Viel wird anlässlich des Pariser Klimagipfels in diesem Tagen über die Umwelt und den Klimawandel geredet. „Was aber zumeist ausblieb, ist eine explizite Auseinandersetzung mit dem Konnex Kapitallogiken, Kapitalstrategien, Wachstum und Naturzerstörung“ schreibt der Politologe Athanasios Karathanassis im Vorwort seines kürzlich im VSA-Verlag erschienen Buch „Kapitalistische Naturverhältnisse“.
Leider erwähnt er die wenigen Ausnahmen nicht. Dabei sorgte die kanadische Globalisierungskritikerin Naomi Klein mit ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch „Die Entscheidung Kapitalismus versus Klima“ für heftige Diskussionen in der Umweltbewegung. Auch Klein kam wieKarathanassis zu dem Schluss, dass es mit und im Kapitalismus keine Lösung der Klimakrise geben kann
Wir haben keine Zeit mehr für eine Debatte über die Gesellschaftsveränderung, antworten viele Umweltgruppe. Damit begründen sie, warum man nun die Umweltprobleme mit den kapitalistischen Instrumenten und den Großkonzernen bewältigen wollen. Karathanassis hat eine Streitschrift veröffentlicht, die die Ursachen der Naturzerstörungen in der kapitalistischen Produktionsweise verortet. Er zeigt auch auf, wie illusionär es ist, die Umwelt mit den kapitalistischen Strukturen retten zu wollen. Karathanassis betont bereits im Vorwort, dass in den letzten Jahren das Bewusstsein über die Naturzerstörung weltweit gewachsen ist und verweist auf die Vielzahl der Publikationen und Veröffentlichungen zum Thema.
Im ersten Kapitel widmet sich der Autor den Naturverhältnissen, analysiert Ökosysteme und gibt einen Einblick in das Entropiegesetz. Damit wird die Transformation von verfügbarer in nicht nutzbare Energie bezeichnet. So entsteht bei der Verbrennung von Kohle und Gas Rauch, der nicht mehr in den Ausgangsstoff zurück verwandelt, also nicht mehr in den Naturkreislauf eingespeist werden kann. Karathanassis zeigt dann auch, wie im Laufe der menschlichen Entwicklung diese Entropie immer mehr angewachsen ist. Schon durch die Sesshaftwerdung der Menschen stieg der Energieverbrauch und auch die Entropie stark an. Doch erst die industrielle Revolution schuf Grundlagen für eine massive Ausbreitung der Entropie. Nicht nur das absolute Ausmaß der Energienutzung, auch der Energiedurchlauf je Arbeitszeiteinheit wuchs enorm an.
In einem eigenen Kapitel zeigt Karathanassis die extensive Ressourcen- und Stoffnutzung am Beispiel von Öl, Kohle Gas, aber auch der Überfischung der Meere auf. Eher weist an vielen Einzelbeispielen gut nach ,dass es der Drang nach Profit ist, der den Raubbau an der Natur vorantreibt. „Der sich verwertende Wert und die Verknüpfung der Wertsteigerung mit der Steigerung der Stoffnutzung sind kapitalistische Wesenselemente, die der Natur bzw. ökologischen Prozessen widersprechen. Hierdurch werden sie zu Ursachen von Raubbau und Naturzerstörung“, schreibt Karathanassis. Dabei endet sein Buch nicht fatalistisch. „Es gibt Alternativen zur kapitalistischen Form der Ökonomie“, schreibt er im letzten Kapitel. Wer jetzt ein komplexes Programm erwartet, wird allerdings enttäuscht sein. Die Alternativen müssen von Basisinitiativen ausprobiert werden, betont er. Karathanassis begründet prägnant, warum man über den Kapitalismus nicht schweigen kann, wenn es um die Umwelt geht.
