Jetzt streiken auch die Kund_innen

Amazonarbeitskampf In der Vorweihnachtszeit boomt das Geschaft des Versandkonzerns Amazon. Gute Zeit für Arbeitskampfaktionen aber auch für Solidarität der Kund_innen.

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„Verdi will Amazon das Weihnachtsgeschäft verderben“, titelte das Handelsblatt am 30. November, nachdem erneut Beschäftige an mehreren Standorten des Versandhandels in den Ausstand getreten sind. Das Amazon-Management beteuerte, dass die Kunden weiterhin pünktlich beliefert werden. Dass lassen sich die Amazon-Bosse einiges kosten. Mit attraktiven Prämien sollen die Beschäftigten vom Streik während des Weihnachtsgeschäfts abgehalten werden. Damit wird auch wieder einmal deutlich, dass die Abwehr der Forderungen der Beschäftigten keine finanziellen und ökonomischen Hintergründe hat. Es ist schlicht der Herr im Haus-Standpunkt eines Konzern, der Gewerkschaften raushalten will.

Vier Schritte zur Kund_innensolidarität

Doch jetzt könnten solidarische Kund_innen eine neue Front im Arbeitskampf eröffnen. Auf einem bundesweiten Seminar der Amazon-Streiksolidarität im osthessischen Bad Hersfeld wurde ein Aufruf zum Konsument_innenstreik verabschiedet. In einen Flugblatt werden vier Schritte aufgelistet, die dabei beachtet werden müssen. Zunächst muss bei Amazon eine Ware für mindestens 40 Euro bestellt werden. Anschließend sollen die kritischen Kund_innen von der großzügigen Umtauschregelung Gebrauch machen, die für diese Einkäufe gelten. Sie können innerhalb von 2 Wochen nach Empfang auf Firmenkosten zurück geschickt werden. Auf das Retourpaket sollen Grußbotschaften oder Aufkleber angebracht werden, die sich mit den Beschäftigten solidarisch erklären und die Forderungen nach einem Tarifvertrag unterstützen. Das Streiksolibündnis ruft dazu auf, Fotos von der Soliaktion zu senden, die dann auf Facebook veröffentlicht werden sollen. Die Initiative geht von dem Leipziger Solidaritätskreis aus, das seit mehr 3 Jahren den Arbeitskampf unterstützt und mehrheitlich aus Studierenden besteht. „Beim Amazon-Arbeitskampf geht es um mehr als einen innerbetrieblichen Arbeitskampf. Es handelt sich um eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten und leben wollen“, begründet ein Mitglied die kontinuierliche Solidaritätsarbeit. Dabei hat sich in den letzten Jahren ein enger Kontakt zwischen aktiven Kolleg_innen und dem Solikreis herausgebildet Diese Kooperation hat auch bei der Formulierung des Solidaritätsaufrufs geholfen. So betonen die Initiator_innen, dass es sich bei der Soliaktion nicht um einen Boykottaufruf gegen Amazon handelt. „Beschäftigte haben uns gesagt, wenn das Wort Boykott auftaucht, würden sich viele Beschäftigte persönlich angegriffen fühlen. Damit könnte das Amazon-Management einen Teil der Belegschaft gegen die Streikenden aufhetzen, “ begründete ein Mitglied des Leipziger Solikreis diese Klarstellung.

Kurze Geschichte der Kund_innensolidarität

Eine kritische Konsumentenaktion hingegen könnte ein Signal sein, dass die Forderungen nach einem Tarifvertrag gesellschaftliche Unterstützung findet. Bereits bei den beiden letzen Arbeitskämpfen im Einzelhandel haben sich kritische Kund_innen mit den Streikenden solidarisiert. Dabei wurde im Juni 2008 im Rahmen der Aktion Dichtmachen https://dichtmachen.wordpress.com/werwirsind/dokumentationreichelt/ für mehrere Stunden ein Discounter in Berlin blockiert. Auch während des Streiks bei dem Haushaltsgeräteherstellers Elextrolux in Nürnberg in den den Jahren 2005 - 2007 haben solidarische Kund_innen dazu aufgerufen, die Produkte des Unternehmens nicht zu kaufen, bis die Forderungen der Beschäftigten erfüllt sind. Ein solcher Schritt ist auch ein guter Beitrag gegen eine Politik der Sozialpartnerschaft, die es mit sich bringt, dass Beschäftigte teilweise noch für die Produkte, die sie produzieren müssen, werben, damit angeblich der Betrieb erhalten bleibt. Dabei zegit sich immer wieder, dass die Beschäftigten schon verloren haben, wenn sie sich die Position der Kapitalseite zu eigen machen. Insofern ist die Kund_innensolidaritätsaktion auch ein Beitrag für eine kämpferischen Betriebspolitik. Als 2012 die schlechten Arbeitsbedingungen beim Internetschuhversand Zalando bekannt wurden, schnellten dort ebenfalls die Retoursendungen in die Höhe. In manchen Paketen lagen Grüße an die Beschäftigten. Zalando ist direkter Nachbar des Amazon-Lagers im brandenburgischen Brieslang. Seit einiger Zeit versucht die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in beiden Unternehmen Mitglieder zu gewinnen.

Peter Nowak

Webseite der Soliinitiative, wo auch die Schritte zur Kund_innensolidarität genau erläutert sind:

http://streiksoli.blogsport.de/

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Geschrieben von

Peter Nowak

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