Habt ihr die Bilder vom Maidan 2014 gesehen?

Im Zweifel für den Zweifel So lautete  der Titel eines lesenswerten Artikels von Elsa Köster im Freitag, in dem sie die Argumente beider Seiten im Ukrainekonflikt kritisch hinterfragt. Dazu hätte ich eine Frage.

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Was meint Elsa Köster mit dieser Frage gerichtet an die Gegner*innen der Aufrüstung der Ukraine?

Habt ihr die Bilder vom Maidan 2014 gesehen?Ist es für euch Frieden, wenn demonstrierende Ukrainerinnen fortan dieser brachialen Gewalt ausgeliefert sind.

Elsa Köster, Freitag





Die Proud Boys der Ukraine heißen Asow

Dabei müsste doch der Maidan gerade kein Argument für Waffen an die Ukraine sein. Schließlich ist bis heute nicht geklärt, wer für die Toten dort verantwortlich ist. Klar ist aber auf jeden Fall, dass am Maidan 2014 ein rechtsoffener Umsturz einer nach bürgerlich-demokratischen Wahlen an die Macht gekommenen Regierung stattfand und Politiker*innen aus Deutschland und den USA applaudierten. Man könnte sagen, in der Ukraine war am Maidan erfolgreich, was 2021 mit dem Sturm auf das Kapitol in Washington und Anfang Januar 2023 in Brasilien gescheitert ist, der rechtsoffene Umsturz einer mit bürgerlich-demokratischen Wahlen an die Macht gekommenen bürgerlichen Regierung. Was in den USA die Proud-Boys waren, ist in der Ukraine die Asow-Bewegung. Müssten da nicht die Ereignisse 2014 am Kiewer Maidan nicht eigentlich ein Argument gegen die Unterstützung der Regierung in Kiew sein?

Opposition ausgebürgert?

Und liefert die Selenski-Regierung nicht mit der permanenten Unterdrückung der Opposition im Land viele Gründe dafür, keine Waffen dorthin zu liefern? Wer hat schon mitbekommen, dass vor wenigen Tagen die ukrainische Regierung 4 führende Oppositionelle ausgebürgert hat. Sie verloren ihre Pässe und mussten das Land verlassen. Betroffen von der Ausbürgerung, die ihren Pass abgeben und die Ukraine verlassen mussten, sind Wiktor Medwedschuk, sein Geschäftspartner Taras Kosak, der ehemalige stellvertretende Generalstaatsanwalt Renat Kuzmin sowie der Geschäftsmann Andrei Derkatsch.

Letzterer war fraktionslos, die drei anderen gehören der "Oppositionelle Plattform – für das Leben" an, die in deutschen Medien meistens mit dem Adjektiv "prorussisch" versehen wird. Besser wäre wohl, sie als neutralistisch zu beschreiben.

Sie tritt für eine Ukraine ein, die eine Brückenfunktion zwischen der EU und der russischen Welt hat, ohne sich an eine Seite anzubinden. Das war die Politik der Ukraine bis zum Maidan-Umsturz 2014 und damit ist die Ukraine so schlecht nicht gefahren.

Übrigens handelt es sich bei der "Oppositionellen Plattform – für das Leben" um eine politische Formation, die der gegenwärtigen Regierung bei bürgerlichen Wahlen hätte gefährlich werden können. Wäre diese Ausbürgerung der Opposition nicht ein Grund, die Beziehungen zu der ukrainischen Regierung zu überprüfen und auf keinen Fall dorthin noch Waffen zu liefern?

Statt geopolitische Überlegungen über die Verhältnisse in der Ukraine reden

Es gab berichtige Kritik unter Anderem von dem LINKEN-Vorstandsmitglied Jan Ehling in der Zeitschrift analyse und kritik. Er monierte mit Recht, dass manche sich nur in geopolitischen Überlegungen im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ergehen. Die reale Situation in der Ukrane werde vergessen. Paul Simon schreibt in der Jungle World „vom schrecklichen Dilemma der ukrainischen Gesellschaft“. Doch besteht das Dilemma wirklich nur in Putins Annexionsgelüsten. Lag das Dilemma nicht schon in den rechtsoffenen Umsturz von 2014, wo eine Regierung gestützt wurde, die im Konflikt zwischen EU und der russische Welt neutral blieb? Ja, Elsa Köster hat Recht mit der Frage: Habt ihr die Bilder vom Maidan 2014 gesehen? Aber sie sollte sich auch an diejenigen richten, die die Ukraine mit immer mehr und immer gefährlichen Waffen aufrüsten wollen?

Peter Nowak

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