Peter Nowak
Kapitalistische Naturverhältnisse, Ursachen von Naturzerstörungen
Begründungen einer Postwachstumsökonomie Athanasios Karathanassis, VSA-Verlag, Hamburg 2015, 240 Seiten | 22.80 Euro, ISBN 978-3-89965-623-7
Kommentare 6
Jede Verweigerung den Kampf gegen den Kapitalismus zu führen beschleunigt die ökologische Vernichtung der Welt.
Hm, das habe ich schon mal gehört, als ich vor 30 Jahren die SED-Kreisparteischule besuchen durfte bzw. musste ...
Das macht es aber nicht falsch, nur um das klarzustellen
Zu warnen ist bloß vor dieser völlig vereinfachten Sicht, die auch das illustrierende Bild wiedergibt. Auch ohne Kapitalismus gab und gibt es Klimawandel und -veränderungen. Die Natur fragt nicht, wie der Mensch seine Gesellschaftsform gestaltet ... Entscheidender ist, dass im Kapitalismus der Raubbau an der Natur gewissermaßen dem Grundprinzip des heiligen Profits folgt und dass dazu mehr als der Einfluss der Produktionsweise auf das Klima gehört. Der Raubbau am Boden zum Beispiel hat schon heute krassere Folgen von gewissermaßen normalen oder natürlichen Klima- und Wettererscheinungen als zuvor, siehe zum Beispiel die Hochwasserfolgen durch begradigte Flussläufe auch hierzulande oder die Abholzung und Zerstörung der Flora in einem Flussdelta wie z.B. in Bangladesh usw. usf. Das erscheint mir zu sehr unterbelichtet in der großen Klimawandel-Debatte, die manchmal daher kommt, als müsse nur der Klimawandel gestoppt werden, dann werde schon alles gut. Das dürfte in Irrtum sein.
unterbelichtet in der großen Klimawandel-Debatte, die manchmal daher kommt, als müsse nur der Klimawandel gestoppt werden, dann werde schon alles gut. Das dürfte in Irrtum sein.
darum hab ich zum thema ja schon mal geschrieben, dass die wahl auf den ausschnitt der zerstörung der intakten natur fällt, in dem die allermeisten menschen sich am wenigsten auskennen. klar auch, warum. im naheliegenden bereich vor der eigenen haustür ist zu klar, wer verantwortlich ist.
umweltaktivisten hätten genausogut die vermüllung, vergiftung und überfischung der meere z.b. zum großen thema für alle welt machen können usw. bzw. für einen gipfel aus einer ganzen kordillere von umweltgipfeln...
@Reinhold Schramm,
ja, und das ist auch schon eine ganze Weile bekannt. Das Grundproblem der nicht geschlossenen Stoffkreisläufe war schon zu erkennen, als die kapitalistische Produktion noch auf viel kleinerem Niveau ablief, als sie - von heute rückblickend betrachtet - gerade erst so richtig loslegte. Daher beschließt Marx seinen Abschnitt "Große Industrie und Agrikultur" im 13. Kapitel des "Kapital" mit dem Satz: "Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen allen Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter."
Hinweis auf Diskussionsveranstaltung mit Athanasios Karathanassis
Donnerstag, 25. Februar 2016, 19:00 bis 21:00 Uhr in BerlinKapitalismus ohne Wachstum?
Oder: Warum kapitalistisches Wachstum und (Natur)zerstörungen untrennbar sind
Veranstaltungsort: Helle Panke Kopenhagener Str. 9 10437 Berlin
http://www.helle-panke.de/topic/3.html?id=1955
Hinweis auf Diskussionsveranstaltung mit Athanasios Karathanassis
Donnerstag, 25. Februar 2016, 19:00 bis 21:00 Uhr in BerlinKapitalismus ohne Wachstum?
Oder: Warum kapitalistisches Wachstum und (Natur)zerstörungen untrennbar sind
Veranstaltungsort: Helle Panke Kopenhagener Str. 9 10437 Berlin
http://www.helle-panke.de/topic/3.html?id=1955