „Großer Aufwasch im Subunternehmen“ , der am Montag und Mittwoch im Berliner Lichtblickkino Deutschlandpremiere hat, zeigt einen Arbeitskampf, von dem Kolleg_Innen hierzulande viel lernen können.Er dokumentiert den jahrelangen Kampfvon Reinigungsfrauen, meist afrikanischer Herkunft, die in Hotel des Accor-Konzern in Frankreich für die Senkung des Arbeitsakkords und die Bezahlung nach Arbeitsstunden und nicht nachgeputzten Hotelzimmern, kämpfen. Der Film macht deutlich, dassdie Frauen so gestreikt haben, wie es in Deutschland nicht denkbar wäre. Sie haben die Hotelfoyers besetzt und sich dort zum Picknick niedergelassen. Unter denAugen der empörten Hotelleiter und mancher nicht minder empörter Hotelgäste, die beim Essen nicht von den Belangen des Reinigungspersonals gestört werden wollten, das ihnen die Zimmer sauber zu halten hat, machten die Frauen deutlich, dass sie sich nicht wegschieben und auch nicht den Mund verbieten lassen werden.

In einem Hotel haben sie es nicht beim Picknicken belassen. Gemeinsam mit dem Unterstützungskomitee haben sie dortsoviel Unordnung hinterlassen, dass es für einige Stunden geschlossen werdenmusste. Der Film zeigt, mit welcherGelassenheit diese Menschen Aktionen des zivilen Ungehorsams praktizieren, sich dabei völlig offen äußern und fotografieren lassen. Angst haben die Frauen sicher oft gehabt, aber die wurde überwunden durch den Zusammenhalt, durch en Kampf für die Verbesserung der eigenen Situation. Auch der Druck von Ehemännern und afrikanischen Verwandten konnte die Kampfbereitschaft nicht dämpfen. Eine Frau erzählt, wie sie während des Streiks von den Eltern ihres Mannes unter Druck gesetzt wurde, den Streik abzubrechen, weil sie doch zum Arbeiten nach Frankreich gekommen sei.

In der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung wird oft berichtet, dass die Frauen von den Konzernvertretern bei Streiks bearbeitet wurden, mit Verweis auf die schlechte wirtschaftliche Situation die Männer zum Abbruch des Arbeitskampfes zu bewegen. „Großer Aufwasch im Subunternehmen“ zeigt endlich einmal eines von vielen Beispielen, wo die Männer den Druck auf die streikenden Frauen ausüben.

Kampf gegen die Entlassung von Mayant Faty

Nachdem die Frauen dem Accor-Konzern und seinen Subunternehmen endlich einen akzeptablen Vertrag abgerungen haben, wird Mayant Faty, eine der Streikaktivistinnen der ersten Stunde, entlassen. Gemeinsam mit einem Solidaritätskomitee nimmt sie den Kampf dagegen auf und lässt sich auch von Polizei und Hotelleitung nicht einschüchtern. Dabei hat sie nicht die Unterstützung aller Frauen, die jahrelang mit ihr gestreikt haben. Der Film dokumentiert mit welcher EntschlossenheitMayant Faty für ihre Sache streitet und schließlich einen Teilerfolg hat. Sie kann nicht zurück ins Hotel, bekommt aber eine stattliche Abfindung. Bei der anschließenden Auswertung will Mayant Faty erst einmal ausruhen. Dass hat sie auch verdient. Denn sie hat in den ganzen Jahren, wo sie von der FilmemacherinIvora Cusack und dem Kollektiv 360° begleitet wird, nicht nur ihre Interessen gekämpft. Sie hat auch anderen Mut gemacht, sich für ihre Interessen einzusetzen und nicht sofort klein beizugeben.

Damit ist Mayant Faty eine Vorläuferin der Berliner Kassiererin Emmely, die gegen ihre Entlassung gemeinsam mit einem Solidaritätskomitee gekämpft und gesiegt hat. Die Mayants und Emmelys dieser Welt geben in einer Welt, in der scheinbar die Sache der Ausgebeuteten keinen Ort mehr hat, ein Beispiel, wie gekämpft und gesiegt werden kann.

Und Deutschland?

Es ist zu hoffen, dass auch die Parallele zu Emmely zur Sprache kommt, wenn in Berlin nach Ende der Vorführung mit der Filmemacherin diskutiert wird. Noch eine andere Frage sollte dringend diskutiert werden:„Wie kann auch in Deutschland der Kampf der Beschäftigten aus Afrika, Asien, Amerika besser unterstützt werden? Mit der Einrichtung von Beratungsstellen bei den Verwaltungen der Dienstleistungsgewerkschaft verdi in Hamburg, Berlin sind erste positive Ansätze zu verzeichnen. Bei der Abschlusskundgebunggewerkschaftlichen 1.Mai-Kundgebung 2009in Berlin gab die Rede der Leiterin der dortigen Beratungsstelle und die Resonanz von 50 kämpferischen Frauen der verschiedenen Kontinente ein Beispiel, wie eine Gewerkschaftspolitik, die ihren Namen verdient, aussehen kann.

Peter Nowak

Großer Aufwasch im Subunternehmen

Montag, 24. Januar 2011 um 19h

Kino Lichtblick,Kastanienallee 77, Berlin – Prenzlauer Berg

Mittwoch, 26. Januar 2011 um 19h

Kino Lichtblick, Kastanienallee 77, Berlin – Prenzlauer Berg

Im Anschluss an die Vorführung stellt sich die Filmemacherin der Diskussion.

Die DVD kann bestellt werden unter:

remue-menage.360etmemeplus.org/die-dvd/bestellung/

Homepage zum Film: remue-menage.360etmemeplus.org/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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